Bundesverfassungsgericht:Vorratsdatenspeicherung eingeschränkt

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Das Verfassungsgericht schiebt der Nutzung von Telefon- und Internetdaten einen weiteren Riegel vor. Strafverfolger dürfen nur bei "Gefahr für Leib und Leben" zugreifen.

Der Zugriff der Sicherheitsbehörden auf gespeicherte Telefon- und Internetdaten ist vom Bundesverfassungsgericht erneut eingeschränkt worden. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten einstweiligen Anordnung dürfen die Telekommunikationsunternehmen solche Daten vorerst nur dann an die Polizei übermitteln, wenn es um die Abwehr einer "dringenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Person" oder um die Sicherheit des Bundes geht.

Das seit Januar geltende Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wird weiter eingeschränkt. (Foto: Foto: AP)

Auch für den Datentransfer an Nachrichtendienste gelten Beschränkungen. Damit gab das Karlsruher Gericht einer Gruppe von Beschwerdeführern um den Berliner Anwalt Meinhard Starostik teilweise recht. (Az: 1 BvR 256/08 - Beschluss vom 28. Oktober 2008)

Bereits im März hatten die Gegner der umstrittenen Massenspeicherung von Verbindungsdaten - Inhalte sind nicht betroffen - mit einen Eilantrag in Karlsruhe teilweise Erfolg gehabt. Danach dürfen die Telefondaten zwar - wie seit dem 1. Januar vorgeschrieben - für sechs Monate gespeichert werden. Einen Zugriff zum Zweck der Strafverfolgung begrenzte Karlsruhe vorerst auf Ermittlungen wegen besonders schwerer Straftaten.

Die damalige wie auch die neue Anordnung gelten nun für weitere sechs Monate. Mit einer Verhandlung in der Hauptsache wird erst im nächsten Jahr gerechnet, weil Karlsruhe noch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wartet, der derzeit die Rechtsgrundlage für die Speicherpflicht überprüft. Insgesamt haben mehr als 34.000 Bürger Verfassungsbeschwerde eingereicht.

"Gefahr im Verzug"

Auslöser der neuerlichen Eilentscheidung sind die neuen Polizeigesetze in Bayern und Thüringen sowie das bayerische Verfassungsschutzgesetz. Den dort vorgesehenen Abruf der Daten zur Abwehr drohender Gefahren hat der Erste Senat nun auf gravierende Fälle beschränkt und, außer bei "Gefahr im Verzug", an die Zustimmung eines Richters geknüpft.

Grünen-Geschäftsführer Volker Beck forderte die Bundesregierung zur Rücknahme der Speicherpflicht auf. Weder die Kundendaten noch die gespeicherten Verbindungsdaten seien bei den Telekommunikationsunternehmen sicher, teilte er in Berlin mit.

Nach den Worten des Ersten Senats drohten den Bürgern durch die im Gesetz vorgesehene Datennutzung "Nachteile von ganz erheblichem Gewicht". Denn durch den Zugriff auf die Daten könnte die Polizei "weitreichende Erkenntnisse über das Kommunikationsverhalten der Betroffenen" wie auch über völlig unverdächtige Kontaktpersonen erhalten.

Kritik äußerten sich die Richter an den Zugriffsbefugnissen von Verfassungsschutz und Nachrichtendiensten. Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ihnen die Nutzung der Verbindungsdaten erlaubt sein soll, seien "unscharf und konkretisierungsbedürftig", heißt es in der Begründung. Für einen Datenzugriff könnte es bereits ausreichen, dass jemand an einer Veranstaltung einer nicht verbotenen, aber als extremistisch eingestuften Partei oder Gruppierung teilnehme oder nur einen "falschen Ort" aufsuche.

© dpa/AP/grc/akh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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