Gabriele Pauli tritt aus Partei aus:Die Rebellin streckt die Waffen

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Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli hat laut Medienberichten ihren Austritt aus der CSU angekündigt. Da der neue Parteivorsitzende Erwin Huber seit Monaten nicht auf sie zugekommen sei, habe sie sich zu diesem Schritt entschlossen, sagte Pauli.

Die CSU-Rebellin Gabriele Pauli will die Partei verlassen. "Ich trete aus der CSU aus", sagte die Fürther Landrätin der Zeitschrift Vanity Fair. Da der neue CSU-Parteichef Erwin Huber seit Monaten nicht auf sie zugekommen sei und nicht auf ihre Forderungen und Vorstellungen eingegangen sei, habe sie sich zu diesem Schritt entschlossen. Sie gehe "wegen der Art und Weise, wie man sich mir gegenüber verhalten hat". Von Pauli selbst war keine Bestätigung für ihren Parteiaustritt zu erhalten.

Die Politikerin hatte mit ihrer Kritik am früheren bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber maßgeblich zu dessen Rückzug von seinen Ämtern beigetragen. Auf dem CSU-Parteitag Ende September bewarb sie sich selbst um den Parteivorsitz, erhielt aber nur 24 Stimmen (2,5 Prozent).

Ob sie eine eigene Partei gründen oder einer anderen beitreten werde, ließ Pauli offen. Beides seien Optionen: "Ich möchte einen Kreis von Menschen finden, der für eine Politik der Offenheit steht, um einem neuen Denken, das sich viele ersehnen, Kraft zu verleihen", sagte sie der Zeitschrift.

Weiter sagte Pauli, ihr Austritt sei die Konsequenz des vergangenen Jahres. In einem Brief an CSU-Chef Huber schrieb Pauli laut Vanity Fair: "Um Neuem Raum zu geben, muss man Altes loslassen. Wer sich für andere einsetzt, sollte das unabhängig vom eigenen Ansehen und Status tun. Nur so ist Politik glaubhaft. Viele Politiker in unserer Partei haben dieses Ziel aus den Augen verloren, versuchen, ihre persönliche Stellung zu wahren, und ordnen die offene Diskussion dem eigenen Machtstreben unter."

In dem Interview warf Pauli der CSU-Spitze zum wiederholten Male vor, diese habe sie ausgegrenzt. "Diese Herren haben keinen Respekt und keine Scheu, meine Meinung zu unterdrücken." Auch ihr Geschlecht habe bei der Kontroverse um ihre Person eine Rolle gespielt. Es sei für die "Herren von der CSU" leichter mit Frauen, die sich unterordnen.

"Mit mir hatten sie es schwerer. Die hatten Angst, nicht mehr mithalten zu können. Wenn man nicht nur Kompetenz, sondern auch Ausstrahlung hat, dann verunsichert das."

Pauli hatte mit ihrer Kritik an Edmund Stoiber auch zu dessen Sturz als Ministerpräsident und CSU-Chef beigetragen. Hinter "vorgehaltener Hand" seien weite Teile der CSU-Spitze schon nach der Bundestagswahl 2005 der Meinung gewesen, dass Stoiber nicht noch einmal als Spitzenkandidat zur bayrischen Landtagswahl antreten solle, sagt Pauli Vanity Fair. Nur habe das aus Karrieregründen niemand offen gesagt.

Der Streit zwischen Pauli und Stoiber eskalierte Mitte Dezember 2006, genau einen Monat, bevor Stoiber seinen Rücktritt angekündigt hatte. Damals hatte die Landrätin auf einer Vorstandssitzung der Partei Spitzelvorwürfe gegen Stoiber erhoben.

Enge Mitarbeiter des Ministerpräsidenten hätten in ihrem Bekanntenkreis herumgeschnüffelt, so Paulis Vorwurf, um Kompromittierendes über sie zu erfahren. Zu einer persönlichen Aussprache mit Pauli war Stoiber damals nicht bereit. "Sie sind nicht wichtig", hatte er die Kommunalpolitikerin wissen lassen und ihr später einen "Solotrip auf Kosten der Partei" vorgeworfen.

Freie Wähler und Grüne bieten Pauli eine neue politische Heimat

Ministerpräsident Beckstein sagte, er bedauere Paulis Schritt. Sie habe aber in den vergangenen Monaten "manches getan, was sie außerhalb des Rahmens der CSU gebracht hat". Er erinnerte an ihren Vorschlag, Ehen zeitlich zu begrenzen: "Gabriele Pauli hat sich von den Grundwerten und Grundpositionen der Partei zunehmend entfernt."

