Cebit: Vernetztes Wohnen:Das Haus wird schlau

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Es findet den billigsten Strom, warnt vor Wasserschäden und lässt uns in virtuelle Realitäten eintauchen: Auf der Cebit in Hannover steht das vernetzte Haus im Mittelpunkt.

Michaela Geiger

Bei Star Trek sieht alles ganz einfach aus: Unsichtbare Computer antworten auf Fragen, Türen öffnen und schließen sich für autorisierte Menschen automatisch. Verlässt die letzte Person einen Raum, geht das Licht von selbst aus und schaltet sich die Heizung von alleine auf Sparmodus. Intelligente Technik übernimmt die Steuerung.

Noch ist das vernetzte Haus ein teurer Traum - bald soll sich dies jedoch ändern. (Foto: SZ-Grafik)

Was nach Zukunft klingt, rückt auf der Cebit von 1. bis 5. März 2011 ein Stück näher und wird für Besucher real erlebbar: In der Sonderschau "Smart Home" werden in diesem Jahr auf 200 Quadratmetern lebensnahe Beispiele für intelligente Vernetzung und Automatisierung in Wohnräumen gezeigt.

Umgesetzt wird die Sonderschau in enger Zusammenarbeit mit dem Innovationszentrum Connected Living. Der Verein hat zum Ziel, neue branchenübergreifende Lösungen für das vernetzte Heim sowie dazugehörigen Geschäftsmodellen zu entwickeln und organisiert gemeinsam mit seinen Mitgliedern förderfähige Projekte.

Dies geschieht in Zusammenarbeit mit derzeit 35 Unternehmen und Organisationen - darunter namhafte Partner wie Cisco, E.ON, EnBW, Fraunhofer, Loewe, Miele, Telekom oder Vattenfall. Nun sind erste Ergebnisse der Kooperation zu sehen.

Als wichtige Neuheit wird in Hannover beispielsweise eine Home Service Plattform vorgestellt - eine Art Leitzentrale, von der aus sich verschiedene Serviceangebote und Assistenzsysteme für die Heimvernetzung steuern lassen. Dies umfasst Haushaltsgeräte ebenso wie Unterhaltungsmedien, Heizung, Licht, Jalousien oder Überwachungsanlagen zum Schutz vor Einbruch, Feuer oder Wasserschäden.

Wann ist der Strom am billigsten?

Dargestellt wird der Einsatz von schlauen Helfern in drei verschiedenen Wohnszenarien - für Singles, Familien und Senioren. Cem Ergün-Müller, Geschäftsführer von Connected Living, erläutert: "Im Modell für Singles etwa zeigen wir, wie mobile Geräte und Medien miteinander harmonieren und dem Nutzer helfen, Energie zu sparen."

Künftig sollen Geräte und Installationen im Haushalt in Echtzeit kommunizieren - etwa über eine in die sogenannte Home Service Box integrierte Zusatzapplikation (App) für Energiemanagement. Diese könnte den aktuellen Energieverbrauch einzelner Geräte aufzeigen und so auch Stromfresser orten.

Das Assistenzsystem kann zudem über Echtzeit-Meldungen aus dem Stromnetz dem Nutzer mitteilen, zu welchem Zeitpunkt Strom am billigsten ist und wann es sich empfiehlt, die Waschmaschine einzuschalten. Je nach Einstellung und Intelligenzgrad startet die Maschine dann sogar automatisch.

Heimtraining im Central Park

Auf der Messe vorgeführt werden zudem Einzelkomponenten wie die digitale Identifizierung an der Wohnungstür, die Lichtsteuerung in den einzelnen Zimmern oder die Einbindung von Internetfernsehen und weiterer mobiler Abspielmedien wie dem iPad in das intelligente Heimnetzwerk.

Im Szenario für die klassische Familie baut Connected Living diese Situationen noch weiter aus. Ergün-Müller beschreibt: "Der Vater kocht mit Hilfe von Kochassistenten oder trainiert mit seinem digitalen Gesundheitscoach auf dem Heimfahrrad vor dem Internet-TV." Dank Google-Earth kann er sich dabei in eine gewünschte Landschaftsszenerie - wie wär's mit Central Park, New York? - versetzen oder im Social Network mit Freunden um die Wette strampeln."

