Flughafen Hof:Boliden auf der Landepiste

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Künftig wird die Landepiste in Hof zur Teststrecke für Boliden. (Foto: picture alliance/dpa)

Vom Hofer Flughafen hebt nur selten ein Flugzeug ab, nun wird die für viele Millionen Euro ausgebaute Start- und Landepiste zur Trainingsstrecke für Mercedes- und BMW-Boliden - zum Unbehagen der Nachbarn.

Von Olaf Przybilla

Vielleicht wäre das ja die perfekte Kulisse für den ersten Tatort aus Franken. Das allerdings nur, falls der einen Stich ins Tragikomische bekommen soll als regionale Note. Auf einer schmalen Straße geht es nach Hof-Pirk. Man sieht: Einen verwaisten Flughafen mitten in der Landschaft. Vor der Abfertigungshalle steht ein Kaugummiautomat mit Plastikdinosauriern in Kugeln, 50 Cent das Stück. Darüber hängen irgendwelche Kabel aus der Wand. Am früheren Flugschalter stehen säuberlich allerlei Plastikstühle aufgereiht, mit den Beinen nach oben, damit man sich nicht setzen kann. Nebenan gammelt ein Airport-Restaurant in Würde vor sich hin. Soll mal richtig gut gewesen sein hier.

Auftritt: Ein Wanderer mit Hut, vor dem Airport-Gebäude. Der Mann will wissen, warum hier draußen einer rumsteht. Gegenfrage: Gingen von hier aus nicht mal Linienflüge weg? Der Mann fängt an zu kichern, als hätte er gerade einen richtig guten Gag gehört. "Gar nichts geht hier, gar nichts", sagt er feixend. "Hier hat der Freistaat nur ein paar Milliönchen in den Sand gesetzt, das geht hier." Ob man tatsächlich von hier aus einen Linienflieger habe nehmen wollen, fragt der Mann, ehe er prustend weiterzieht. Ehrlich gesagt: nein.

Vor zwei Jahren ist die letzte Linienmaschine von Hof-Pirk aus abgeflogen. Nach langem Kampf, könnte man sagen. Denn jahrelang hatte die Staatsregierung Linienflüge von Hof nach Frankfurt für absolut unabdingbar erklärt. Wie soll man denn sonst nach Hochfranken kommen, vor allem die Geschäftsleute, war sinngemäß die Frage. Außer natürlich auf der sechsspurig ausgebauten Autobahn von Nürnberg aus. Oder auf der Autobahn aus Regensburg oder der aus Leipzig. Oder der aus Dresden, schon klar. Aber sonst?

Mit mehr als 450 Euro finanzierte der Steuerzahler jeden einzelnen Passagier, der sich aus Hof oder nach Hof fliegen ließ. Bis die ersten anfingen, mal nachzuzählen, wie viele Kunden diesen steuerfinanzierten Escortservice eigentlich so in Anspruch nehmen. Stichproben bei der Morgenmaschine ergaben: manchmal nur einer. Eskortiert von etwa einem Dutzend Airport-Personal. Im Januar 2012 war dann Schluss mit der Linienfliegerei.

Zuvor allerdings hatten der Freistaat und seine kommunalen Partner in und um Hof noch mal richtig Geld in die Hand genommen, um eine komfortablere Start- und Landepiste in die Landschaft zu ziehen, den Tower zu modernisieren und Platz für 196 Parkplätze in Hof-Pirk zu schaffen. Alles in allem kostete das Investitionsprogramm gut zehn Millionen Euro. Wer einen der beiden Flughafen-Geschäftsführer auf die Hofer Piste anspricht, hört ein Schwärmen. Auf dem neuesten Stand sei diese, tadellos asphaltiert, "da fehlt es an nichts", sagt Klaus-Jochen Weidner. Was sich erfreulich anhört, für Christian Auffhammer allerdings ein ziemliches Problem zu werden droht.