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis sagte: "Das ist kein Verlust. Frau Pauli wollte in der CSU eine dominierende Rolle spielen und hat dabei ins Leere gegriffen." Sein Kollege Hartmut Koschyk ergänzte: "Reisende soll man nicht aufhalten."

CSU-Vize Horst Seehofer bedauerte indes den Parteiaustritt Paulis. "Es ist schade, weil Frau Pauli ja über sehr lange Zeit eine sehr interessante und erfolgreiche Politikerin bei uns war", sagte Seehofer am Mittwoch dem Radioprogramm Bayern 3. Er habe Pauli immer als "sehr qualifizierte Frau" erlebt, betonte der Bundesverbraucherschutzminister.

Leider habe sich das Verhältnis von ihr zur Partei in letzter Zeit persönlich verhärtet, wozu Pauli selbst allerdings "auch einen Teil" beigetragen habe. "Ich bedauere das etwas, weil es fast ein bisschen tragisch ist", sagte Seehofer.

Enttäuschung über den Austritt war an der Fürther CSU-Basis zu hören. Der Caldolzburger Bürgermeister Bernd Obst, lange politischer Begleiter von Pauli, zeigte sich ernüchtert darüber, dass "eine der Querdenkerinnen" die Partei nun verlassen wolle. "Frau Pauli hat als Landrätin 18Jahre lang für die CSU ihre Frau gestanden - und tut das bis heute sehr gut."

Obst erfuhr erst am Mittwochnachmittag vom Parteiaustritt, ebenso wie der Fürther CSU-Landtagsabgeordnete Günther Gabsteiger, der als der politische Entdecker der Landrätin gilt. Er sei "besonders enttäuscht" vom Weg, den Pauli im vergangenen Jahr genommen habe, erklärte Gabsteiger. Allerdings sei der Austritt konsequent: "Wenn ein Paar sich nicht mehr versteht, dann muss es sich trennen - das hat Frau Pauli immer proklamiert." Gabsteiger kündigte an, Champagner auf die Nachricht vom Austritt trinken zu wollen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Markus Söder zum Austritt Paulis sagte - und wie die Freien Wähler zum möglichen Neumitglied stehen.

Europaminister Markus Söder sagte der SZ: "Frau Pauli hat mit diesem Schritt den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt." Für den CSU-Bezirksverband Nürnberg erklärte der stellvertretende Vorsitzende Richard Bartsch seine Enttäuschung über Pauli: "Nun zeigt sich, dass Frau Pauli uns monatelang ins Gesicht gelogen hat." Pauli war noch zu Beginn des Jahres als mögliche Nachfolgerin für den bisherigen CSU-Bezirkschef Beckstein gehandelt worden.

Der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, zeigt sich indes nicht abgeneigt, Pauli eine neue politische Heimat zu bieten.

"Ich mag das nicht ausschließen, sie soll halt mal Kontakt aufnehmen, wenn sie das will", sagte Aiwanger. Die Freien Wähler stünden aber "auch aus eigener Stärke so gut da, dass wir es auch ohne Pauli in den nächsten Landtag schaffen werden".

Die bayerischen Grünen zeigen sich offen für die aus der CSU ausgetretene Landrätin Gabriele Pauli. "Wenn sie bei einer Partei eintreten will, die keine Probleme mit modernen Frauen hat und über eine offene Diskussionskultur verfügt, ist sie bei uns herzlich willkommen", sagte der bayerische Grünen-Sprecher Alexander Burger. Die Partei werde aber nicht aktiv um sie werben. "Wir werden ihr jetzt kein Aufnahmeformular zuschicken, tun das aber gerne, falls sie Interesse signalisiert."

Die ÖDP hingegen will Pauli nicht haben. "Ich glaube nicht, dass die Frau Pauli zu uns passt", sagte ÖDP-Landesgeschäftsführer Urban Mangold. Sie sei in der Wirtschafts- und Umweltpolitik "eindeutig auf CSU-Kurs und der steht in krassem Gegensatz zur ÖDP-Programmatik".

Auch die SPD will mit Pauli lieber nichts zu tun haben. "Ich glaube nicht, dass Pauli politisch zur SPD passen würde", sagte SPD-Landesvize Adelheid Rupp. Es habe aber "erstaunlich lange gedauert, bis Pauli aus der Spitzelaffäre nun ihre Konsequenzen gezogen hat".

© sueddeutsche.de/SZ/dpa/AP/ddp-bay/bica/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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