Google:Die größte Detektei der Welt

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Wissenschaftler fordern, die Macht der Suchmaschinen-Betreiber zu begrenzen.

Helmut Martin-Jung

Die Betreiber von Suchmaschinen häufen einer österreichisch-deutschen Studie zufolge weitgehend unkontrolliert Wissen und damit auch Macht an. In dem 187 Seiten umfassenden Papier rufen die sechs Autoren zu "sofortigem Handeln" vor allem gegen das rasende Wachstum des Konzerns Google auf. Als Ausweg sehen die Wissenschaftler öffentlich geförderte Suchmaschinen, mit denen das Monopol der großen privaten Suchmaschinen gebrochen werden könne. Notfalls, fordert Hermann Maurer, der Dekan der Grazer Informatik-Fakultät, müsse Google mit Hilfe eines Anti-Trust-Verfahrens in mehrere getrennte Firmen aufgespalten werden.

Auf lange Sicht, schreiben Narayanan Kulathuramaiyer von der Technischen Universität Graz und Wolf-Tilo Balke von der Universität Hannover, müsse der Umfang geregelt werden, in dem Daten ausgewertet werden dürften. Gemeint sind die Daten, die Google und andere Anbieter mit ihren zahlreichen Diensten von E-Mail bis zum Satellitenweltatlas sammeln. Vor allem in diesem sogenannten Data mining sehen die Autoren große Gefahren. Google, schreibt Maurer, dringe massiv in die Privatsphäre der Benutzer ein.

Bedrohte Privatsphäre

Die Betreiber der Suchmaschine wüssten "mehr als jede andere Organisation in der Geschichte über Menschen, Firmen und Organisationen, und werden daran nicht von nationalen Datenschutzgesetzen gehindert". So sei Google zur größten und mächtigsten Detektei der Welt geworden. Noch, so Maurer, habe Google dieses Potential nicht genutzt, aber als kommerzielle Firma sei es gezwungen, es anzuwenden, falls dies große Gewinne verspreche. Andernfalls verletze die Firmenleitung ihre Verantwortlichkeit gegenüber den Aktionären.

Aber nicht nur die Privatsphäre sehen die Wissenschaftler bedroht. Die Internetexperten Kulathuramaiyer und Balke argumentieren außerdem, durch die Macht über das Wissen der Welt sei Google in der Lage, die öffentliche Aufmerksamkeit zu lenken und damit den Erfolg von Produkten am Markt stärker als mit herkömmlicher Werbung zu beeinflussen. Oder aber, der Konzern könne an der Börse in bisher nicht gekannter Art agieren, weit jenseits der Analyse von Zeitreihen, um Trends zu erkennen.

Der ursprüngliche Ansatzpunkt der Studie waren schwere Bedenken angesichts des nicht nur in der Wissenschaft um sich greifenden Abschreibens mithilfe von Suchmaschinen gewesen. Der Salzburger Medienwissenschaftler Stefan Weber, einer der Mitautoren der Studie, sieht darin eine "Textkultur ohne Hirn", an der auch die Dozenten und Professoren Schuld trügen, die ihre Studenten stets dieselben Themen bearbeiten ließen.

© SZ vom 5.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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