Kommunalwahlen in Bayern:Schicksalsjahr der CSU

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Stoiber ist weg, die Show vorbei - nun geht es bei den bayerischen Kommunalwahlen am Sonntag für die CSU um mehr als profane Prozente. Ohne Vision und mit schwächelnder Führung ringt die Partei um ihre einst so sichere Vormachtstellung.

Sebastian Beck

Warum soll man am Sonntag bei der Kommunalwahl in Bayern die CSU wählen? Landratskandidat Martin Bachhuber aus dem Landkreis Tölz-Wolfratshausen hat diese Frage auf einer Versammlung vor ein paar Wochen so beantwortet: Den weißblauen Himmel habe der Herrgott geschaffen, um den Rest aber habe sich die CSU große Verdienste erworben.

Günther Beckstein und Erwin Huber am 6. Februar 2008 beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau. (Foto: Foto: ddp)

Insofern geht es für ihn wie auch für seine Partei bei dieser Wahl um mehr als nur um profane Prozente: Es geht darum, aufs Neue die Vormachtstellung der CSU zu dokumentieren - erst bei der Kommunalwahl und dann bei der Landtagswahl im September. Das wird der Partei in diesem Jahr allerdings wesentlich schwerer fallen als in der Vergangenheit. Denn der bundesweite Trend zur Aufsplitterung des festgefügten Parteiensystems hat allem Anschein nach auch Bayern erfasst.

Das Wahljahr 2008 könnte für die CSU zum Schicksalsjahr werden. Umfragen zeigen, dass Freie Wähler, FDP und sogar Linke reelle Chancen auf den Einzug in den Landtag haben. Die Bindungswirkung der Volkspartei CSU droht nachzulassen. Ein Wahlergebnis von nur 50 Prozent oder womöglich darunter - für die CSU käme das einem Totalschaden im Bund und in Bayern gleich.

Dabei ist es nicht so, dass die Politik im Freistaat komplett in der Hand der Schwarzen wäre, auch wenn die CSU gerne so tut und damit vor allem außerhalb Bayerns noch Zuhörer findet, die ihr das abnehmen. Gerade in den großen Städten haben sich starke Oberbürgermeister der SPD etablieren können: Christian Ude in München, Ulrich Maly in Nürnberg und Paul Wengert in Augsburg. Auf dem Land sind die Freien Wähler traditionell die Hauptkonkurrenz der CSU. Und der Grünen-Landesvorsitzende Sepp Daxenberger zählt zu den beliebtesten Politikern Bayerns. Es gibt also bunte Farbtupfer auf der schwarzen Landkarte.

Dennoch hat es die CSU in den vergangenen 40 Jahren vor allem auf dem Land geschafft, alle bürgerlichen Schichten zu durchdringen: Bäcker, Hochschulprofessor, Schreiner und Unternehmer - sie alle sind Mitglieder der großen CSU-Familie, in der zwischen Staat und Partei längst nicht mehr unterschieden wird. Wer es im Dorf zu was bringen will, der geht zur CSU, der Rest trifft sich am SPD-Stammtisch oder bei den Mobilfunkgegnern. So hat das aus Sicht der Regierungspartei bisher immer gut funktioniert, und so ist es auch immer noch gängige Praxis in vielen Gemeinden.

Ab in die Bedeutungslosigkeit?

Zu beobachten ist aber, dass sich die CSU umso schwerer tut, je größer die Kommune ist: Denn hier sehen sich ihre Politiker plötzlich mit Forderungen nach Kinderkrippen und Ganztagesschulen konfrontiert. All das galt bis vor wenigen Jahren noch als sozialdemokratisches Teufelswerk. Zwar hat sich die Partei erstaunlich gewandelt.

Die Diskussion um das Betreuungsgeld zeigt aber wieder einmal, dass die CSU-Spitze mit gesellschaftlichen Veränderungen nur schwer Schritt halten kann. Das gilt insbesondere für den neuen Parteichef Erwin Huber, der in Berlin noch stärker wie ein Regionalpolitiker wirkt als in München. Es scheint so, als würden sich die Befürchtungen bewahrheiten, wonach der Landespolitiker Huber die Partei geradewegs in die bundespolitische Bedeutungslosigkeit führen werde.

Das kommt aber auch daheim in Bayern schlecht an. Unter Stoiber war die CSU-Politik die Show nur eines Mannes - jetzt gibt es überhaupt keine Show mehr. So hatten sich die Delegierten auf dem Parteitag in München den Wechsel an der CSU-Spitze sicherlich nicht vorgestellt. Zusammen mit Ministerpäsident Günther Beckstein hat Huber vor den Kommunalwahlen zwar noch schnell Millionen übers Land verteilt.

Stoibersche Politik fortsetzen - bloß ohne Stoiber

All das Geld konnte dennoch den deutlichen Stimmungsumschwung an der CSU-Basis nach Weihnachten nicht verhindern: Die anfängliche Erleichterung über den Abgang von Edmund Stoiber ist mittlerweile einer verbreiteten Ratlosigkeit gewichen. So nervig es für die Parteibasis auch war, die CSU lebte in den vergangenen 15 Jahren vor allem vom Stoiberschen Aktionismus, mit dem er immer neue Programme und Offensiven ankündigte. Den Anhängern suggerierte er auf diese Weise, dass Bayern die Großmacht unter den Bundesländern sei.

Nun aber müssen die Mandatsträger der CSU mitansehen, wie hilflos ihr neuer Parteichef Huber in der Landesbank-Krise agierte. Ein politisches Projekt der CSU, geschweige denn eine Vision für die Zukunft sind derzeit nicht erkennbar. Stattdessen wollen Huber und Beckstein nur irgendwie die Stoibersche Politik fortsetzen - bloß ohne Stoiber.

Die Kommunalwahlen am Sonntag werden ein erster Test darauf sein, ob das CSU-Konzept des "Weiter so" im Wahljahr erfolgreich sein kann. Falls die Partei Stimmen verlieren sollte, werden Huber und Beckstein die Schuldigen dafür in den CSU-Ortsverbänden finden. Die politische Diskussion über die Qualitäten des Führungsduos wird sich aber nicht mehr stoppen lassen. Denn bei der Wahl im Herbst geht es für die 124 Landtagsabgeordneten der CSU nicht nur um ihre Mandate, sondern auch um die Frage, ob die Hegemonie unter weißblauem Himmel weitere fünf Jahre Bestand haben wird.

© SZ vom 29.2.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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