Landtag:Barbara Rütting und die Sekte

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Sektenexperten halten das "Universelle Leben" für eine gefährliche Organisation. Grünen-Abgeordnete Rütting verteidigte die Gruppe und sprach von "Hexenverfolgung". Nun rudert sie zurück.

Von Uwe Ritzer

Auf Barbara Rütting lässt Sepp Dürr, der Fraktionschef der Grünen im Landtag, nichts kommen.

Das Universelle Leben seien lediglich "Urchristen, die keine Tiere töten wollen", sagte die Grünen-Abgeordnete Rütting. (Foto: Foto: dpa)

Gerne könne die fast 80-jährige Abgeordnete, die als Schauspielerin in Edgar-Wallace-Verfilmungen und als "Geierwally" bekannt wurde, 2008 erneut für die Partei für den Landtag kandidieren.

"Es gibt kaum jemanden, der sich so für Tier- und Verbraucherschutz einsetzt wie unsere Barbara", sagt Dürr. Die Frage ist nur, wo Rütting dies überall tut.

So trat die Grünen-Politikerin und Alterspräsidentin des Landtages mindestens zweimal bei der umstrittenen Glaubensgemeinschaft "Universelles Leben" (UL) als Rednerin auf. Seither verteidigt Rütting vehement die von Sektenexperten als gefährlich eingestufte Organisation.

Mit Briefkopf des Landtages schrieb die Abgeordnete am 28. März 2007 einen Brief "an alle, die es betrifft". Darin vergleicht sie die Kritik am UL mit "Zeiten der Hexenverfolgung", verteidigt die Sekte mehrere Absätze lang und schreibt wörtlich: "Über diese Gemeinschaft wird immer wieder haarsträubender Unsinn verbreitet."

Demonstrativ nahm Rütting drei Tage später an einer vom UL organisierten Demo für eine Natur ohne Jagd teil.

"Wenn UL mit Menschen einigermaßen so gepflegt umgehen würde, wie sie es mit Tieren vorgeben, dann gäbe es keine Probleme", sagt Wolfgang Behnk, Sektenbeauftragter der evangelischen Landeskirche und UL-Experte. Behnk nennt das UL "eine religiös-totalitäre Organisation, in der Menschen ihre Freiheit verlieren".

Gedenkveranstaltung für Bär Bruno

Diese Äußerung entbehrt - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 1993 feststellte, "nicht jedes sachlichen Hintergrunds". Behnk warnte Rütting eindringlich vor einer Demonstration am 2. September 2006 in München.

Sie sprach trotzdem auf der Gedenkveranstaltung für den erschossenen Bär "Bruno" auf dem Münchner Marienplatz, was das Universelle Leben auf seiner Internetseite ausführlich dokumentiert.

Bei der Demo stellte sich die Grüne vor die Organisation. Auch die ersten Christen seien "als Sekte gebrandmarkt, verhöhnt und sogar gefoltert und umgebracht worden", sagte sie. Tierschützer und -rechtler fürchten, UL versuche derzeit, in der sehr zersplitterten Szene Fuß zu fassen.

Berthold Merkel, Landesvorsitzender des Deutschen Tierschutzbundes, sagt: "Wir sehen das mit Sorge und wollen mit denen nichts zu tun haben." Barbara Rütting nimmt es mit der Distanz nicht so genau. Bereits wenige Tage vor ihrem Auftritt am Marienplatz hatte sie nach eigenen Angaben an einer ähnlichen UL-Demo in Schliersee teilgenommen.

Erst vor wenigen Tagen bezeichnete sie die Gemeinschaft in einem Interview als "Urchristen, die keine Tiere töten wollen". Auf ihrer Internetseite fanden sich bis zuletzt Links auf den Verlag "Brennglas" und die Seite "Freiheit für Tiere." Hinter beiden steht laut Impressum der Schweizer German Murer.

Er arbeitete früher als Redakteur für die UL-Postille Christusstaat, wo er auffiel, als er schrieb, Deutschland sei ein Spielball herrschsüchtiger Juden. Später distanzierte er sich davon. Rütting hat ihrerseits Erfahrungen mit einem UL-Medium. Für die Ausgabe 17/98 von Das weiße Pferd gab sie bereitwillig ein Interview über ihr Barbara-Rütting-Brot. Der Weiße-Pferd-Verlag bringt UL-Publikationen auf den Markt.

Menschen zum Fliegen bringen

Bislang ignorierte Barbara Rütting - die früher für die Naturgesetz-Partei warb, die mit der richtigen Meditation Menschen zum Fliegen bringen und so den Weltfrieden erreichen will - alle Warnungen vor dem UL. Schließlich gehe es ihr nicht um Religion, sondern allein um Tierrechte, argumentiert sie.

Außerdem herrsche Religionsfreiheit, und sie selbst sei Mitglied keiner Sekte und keiner Kirche. Nun rudert Rütting - offenbar nach Gesprächen mit Sepp Dürr - in Sachen UL zurück. Sie werde nicht mehr mit dem Universellen Leben zusammenarbeiten, erklärte sie auf Anfrage.

© SZ vom 21.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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