Kabinettssitzung auf der Zugspitze:Klimagipfel im Wolkendunst

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Trotz Kritik der Opposition hat das bayerische Kabinett auf der Zugspitze getagt - und blieb trotz Weitblick ohne konkretes Ergebnis. Mit Video

Kassian Stroh

Es ist vor allem ein Tag der Symbole. "Eng ist es hier", mit diesen Worten begrüßt Edmund Stoiber sein Kabinett im kleinen Sitzungsraum des Schneefernerhauses unterhalb des Zugspitzgipfels. "Aber dafür haben wir Weitblick", ergänzt der Ministerpräsident und deutet auf das wolkenverhangene Bergpanorama hinter sich.

Weitblick, den die Staatsregierung nun auch beim Klimaschutz beweisen will, weshalb sie sich hier zu einer Klausur eingefunden hat. "In Bayern gibt es keinen besseren Platz, um über Klimaschutz zu beraten", sagt Stoiber über die auch vom Freistaat finanzierte Umweltforschungsstation.

Herauskommt bei den Beratungen des Klimagipfels aber wenig Konkretes: Die Nutzung der Wasserkraft soll ausgebaut werden, an 84 Orten sollen geothermische Probebohrungen erfolgen. Die Staatsregierung will mehr Geld in die Sanierung ihrer Gebäude stecken, auch ein eigenes Landesförderprogramm für Hausbesitzer wird erwogen - auf konkrete Zahlen will sich indes keiner festlegen.

Bis Oktober soll eine Arbeitsgruppe des Kabinetts Vorschläge machen. Ansonsten gibt es seit Dienstag einen dreiköpfigen Klimarat unter Leitung des Hamburger Meteorologen Hartmut Graßl, der die Regierung künftig berät.

"Klimaschutz statt Klimashow"

Der schlug am Dienstag gleich mal als Zielmarke vor, den jährlichen CO2-Ausstoß pro Kopf in Bayern von derzeit 6,8 auf fünf Tonnen zu reduzieren. Umweltminister Werner Schnappauf machte sich das Ziel zu eigen, Stoiber selbst zögerte. Wie zu hören ist, bremste sein Wirtschaftsminister Erwin Huber.

Umso symbolträchtiger war die Anreise zuvor. Die Minister und Staatssekretäre rauschten jeweils einzeln in dicken Limousinen zur Zahnradbahnstation Eibsee, die Dutzenden Staatskanzleibeamten auch, die Journalisten sowieso - bei etwa hundert Zugspitzfahrern geriet die Ökobilanz des Klimagipfels schon früh in eine Schieflage.

Aber wie hatte Stoiber, darauf angesprochen, schon am Vortag den Journalisten entgegnet: "Sie produzieren ja auch CO2, wenn sie hier sprechen." Auch die Grünen haben den Wert medial verwertbarer Symbole erkannt.

Hundert Meter unterhalb des Schneefernerhauses haben sie ein rotes Riesentransparent "Klimaschutz statt Klimashow" in den Schnee gelegt; darauf räkeln sich sechs Aktivisten in Eisbärenkostümen.

Die Grünen, mit zwei Kleinbussen angereist, fordern von der Staatsregierung: "Handeln statt vertagen", wie die frierende Abgeordnete Ruth Paulig sagt. Gebäude sanieren, Tempolimit auf Autobahnen, erneuerbare Energien fördern - "es ist wichtig, jetzt Maßnahmen zu beschließen", fordert Paulig. "Aber die CSU macht das Gegenteil, baut Flughäfen und Autobahnen aus."

Kein Foto vorm Bergpanorama

Dass Stoiber nur Show betreibe, dafür haben sie in den Archiven Bemerkenswertes gefunden: Bereits 2001 hatten die Grünen im Landtag per Antrag einen "Klimakontrollrat" gefordert, um die Klimaschutzpolitik der Regierung zu begleiten, durchaus ähnlich dem gestern eingesetzten Beirat. Die CSU aber lehnte das damals noch ab, Schnappauf nannte es "überflüssig": Das wäre wie Eulen nach Athen zu tragen.

Dass beim Klimagipfel keine konkreten Programme beschlossen würden, hatte selbst Stoiber im Vorfeld angedeutet. Dabei lagen dafür durchaus Vorschläge auf dem Tisch: Die Sitzungsvorlagen, die die Minister zusammengetragen haben, machten einen zehn Zentimeter dicken Papierstapel aus.

Darin einige harte Nüsse: 40 Millionen Euro etwa fordert der Innenminister für die Sanierung von Staatsgebäuden, 50 Millionen will der Landwirtschaftsminister für den nötigen Waldumbau, das wäre eine Verdoppelung.

Viel Geld würde auch die Sanierung von Schulgebäuden kosten, über die der Kultusminister nachdenkt. Der Finanzminister ist bei alledem skeptisch. Stoiber kündigte nur an, der Klimaschutz werde "zentraler Baustein" des geplanten Investitionsprogramms "Bayern 2020".

In die Bilanz gehört aber auch, dass manche Symbole gleich ganz ausfielen: Das geplante Foto des Regierungschefs vor dem Bergpanorama zum Beispiel. Weil es von Wolken verhangen war? Weil Stoiber sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, ihm komme es nur auf schöne Fotos an? Das blieb unklar, aber die Fotografen und Kameraleute waren sauer.

© SZ vom 25.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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