Streit mit Forstministerium:Staatsforst-Manager gönnt sich Nebenjob

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"Selbstbedienungsladen": Mitarbeiter von Europas größtem Waldbetrieb fragen sich, ob ein hochdotiertes Vorstandsmitglied etwa nicht ausgelastet ist. Ein früherer Spitzenbeamter ist für Personal, Waldbau, Naturschutz und Jagd zuständig - und findet trotzdem Zeit für einen Nebenjob.

Von Christian Sebald

Zwischen dem Forstministerium mit Minister Helmut Brunner (CSU) an der Spitze und den Bayerischen Staatsforsten bahnt sich ein massiver Konflikt an. Der Grund ist der Nebenjob als Coach und Berater, den der Staatsforsten-Vorstand und frühere Spitzenbeamte Reinhardt Neft zu Beginn des Jahres im Forstministerium angemeldet hat. Im Forstministerium hat man kein Verständnis für den Manager. Aber man sieht sich auch nicht in der Lage, Neft die Nebentätigkeit zu untersagen. Auch bei den 2800 Mitarbeitern der Staatsforsten ist die Verärgerung massiv.

Die Ankündigung klingt genau so, wie man sie von Lebensberatern kennt. "Ich bin einfach mal weg", heißt es auf der Homepage neft-coaching.com über das Seminar "Life-Work-Balance auf der Hütte." Anmelden kann sich, wer Lust darauf verspürt. Zumindest steht in der Ankündigung: Zielgruppe offen. Über seine Arbeit schreibt der Coach Neft: "Mein praxisorientierter Coaching- und Consultingansatz basiert auf der Leitphilosophie, Führungskräfte und Organisationen dabei zu unterstützen, ihre Ziele klar und ausgewogen zu formulieren und effiziente Strategien zur Umsetzung dieser Ziele zu entwickeln."

In der Belegschaft der Staatsforsten rumort es seit Wochen. "Ob Arbeiter, Förster oder wir Betriebsleiter, wir sind alle so unter Druck, dass wir gar nicht wissen, wie wir mit der Arbeit hinterherkommen", sagt ein Betriebsleiter. "Nur unser Vorstand ist so wenig ausgelastet, dass er sich einen Nebenjob leisten kann." Andere sprechen von einem "Selbstbedienungsladen". So massiv ist die Verärgerung, dass sich Neft bereits per E-Mail gegenüber den Betriebsleiter für den Nebenjob rechtfertigte.

Auch im Forstministerium hat man kein Verständnis. "Der Staatsforsten-Vorstand sollte 150 Prozent Einsatz geben", sagt ein führender Ministerialer. "Mir ist schleierhaft, wie Herr Neft da die Zeit haben kann, nebenbei als Coach zu arbeiten." Im Aufsichtsrat der Staatsforsten, dessen Chef Minister Brunner ist, hat es bereits eine längere Debatte mit Neft gegeben. Schließlich sind die Staatsforsten ein Staatsunternehmen mit besonderer Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern und der Politik und keine Privatfirma, die schalten und walten kann, wie sie will, solange sich ihre Manager an die Gesetze halten. Neft zeigte sich aber uneinsichtig. "Und laut Bayerischem Beamtengesetz und Bayerischer Nebentätigkeitsverordnung hat er sogar Anspruch auf eine Nebentätigkeit", sagt ein Ministeriumssprecher, "wir können ihm den Job nicht einfach verbieten."

Dabei hat der Manager laut Stellenbeschreibung tatsächlich eine große Fülle an Führungsaufgaben wahrzunehmen. Die Staatsforsten sind mit 720 000 Hektar Staatswald, ihren zuletzt knapp 400 Millionen Euro Jahresumsatz und 83,6 Millionen Euro Gewinn Europas größter Forstbetrieb.

Neft verantwortet das gesamte Personalwesen, den Waldbau, den Naturschutz und die Jagd sowie das Informationswesen und die Kommunikationstechnik. Außerdem ist der 53-jährige Manager für die Führung von 22 der 41 Staatsforstbetriebe zuständig. Entsprechend üppig ist der Posten dotiert. Inklusive Zahlungen für die Altersversorgung und Dienstwagen beliefen sich die Bezüge 2012 auf 232 000 Euro.

"Alle Aufgaben mit Minimalaufwand"

Es gibt freilich schon länger Kritik an Nefts Arbeitsstil. So förderte jüngst der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl zutage, dass es bei den Naturschutzkonzepten der Forstbetriebe vieles im Argen liegt. Nur zwei der 41 Forstbetriebe haben laut Aufschlüsselung des Forstministeriums fertige Konzepte vorliegen. Bei den anderen 39 sind sie erst im Werden. Dabei hat der Staatsforsten-Vorstand schon vor Jahren angekündigt, dass die Naturschutzkonzepte rasch präsentiert werden. Nun ist ihre Erarbeitung aufwendig und zeitintensiv. Aber Insider sagen auch, "dass Neft viel zu wenig Wert darauf legt, dass was vorankommt". So wie er "alle seine Aufgaben mit Minimalaufwand betreibt".

Der Manager selbst weist die Vorwürfe strikt zurück. "Ich erledige meine Aufgaben mit größter Sorgfalt und kenne keine Beanstandungen", sagt er. "Und was ich in meiner Freizeit mache, ist meine Sache." Auch bei seinem Nebenjob als Coach sei alles korrekt. Er achte strikt darauf, dass es zu keinerlei Interessenkonflikten mit seinem Vorstandposten komme. Außerdem sei die Nebentätigkeit auf ein Volumen von 15.000 Euro im Jahr beschränkt und nehme nur fünf bis zehn Tage pro Jahr in Anspruch. Mit dem Ministerium hat Neft vereinbart, dass er Ende 2013 eine Aufstellung über alle Seminare und Beratungen abliefert, die er dieses Jahr gegeben hat.

© SZ vom 08.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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