Die Kinder, so Ergün-Müller, werden im Spiel an der Multimediakonsole von einem Trainingsassistenten begleitet, die Mutter kommt mit dem Elektroroller von der Arbeit und schließt diesen an die Ladestation des Hauses an. "Wir zeigen, wie Menschen Alltagssituationen noch geschickter und nutzerfreundlicher verbinden können", erläutert er das Konzept der Sonderschau.

Im Bereich für Senioren hat Connected Living die intelligente Heimvernetzung um einige Dienstleistungen im Gesundheitssystem erweitert. "Wir demonstrieren dabei, warum mancher Routinebesuch beim Arzt überflüssig werden könnte. Denn durch die Home Service Plattform können Ärzte alle notwendigen medizinischen Daten unmittelbar und direkt erhalten", sagt Ergün-Müller.

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Das soll die ältere Generation unterstützen, möglichst lange ein sorgenfreies Leben in den eigenen vier Wänden zu führen oder einfach das Selbstmanagement im Umgang mit chronischen Erkrankungen erleichtern.

Wer intelligente Technik ins Haus holen will, muss Geld in die Hand nehmen - und sei es nur für die Anschaffung eines modernen Stromzählers, der eingespeiste und verbrauchte Energie für einzelne Haushaltsgeräte sammelt, auswertet und zeitnah an den Energieversorger weiterleitet. Die Strombranche fasst das unter dem Begriff Smart Metering zusammen.

Die Infrastruktur hierfür existiert momentan noch ebenso wenig wie ein intelligentes Stromnetz (Smart Grid). Erste Geräte mit Smart-Grid-Funktionen - eine Waschmaschine und einen Trockner - stellte Miele bereits vergangenes Jahr zur Internationalen Funkausstellung (IFA) vor. Sie sind nach Angaben des Herstellers in der Lage, mit Echtzeit-Infos aus dem Netz eigenständig ihr Ein- und Ausschalten entsprechend der Stromtarife zu steuern.

Die Smart-Grid-Technologie hätte für Verbraucher zudem den Vorteil der Transparenz: Sie sind nicht länger an einen Versorger gebunden, sondern können für die Stromnutzung immer den jeweils günstigsten Anbieter wählen. Noch ist das allerdings Zukunftsmusik. Und nicht jeder Verbraucher wird gleich neue Haushaltsgeräte anschaffen können.

Schnell sind 20.000 Euro weg

Deshalb soll es bis zur Verwirklichung des Smart Home eine Brückentechnologie geben. Bestehende Geräte können zum Beispiel über intelligente Steckdosen gesteuert werden, die per Funk Start- und Stopp-Signale auslösen. Eine aktuelle Studie von Connected Living belegt: "Wer heute intelligente Technik für verschiedene Bereiche installiert, gibt als Hausbesitzer schnell 20.000 Euro und mehr aus", sagt Ergün-Müller. Mit Blick auf die Verbraucher formuliert er das Ziel der Connected-Living-Initiative so: "Wir wollen die Kosten auf ein Zehntel senken."

Die in Hannover vorgestellte Home Service Plattform soll dazu ihren Beitrag leisten. Ihr Vorteil: Sie ist nicht an ein System eines bestimmten Geräteherstellers gebunden, sondern funktioniert als offener Standard - kann also mit Geräten verschiedener Hersteller modular aufgebaut werden.

Bis die Home Service Box im Handel erhältlich ist, werden allerdings wohl noch ein, zwei Jahre vergehen. Das System soll laut Ergün-Müller "nicht mehr als 400 Euro" kosten.

An die Smart Home Sonderschau auf der Cebit hat der Connected-Living-Geschäftsführer vor allem die Erwartung, dem Massenpublikum zu verdeutlichen, was mit moderner Technik heute alles möglich ist. "Es geht dabei nicht nur um Einzellösungen, sondern die Integration in ein intelligentes Gesamtsystem, mit der der Einzelne Komfort und nützliche Dinge wie Energie sparen verbinden kann.

Cebit: 1. bis 5. März 2011; täglich von 9Uhr bis 18 Uhr geöffnet; Tageskarte: 39Euro, ermäßigt 18 Euro; weitere Informationen unter www.cebit.de.

© SZ vom 28.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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