Interview Thomas Hacker:"Wir sind eine Partei für das ganze Volk"

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FDP-Fraktionschef Hacker über ein mögliches NPD-Verbot und wie man Wähler für liberales Gedankengut begeistern kann.

K. Auer

Neue Wählerschichten will sich die FDP erschließen. Das ist ein Ergebnis der ersten Klausur der neuen FDP-Landtagsfraktion im Kloster Benediktbeuern. Die kleinere Regierungspartei gibt sich selbstbewusst.

Thomas Hacker: "Die FDP hat immer vehement eigene Positionen vertreten." (Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Hacker, wird es Ihnen in der Koalition mit der CSU zu kuschelig?

Thomas Hacker: Auch wenn die Diskussionen in der Koalition verbindlich und höflich im Ton sind, die sachlichen Auseinandersetzungen sind kontrovers und heftig.

SZ: Aber Sie haben Ihre Klausur genutzt, um ein wenig aufzumucken.

Hacker: So eine Klausur dient natürlich dazu, eine Kursbestimmung zu machen und eigene Positionen deutlich zu akzentuieren. Das haben wir getan.

SZ: Sie fordern eine radikale Schulreform. Ohne Schulsprengel, mit eigenständigen Schulen, die miteinander konkurrieren.

Hacker: Wir haben ja schon im Koalitionsvertrag die Grundlagen festgelegt, um die Schulstrukturen zu modifizieren und das starre System aufzubrechen. Darüber hinaus haben wir natürlich ein Idealbild liberaler Bildungspolitik.

SZ: Riskieren Sie mit so weitgehenden Forderungen keinen Krach mit dem Kultusministerium?

Hacker: Wir arbeiten offen mit dem Minister zusammen und setzen gemeinsam und konsequent die Vereinbarungen um. Daneben hat ja auch die CSU ihre eigenen Schwerpunkte. Das ist in einer Koalition ganz normal.

SZ: Es gibt noch Gegensätze. Um den Rechtsextremismus zu bekämpfen, wollen Sie mehr V-Leute in die Szene einschleusen. Horst Seehofer will das Gegenteil, um die NPD verbieten zu können.

Hacker: Wir haben da ja unterschiedliche Baustellen. Ein NPD-Verbot hat nur dann Erfolg, wenn die V-Leute abgezogen sind. Andererseits ist die Beobachtung nötig. Unser Ansatz ist nicht so sehr die Repression, sondern die Aufklärung und Prävention bei jungen Menschen. Nur so können wir die Jugend schützen vor rechtsextremistischen Parolen.

SZ: Also kein NPD-Verbot?

Hacker: Nur dann, wenn es Aussicht auf Erfolg hat. Ein Verbot bewirkt ja nicht das Ende der Ideologie. Da wird nur eine Struktur zerstört, die sich dann verlagert.

SZ: Müssen Sie jetzt stärker Akzente setzen, damit Sie nicht nur als kleiner Koalitionspartner wahrgenommen werden?

Hacker: Die FDP hat immer vehement eigene Positionen vertreten. Diese Eigenständigkeit werden wir auch in einer Koalition behalten und unsere Positionen nach draußen tragen. Kleinerer Koalitionspartner zu sein, bedeutet natürlich, dass wir unser Programm nicht zu 100Prozent durchsetzen können. Aber auch die CSU muss Kompromisse hinnehmen. Unsere aktuellen Umfragewerte machen uns zuversichtlich, dass uns die Wähler als liberalen Motor und als Korrektiv wahrnehmen.

SZ: Trotzdem haben Sie bei der Landtagswahl vor allem vom Protest gegen die allein regierende CSU profitiert. Wie wollen Sie die Wähler binden, die nächstes Mal nicht wegen eines Rauchverbots empört sind?

Hacker: Für uns ist es wichtig, mit einem eigenen Programm eine breite Basis zu bekommen. Leihstimmen gibt es nicht, jeder Wähler entscheidet sich bei jeder Wahl sehr dezidiert für eine Partei. Wir müssen versuchen, dass wir die Wähler für das liberale Gedankengut begeistern und an uns binden.

SZ: Ihre Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die "thematische Verbreiterung" der FDP. Wie muss die aussehen?

Hacker: Die FDP war in der Vergangenheit in der öffentlichen Wahrnehmung fokussiert auf Wirtschaft und Finanzen. Das trifft aber schon seit eineinhalb Jahrzehnten nicht mehr zu. Wir haben uns andere Kompetenzen aufgebaut. Das sieht man ja schon daran, dass wir im Landtag den Vorsitz im Sozialausschuss gewählt haben. Liberalität ist in allen Gesellschaftsbereichen wichtig.

SZ: Das heißt, Sie wollen das Etikett von der Ärzte- und Unternehmerpartei loswerden.

Hacker: Wir wollen zeigen, dass wir viele Kompetenzen haben. Wir sind eine Partei für das ganze Volk.

© SZ vom 26.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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