Auffhammer wohnt in der Nähe des Airports. Und er kann sich gut erinnern an die Zeit, als dort morgens eine Linienmaschine landete und abends eine. Da konnte man sich einstellen auf den Lärm, sagt er. War ja übersichtlich. Jetzt soll das anders werden: Denn wenn alles so läuft, wie die Stadt sich das vorstellt, werden demnächst Rennmaschinen von Mercedes und BMW regelmäßig in Hof-Pirk Probe fahren. Auf einer, wie gesagt, tipptopp Landepiste.

Im Sommer haben die Touren-Rennwagen dort schon mal ihre Runden gedreht. Und weil alles so gut geklappt hat mit der Landepiste als Rennstrecke und dem Hangar als Autowerkstatt; und weil einer der Mercedes-Rennfahrer nach dem Training in Hof-Pirk sogar ein Wettrennen gewann, soll das im neuen Jahr nun alles verstetigt werden. Es gab zwar einen kurzen Streit um die Lärmbelästigung, die Auffhammer als "nervenzerfetzend" empfindet. Auffhammer aber hat den Kürzeren gezogen. Also dürfen die 500-PS-Wagen demnächst an 21 Werktagen im Jahr trainieren. "Wenn ich nicht so entsetzt wäre", sagt Auffhammer, "müsste ich lachen darüber."

Ein bisschen lacht er dann doch. Und zwar wenn Auffhammer - früher Lehrbeauftragter für Logistik an der Hochschule Hof - über die Geschichte des Flughafens erzählt. Wie sich dort vor etwa sieben Jahren Goldgräberstimmung breitmachte und die Piste sogar von 1480 auf 2480 Meter verlängert werden sollte, um Hof-Pirk auszubauen zum Drehkreuz für mittelgroße Ferienflieger. Wie dann aber - als die Kritik an diesen Plänen zu laut wurde - das Luftamt Nordbayern eher lakonisch feststellte, dass offenkundig gar kein Bedarf für noch mehr Fliegerei von Hof aus existiere: wo doch die Flughäfen in Nürnberg, Halle-Leipzig, Dresden, Erfurt und Karlsbad nur 110 bis 180 Kilometer von Hof entfernt lägen.

Wie dafür dann, gewissermaßen zum Trost, mächtig investiert wurde in den Hofer Airport. Und bald danach von dort der letzte Linienflieger abhob. "Und jetzt ist das hier ein Soda-Flughafen", sagt Auffhammer. Pardon? "Sagt man hier so. Der liegt eben einfach so da."

Was nicht so ganz stimmt. Denn natürlich wird Hof-Pirk inzwischen als normaler Verkehrslandeplatz für Geschäftsflieger und Sportflugzeuge genutzt, viele Städte in der Größe haben solche Landeplätze. Allerdings mit dem Unterschied, darauf legt Geschäftsführer Weidner Wert, dass Hof anders als andere Plätze in der Umgebung mit einem Instrumentenlandesystem ausgestattet ist. Und zwar deshalb, weil Pirk problematisch hoch und also häufig im Nebel liegt. Und man also ohne dieses System zu oft die Landung verweigern müsste.

Das aber macht nun auch wieder Ärger: Denn unter anderem die teure Wartung dieses Apparates bringt es mit sich, dass die Stadt Hof - der in den vergangenen Jahren selten ein genehmigungsfähiger Haushalt beschert war - in diesem Jahr auch noch mit einem Betriebskostendefizit von einer halben Million Euro belastet ist. Was Ulrike Gote, Abgeordnete der Grünen, in Rage bringt. Sie rechnet vor, dass kaum mehr als 1000 Flüge von und nach Hof gewerblicher Art sind. Die klamme Stadt Hof also für jeden Firmenflieger etwa 500 Euro zuschießen muss. "Völlig irrsinnig", sagt Gote.

Sie fordert, die Fluggebühren für Firmenflieger deutlich zu erhöhen. Geschäftsführer Weidner dagegen hofft, das Problem irgendwie anders in den Griff zu bekommen. Würden Geschäftsleute in Hochfranken "öfters vom Auto aufs Flugtaxi umsteigen", sagt Weidner, dann ließe sich das Defizit in Hof-Pirk schon verringern.

© SZ vom 23.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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