Sozialministerium:Meldepflicht für junge Trinker

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Sozialministerin Haderthauer will härter gegen exzessiv trinkende Jugendliche vorgehen - und irritiert damit die Jugendämter.

Varinia Bernau

Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat mit ihrer Forderung nach einer Meldepflicht für exzessiv trinkende Jugendliche Kopfschütteln im Gesundheitsministerium ausgelöst. Haderthauer war bei ihrem Vorstoß offenbar nicht bewusst, dass es bereits ein Präventionsprogramm für Jugendliche mit Alkoholproblemen gibt.

Mehr als 4000 bayerische Jugendliche mussten im Jahr 2007 wegen Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden. (Foto: Foto: AP)

Das Modellprojekt wurde im Mai 2008 vom bayerischen Gesundheitsministerium aufgelegt. Die Initiative sieht unter anderem vor, dass Jugendliche, die mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden, von speziell geschulten Sozialpädagogen beraten werden. "Eine Meldepflicht würde dieses Vertrauensverhältnis schwer belasten", sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Auch bestünde die Gefahr, dass sich Jugendliche im Ernstfall nicht mehr ins Krankenhaus trauten, wenn sie wüssten, dass ihre Daten an Jugendämter gegeben werden.

Auch in den Rathäusern im Freistaat gibt es große Zweifel, ob Haderthauers Pläne das geeignete Mittel gegen die Sauforgien von Jugendlichen sind. "Maßnahmen, die auf die Vernunft und die Einsicht der Betroffenen setzen, erscheinen mir erfolgversprechender als Repression", sagt etwa Nürnbergs Jugendreferent Reiner Prölß.

Er warnte davor, die Jugendlichen per se als "eine Generation von Saufbolden zu diskreditieren". Nürnberg ist einer von insgesamt 21 Standorten im Freistaat, die sich an dem vom Gesundheitsministerium aufgelegten Modellprojekt beteiligen - und damit gute Erfahrungen gemacht haben. Drei von vier Jugendlichen, so Prölß, nehmen das Hilfsangebot an.

Der Jugendreferent betonte, dass Polizei und Jugendamt in seiner Stadt bereits seit längerem gut zusammenarbeiteten, wenn es gilt, die Alkoholexzesse von Jugendlichen einzudämmen. Auch seien Ärzte heute schon von ihrer Schweigepflicht entbunden und zur Rücksprache mit dem Amt verpflichtet, wenn das Kindeswohl tatsächlich in Gefahr sei.

Mehr als 4000 bayerische Jugendliche mussten im Jahr 2007 wegen Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden. Ein Jahr zuvor waren es noch etwa 1000 weniger. Das auch vor diesem Hintergrund initiierte Präventionsprogramm des Gesundheitsministeriums hat die einzelnen Standorte mit einer Anschubfinanzierung von jeweils bis zu 10.000 Euro bedacht.

Haderthauer hatte den Besuch einer Suchthilfeeinrichtung in Altdorf am Montag genutzt, um ihrerseits dem Komasaufen unter Jugendlichen den Kampf anzusagen. Ärzte sollen, so die Ministerin, künftig die Personalien von Jugendlichen, die volltrunken ins Krankenhaus eingeliefert werden, den Jugendämtern verpflichtend mitteilen.

Haderthauer forderte die Ämter auch auf, den Eltern jedes gemeldeten Jugendlichen Hausbesuche abzustatten und, falls erforderlich, Hilfsangebote zu unterbreiten. Gegen Eltern, die sich uneinsichtig zeigten, müssten "repressive Maßnahmen" ergriffen werden. Dazu gehöre die Verhängung von Bußgeldern wegen Vernachlässigung des elterlichen Sorgerechts.

© SZ vom 18.02.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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