Sargbaukurs:Der Tod ist spannender als Fußball

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Tierarzt Alois Bollwein findet es spannend, sich mit dem Tod zu beschäftigen. Darum hat er in einem Kurs gelernt, wie man einen Sarg baut. Für den Eigenbedarf. Seine Gemütsverfassung danach? Blendend!

Von Olaf Przybilla

Der Nürnberger Tierarzt Alois Bollwein, 55, hat sich am Wochenende im mittelfränkischen Dinkelsbühl in die Kunst des Sargbauens einweisen lassen. Die Teilnehmer des Kurses "ewigleben" dürfen das Fabrizierte gerne auch selbst nutzen.

SZ: Herr Bollwein, warum macht man denn so was?

Alois Bollwein: Also mich hat dieser Kurs sofort angesprochen, weil ich als Tierarzt mit dem Tod einfach täglich konfrontiert bin. Ich komm' aus einem kleinen Dorf in der Oberpfalz, ich war Ministrant. Wir sind auf den Friedhof mitgegangen, die Leichen wurden drei Tage aufgebahrt. Das ganze Dorf war da. Wir fanden das als Kinder vollkommen normal. Und auch schön, vor allem den Leichenumtrunk.

Aber den Sarg selber bauen?

Ich sage mir immer: Irgendwie trifft's jeden. Ich beschäftige mich einfach gerne mit dem Tod. Mir ist schon klar, dass das nicht jeder nachvollziehen kann. Da baut einer freiwillig einen Sarg. Ein Freund hat mir gesagt: Du wirst immer skurriler.

Könnte man schon so sehen, oder?

Ach, diese zwei Tage waren einfach schön, wie wir so den Sarg zusammengebaut haben. Man denkt nach: Was tue ich auf der Welt? Wie lang bin ich hier? Finde ich deutlich spannender als darüber nachzudenken, wer deutscher Fußballmeister wird.

Sie wollen Ihren Sarg selbst nutzen?

Also meine Frau hat gemeint, dass ich meinen Sarg jetzt nicht unbedingt mit nach Hause bringen muss. Der stehe dann ja doch nur auf dem Speicher rum. Aber ich komme gerade ins Grübeln. Der Sarg sieht einfach gut aus. Den könnte man sich als Dekoration schon auch zu Hause hinstellen. Und später dann eben selbst nutzen.

Sind Sie jetzt in morbider Stimmung?

Nein, ich bin jetzt total aufgekratzt.

Nachdem Sie einen Sarg gebaut haben?

Das ist so bei mir. Mich hat mal einer gefragt: Sag mal, spinnst Du, ständig über den Tod nachzudenken? Das macht doch total traurig. Ich hab' geantwortet: Also ich bekomm' bessere Stimmung dadurch.

Bessere Stimmung?

Mich entspannt das. Wenn ich dran denke, dass ich sterbe, dann ärgere ich mich weniger darüber, dass ich geblitzt worden bin. Oder über eine Schramme im Auto, solche Sachen. Man kann sich da ja richtig festbeißen. Wenn ich aber denke: Hey, jetzt habe ich einen Blechschaden, aber in einer Stunde bin ich vielleicht schon tot - dann interessiert mich das Blech kaum noch.

Sie können diesen Sargbaukurs also als Stimmungsaufheller empfehlen?

Grundsätzlich schon. Nur als ich mich selbst reingelegt habe in den Sarg, na, das war schon etwas seltsam. So zu spüren, aha, jetzt liegst Du also so da drinnen.

Das empfehlen Sie nicht?

Na, ich bin wohl ein bisschen klaustrophobisch veranlagt. In eine Tropfsteinhöhle jedenfalls gehe ich nie wieder rein. Und dann sind 1,4 Quadratmeter Fläche schon gewöhnungsbedürftig. Ich lebe in einem relativ geräumigen Haus. Dann dieser schmale Raum, ohne den ganzen Krempel, von dem man ja glaubt, ihn so ansammeln zu müssen im Leben. Interessante Erfahrung.

Wäre nichts für mich.

Aber Sie müssen auch sterben. Jetzt antworten Sie natürlich: Das merke ich aber nicht mehr. Klar, das hofft immer jeder. Aber bei den ganzen Möglichkeiten, die die Humanmedizin heute hat: Das Normale ist, dass Sie die Verletzlichkeit und Vergänglichkeit des Lebens spüren werden.

Sie hätten auch Priester werden können.

Sie werden lachen, bis ich 15 wurde, war das tatsächlich eine Option. Wie gesagt: Ich komme aus der Oberpfalz, da wird man Katholik sozusagen über die Muttermilch. Habe mich dann aber für meine Frau entschieden und bin auch froh darüber.

Aber der Kurs ist doch vom evangelischen Männerwerk, oder?

Ach, das ist kein Problem, an der Basis ist die Ökumene doch längst angekommen.

Und jetzt wieder in die Praxis?

Nein, ich muss mich heute einer Knieoperation unterziehen. Die Narkoseärztin war auch etwas irritiert, als ich ihr von dem Kurs erzählt habe. Aber der Sargkurs hat definitiv nichts mit der Operation zu tun.

© SZ vom 25.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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