Computerviren:"Nur noch primitive Schadprogramme"

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Hackern und Crackern fehlt die Inspiration: Ihnen fallen keine zündenden Ideen mehr für Computerviren ein.

Helmut Martin-Jung

Zu behaupten, den Programmierern von Computerviren falle nichts mehr ein, das müsste für einen Hersteller von Antiviren-Software eigentlich geschäftsschädigend sein. Wenn Alexander Gostev, leitender Virenanalytiker bei der russischen Firma Kaspersky Labs, es trotzdem tut, hat das seinen guten Grund. Die Internetkriminellen, so seine These, haben so viel Kreativität gar nicht nötig.

Vor Jahren unterwegs: der Computervirus "Walker". (Foto: Foto: Daniel Koelsche)

"Die Virenautoren sind einzig und allein damit beschäftigt, schmutziges Geld zu verdienen", schreibt Gostev in einer Analyse der aktuellen Bedrohungslage. Da sie unfähig seien, mit neuen Ideen aufzuwarten, versuchten sie, aus den alten Techniken so viel herauszupressen wie möglich.

Große Spamwellen

Wie um ihn zu bestätigen, meldet eine Konkurrenzfirma, die britische Sophos, man habe kürzlich eine der größten je registrierten Spamwellen beobachtet, die die Kurse von Aktien beeinflussen sollte.

Auch diese Idee ist nichts Neues. Schon seit längerem versuchen Internetkriminelle, den Kurs sogenannter Pennystocks in die Höhe zu treiben, Aktien, die für ein paar Cent gehandelt werden. Sie treten dazu eine Flut von Spammails los, die vor allem private Anleger ansprechen sollen.

Nicht die aber machen das Geschäft, sondern die Gauner, die sich vorher mit den billigen Aktien eingedeckt haben. Dass dies tatsächlich funktioniert, auch das zeigt der jüngste Fall: Die Aktie der weitgehend unbekannten Gesellschaft Prime Time Stores Inc. stieg in den Tagen nach der gigantischen Spamwelle erst um 2,35 Prozent, am nächsten Tag um 30 und schließlich noch einmal um 14,8 Prozent am darauffolgenden Tag.

"Es zeigt sich, dass dies eine der Arten von Spam ist, die wirken", sagte John Levine, Leiter der in den USA beheimateten Anti-Spam Research Group, der Nachrichtenagentur AFP.

Masse statt Qualität, so sieht das auch Kaspersky-Experte Gostev. Die Menge primitiver Schadprogramme wachse ständig, aber das erinnere mehr an tumbe Roboter, die sich prügeln, denn an ein Duell der Superhirne.

Auf neuen Feldern aktiv

Da aber gute Antivirenprogramme mit diesen Bedrohungen einigermaßen fertig werden, erwartet Gostev, dass sich die Internetkriminellen künftig auf Felder verlegen, bei denen es noch Schwächen gibt: Blogs, Online-Spiele, Tauschbörsen und Instant-Messenger.

Letztere werden gerade von jüngeren Internet-Surfern gerne benutzt, weil sie es erlauben, sich anonym mit einem oder mehreren Nutzern gleichzeitig zu unterhalten. Man tippt seine Botschaft in ein Fenster, drückt auf die Return-Taste, und nahezu verzögerungsfrei erscheint dieser Text bei den Chat-Partnern. Viele der Programme erlauben es auch Dateien auszutauschen - und sind damit ein potentielles Einfallstor für gefährliche Software.

Mit Angriffen müssen Gostev zufolge auch die Besitzer von Apples neuem iPhone rechnen. Wenn die Geräte erst einmal weiter verbreitet seien, würden auch die Kriminellen versuchen, davon zu profitieren.

© SZ vom 10.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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