Söders Baustellen in Bayern:"Ich hätte mir etwas mehr Respekt gewünscht"

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In der CSU wächst der Ärger, dass der Generalsekretär die regionalen Konflikte nicht in Griff bekommt. Die Debatte um Köhler war offenbar nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Andreas Roß, Mike Szymanski, Peter Schmitt

Walter Ganseneder ist ein treuer Parteisoldat. Seit Jahren leitet der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Füssen den dortigen CSU-Ortsverband. Das ändert freilich nichts daran, dass Ganseneder auch mit führenden Repräsentanten seiner eigenen Partei hart ins Gericht geht, wenn es die Situation erfordert.

Besonders allergisch reagiert Ganseneder, wenn von CSU-Generalsekretär Markus Söder die Rede ist. Da stellen sich bei ihm die Nackenhaare auf: ,,Söder ist keiner, den man auf die Leute loslassen sollte. So denkt die Mehrheit in unserer Partei'', sagt der Füssener CSU-Chef. Und fügt gleich noch hinzu: Anhänger der CSU würden Söder als ,,arroganten Schnösel'' wahrnehmen.

Der Dienstag war kein guter Tag für den seit vier Jahren amtierenden CSU-General. Bundesweit hagelte es Kritik wegen seiner Warnung an Bundespräsident Horst Köhler, eine Begnadigung des Terroristen Christian Klar könnte eine Wiederwahl des Staatsoberhauptes in Frage stellen. Auch die CSU ging mit ihm nicht zimperlich um: ,,Ich schließe mich ganz der Aussage von Peter Struck an'', sagte dazu die Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete und erklärte Söder-Gegnerin Renate Blank.

Struck, SPD-Fraktionschef im Bundestag, hatte Söder als ,,Dummschwätzer'' bezeichnet. Auch der Chef der CSU-Schwaben, der Europaabgeordnete Markus Ferber, übte Kritik am CSU-General. ,,Die Wiederwahl Köhlers ins Gespräch zu bringen, war keine kluge Idee.'' Den Bundespräsidenten dürfe man nicht unter Druck setzen. ,,Ich hätte mir etwas mehr Respekt vor dem höchsten Amt im Staate gewünscht'', erklärte der CSU-Abgeordnete Franz Pschierer, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag. ,,Köhler ist schließlich unser Mann.''

"Eine Schande für Bayern"

Noch heftiger als in der CSU fiel die Kritik an Markus Söder naturgemäß von Seiten der Opposition im Landtag aus. ,,Markus Söder ist wegen seiner erpresserischen und nötigenden Einlassung als CSU-Generalsekretär nicht mehr tragbar. Er ist eine Schande für Bayern'', betonte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Franz Maget.

Er schloss sich damit der Rücktrittsforderung von Susanne Kastner (SPD) an, der Bundestagsvizepräsidentin aus Bayern. Kastner hatte erklärt, ,,wer seine Grenzen nicht mehr kennt, hat auch keine Legitimation mehr, Generalsekretär für seine Partei zu sein''. Die Grünen im Landtag nahmen den designierten Ministerpräsidenten und Noch-Innenminister Günther Beckstein gleich in Mithaftung.

Beckstein hatte seinen Nürnberger Parteikollegen Söder gegen die von allen Seiten prasselnde Kritik in Schutz genommen. ,,Söder hat das Ansehen des Bundespräsidenten in den Schmutz gezogen und ihn zum Spielball parteitaktischer Erpressungsversuche degradiert. Es ist nicht zu fassen, dass ihn der Innenminister dafür nun auch noch in Schutz nimmt'', sagte Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr.

Die Debatte um Köhler war aber offenbar nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Inzwischen findet man in der CSU nicht wenige, die sagen, es sei ein großer Fehlgriff von Parteichef Edmund Stoiber gewesen, den ehemaligen Vorsitzenden der Jungen Union Bayern zum Generalsekretär zu machen. Schließlich war Söder in der Partei schon vor seiner Wahl nicht nur als gnadenloser Populist verrufen, sondern auch als ein Politiker, der meist schneller redet als er denkt.

Das hat dem General aus Franken schon viel Kritik eingetragen, häufig auch aus den eigenen Reihen. Selbst in der Führungskrise um Stoiber agierte Söder, der sich als hundertprozentiger Stoiberianer bezeichnet, so ungeschickt, dass ihn der Stoiber-Freund und Bayern-Manager Uli Hoeneß in der Talkrunde von Sabine Christiansen zusammenfaltete.

Lokale Brandherde

Was viele in der CSU mittlerweile verstimmt, ist der Umstand, dass der General sich zwar ständig zu Bundesthemen zu Wort meldet, seine Hausaufgaben in Bayern aber nur unzureichend erledigt. Denn die CSU kämpft nicht nur mit einem Führungsvakuum, das mit dem langen Abschied Stoibers von der Macht entstanden ist, sondern auch mit zahlreichen lokalen Brandherden. Der heißeste schwelt derzeit in Regensburg, wo sich die Partei in zwei Lager gespalten hat und einige Mitglieder um den CSU-Stadtrat Thomas Fürst in Verdacht geraten sind, sich in einem rechtslastigen Umfeld zu bewegen.

Söder hat sich zwar im Vorfeld des Regensburger Kreisparteitages eindeutig auf die Seite von CSU-Oberbürgermeister Hans Schaidinger geschlagen. Aber seine Autorität reichte nicht aus, um die Riege um Fürst, der unter Söder in der JU Bayerns groß geworden ist, in die Schranken zu weisen. OB Schaidinger will Söder deshalb keine Vorwürfe machen, ,,schließlich kann keiner erwarten, dass alle springen, wenn der Generalsekretär was sagt''. Weil aber offenbar auch die Parteispitze erkannt hat, dass man den Regensburger Brandherd nicht länger als lokales Ereignis kleinreden darf, hat sich jetzt CSU-Chef Edmund Stoiber selbst in den Konflikt eingeschaltet.

Söders mangelndes Krisenmanagement zeigte sich auch in Weiden, wo ein selbstherrlicher und zweifach vorbestrafter CSU-Oberbürgermeister jetzt wahrscheinlich mit vollen Bezügen in Pension gehen darf, weil die Partei nicht die Kraft hatte, ihn wegen seiner Verfehlungen zu einem freiwilligen Rücktritt zu bewegen. Auch hier hielt sich der CSU-General aus der Angelegenheit heraus, obwohl der Vorgang dem Ansehen der Kommunalpolitik Schaden zufügte.

Es blieb dem Amberger CSU-Rathauschef Wolfgang Dandorfer vorbehalten, dies auch öffentlich auszusprechen. Auch Coburg, Bad Tölz oder Würzburg sind mit Blick auf die Kommunalwahlen weitere Konfliktfelder der CSU, wo der Generalsekretär gefordert wäre. Der aber wollte am Dienstag nicht Stellung dazu nehmen.

© SZ vom 09.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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