Cebit 2004:PC sofort zu Diensten

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Neue Software erlaubt es, gleich nach dem Einschalten des Computers in den Kalender zu schauen oder DVDs abzuspielen.

Von Andreas Grote

Für viele Computernutzer beginnt der Morgen mit einer Bill-Gates- oder Steve Jobs-Gedenkminute: Ihre Rechner mit Betriebssystemen von Microsoft oder Apple müssen sich beim Einschalten erst einmal mühsam konfigurieren und Dateien und Programme von der Festplatte in den Arbeitsspeicher laden. Doch nun rückt der Traum vom PC, der sofort an ("Instantly on") ist, seiner Erfüllung näher. Soft- und Hardwarehersteller versuchen, einige Daten und Funktionen von Windows-Rechnern sofort nach dem Einschalten zugänglich zu machen.

Sommer 2004 kommen die ersten Notebooks auf den Markt

So braucht der Nutzer mit dem Programm "Firstware Assistant", das die US-Firma Phoenix Technologies jetzt auf der Cebit vorgestellt hat, nach dem Einschalten nur die Taste F zu drücken und kann sofort auf den Kalender, die Adressdatei und die bei der letzten Internet-Sitzung heruntergeladenen E-Mails zugreifen. Erste Notebooks mit der Software sollen noch vor dem Sommer 2004 auf den Markt kommen.

Ähnliches hat Intel vor und setzt dabei auf eine "Extended Mobile Access" (EMA) genannte Technologie. Über ein im Deckel des Notebooks integriertes, elf mal sechs Zentimeter (fünf Zoll Diagonale) großes Display mit wenigen Bedienungsknöpfen kann der Nutzer E-Mail, Kalender und Kontakte von der Festplatte abrufen sowie erkennen, ob er sich gerade in der Reichweite eines drahtlosen Zugangs ins Netz befindet. Ein erstes Notebook mit dieser Technik bringt der PC-Hersteller Lenovo noch in diesem Jahr auf den Markt. Bis 2005 will Intel dann zusammen mit seinem Partner Insyde auch den Zugriff auf MP3-Dateien und Instant-Messaging-Software über das Zusatzdisplay ermöglichen.

"Bootvorgang verkürzen"

Parallel dazu arbeitet der Chipgigant mit Microsoft am Nachfolger des betagten BIOS, das direkt nach dem Einschalten die Hardware initialisiert. Diese Software soll ein eigenes Betriebssystem bekommen: das von Intel und Microsoft initiierte Extensible Firmware Interface (EFI), welches die Hardware-Treiberprogramme gleich mit startet. "Damit können wir den Bootvorgang verkürzen", sagt Mike Richmond von Intel. Daneben lassen sich auch kleinere Applikationen in EFI einbauen, die direkt nach dem Einschalten gestartet werden.

Die kalifornische Firma Intervideo hingegen versucht das Problem auf anderem Wege zu lösen. Sie setzt auf einen ähnlichen Mechanismus wie bei Organizern, die ihr Betriebssystem auf einem Chip gespeichert haben und dadurch schneller wach sind. Nach dem Einschalten startet der "InstantOnPC" von Intervideo nicht etwa Windows, sondern die abgespeckte Linux-Version LinDVD, die zusammen mit Intel, Sony und IBM entwickelt wurde. Sie steckt auf einem eigenen Chip, darum kann der Nutzer in nur zehn Sekunden auf alle Unterhaltungs-Funktionen des PC wie Fernsehen, DVD, MP3 oder Internet-Radio zugreifen.

Nur wenn er Spiele laden oder mit Büro-Programmen arbeiten möchte, wird das Microsoft-Betriebssystem hochgefahren. Der Computerhersteller Sharp will LinDVD in Kürze in Japan in einen ersten Notebook einsetzen.

Der Durchbruch zum Sofort-da-PC wird jedoch erst von neuen Speichern erwartet, so genannten MRAMs (Magnetic Random Access Memory). Sie sollen ab 2005 auf den Markt kommen und den heutigen Arbeitsspeicher (RAM) ersetzen, der seine Daten verliert, wenn der Strom ausgeht.

Bei nicht-flüchtigen Chips hingegen stehen die Daten gleich nach dem Einschalten wieder zur Verfügung. Handheld-Computer nutzen diese Technik bereits, für schnellere Computer waren die Speicherbausteine jedoch bislang zu teuer, zu langsam und zu klein. "MRAM besitzt das Potential, für Handys, tragbare Geräte, Notebooks und PCs zur marktbeherrschenden Speichertechnologie zu werden", sagt Saied Tehrani, Direktor des Halbleiterbereichs von Motorola.

Ein MRAM-Chip besteht neben Silizium auch aus magnetischen Materialien und kann daher ähnlich wie die Festplatte Daten auch ohne Strom permanent speichern. Da die Bausteine Strom nur zum Lesen und Schreiben des Speicherinhaltes benötigen, fällt der Energiebedarf entsprechend geringer aus. "Schon aus Preisgründen werden die ersten MRAMs eher in Nischenapplikationen wie Mobiltelefonen oder Organizern zur Anwendung kommen", schätzt Stefan Grassinger vom MRAM-Pionier Infineon, "wo sie durch ihren niedrigen Stromverbrauch nicht in direkter Konkurrenz zur heutigen RAM-Technologie stehen." Bis die Magnet-Chips in den PC eingebaut werden, bleibt dem Nutzer nur der Standby-Modus: Daraus erwacht der Rechner immerhin innerhalb von 30 Sekunden.

(SZ vom 23.03.2004)

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