BGH-Urteil:Betreiber haften für Foren-Beiträge

Lesezeit: 1 min

Eine beleidigende Äußerung in einem Internetforum kann rechtliche Konsequenzen für den Betreiber der Webseite nach sich ziehen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Betroffene einen Unterlassungsanspruch haben.

Die Betreiber von Meinungsforen im Internet haften nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) für ehrverletzende Beiträge Dritter. Betroffene können demzufolge verlangen, dass beleidigende Äußerungen gelöscht werden. Dieser Unterlassungsanspruch bestehe von dem Zeitpunkt an, zu dem ein Betreiber informiert werde, hieß es.

(Foto: Foto: iStockPhoto)

Für die Verantwortlichkeit der Betreiber kommt es laut BGH nicht darauf an, ob ihnen die Autoren diffamierender Beiträge bekannt seien. Gegen sie könnten Verletzte unabhängig von den Ansprüchen gegen die Betreiber vorgehen, betonte der BGH.

Das Urteil habe "große praktische Bedeutung", sagte BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller in der Verhandlung. Schon das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte auf die Häufigkeit von Meinungsforen im Internet hingewiesen und die Revision wegen der "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" zugelassen. Mit der Entscheidung des BGH steht fest, dass die Haftung für anonyme Beiträge im Internet verschärft wird.

Diffamierende Beiträge

Im konkreten Fall tobte in einem Meinungsforum im Internet eine heftige Auseinandersetzung über die Bekämpfung von Kinderpornographie. Daran beteiligte sich auch der Vorstandsvorsitzende eines Vereins zur Bekämpfung von Kinderpornographie.

Als Reaktion erschienen unter den Decknamen "Katzenfreund" und "Rumtrauben" zwei diffamierende Beiträge über ihn und die Motive seines Engagements. Der Angegriffene kannte einen der beiden Autoren, einen früheren Mitstreiter. Er verlangte in beiden Fällen von der Betreiberin des Forums, dass die Beiträge gelöscht werden, Schmerzensgeld und den Ersatz der Anwaltskosten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gab ihm teilweise recht. Es verurteilte die Betreiberin zur Unterlassung der "Schmähkritik", weil sie die Identität des dem Kläger unbekannten Autors nicht preisgegeben habe.

Revision von beiden Parteien

Dabei genüge nicht die Mitteilung der IP-Adresse, also der individuellen Rechnernummer. Im Fall des anderen Autors verneinte das Gericht einen Anspruch, weil der Kläger direkt gegen seinen "Weggefährten" hätte vorgehen können. Das OLG sprach ihm nur einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten in Höhe von 310 Euro zu.

Gegen das Urteil legten beide Parteien Revision ein. Kläger-Anwalt Joachim Kummer machte eine "Störerhaftung" der Forums-Betreiberin für rechtswidrige Beiträge geltend. Dagegen berief sich Anwalt Achim Krämer auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Wer einen "Markt der Meinungen" eröffne, hafte nicht für die Beiträge und müsse nicht die Urheber ermitteln. (Aktenzeichen: VI ZR 101/06)

© SZ vom 29.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: