Erwin Huber im SZ-Interview:"Ich werde die Aufgabe nahtlos übernehmen"

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Er ist der Favorit für die Wahl zum Parteivorsitzenden: Der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber. Im Gespräch mit der SZ erzählt er, wie er die bundespolitische Rolle der CSU stärken will.

Sebastian Beck, Peter Fahrenholz, Hans-Jürgen Jakobs

SZ: Herr Huber, der Weg zum CSU-Vorsitz scheint für Sie frei zu sein. Frau Pauli hat sich endgültig ins Abseits manövriert, Horst Seehofer liegt in Umfragen klar hinter Ihnen. Was soll jetzt noch schiefgehen?

Erwin Huber: Ich nehme die Wahl sehr ernst und bin auch nicht übermütig. Aber ich gehe schon mit großer Zuversicht in den Parteitag, ich sehe eine gute Chance zu gewinnen, aber ich werde bis zum letzten Tag um jede Stimme werben, denn die Wahl ist geheim, und manche überlegen sich die Sache bis zum letzten Tag. Ich erbitte mir von den Delegierten einen klaren Auftrag für die Parteiführung.

SZ: Anfangs wollte die CSU eine Kampfkandidatur unbedingt verhindern. Haben Sie auch eine Weile gefürchtet, dass es wieder nicht reichen könnte für Sie?

Huber: Die Befürchtung im Februar war, dass die lange Zeit bis zum Herbst zu Frontenbildungen führt, dass die Handlungsfähigkeit der CSU beeinträchtigt werden könnte. Diese Befürchtungen haben sich Gott sei Dank als überflüssig erwiesen. Aber ich war von Anfang an entschlossen zu kandidieren.

SZ: Bisher waren Sie immer die rechte Hand von anderen: erst von Theo Waigel, dann von Edmund Stoiber. Wie schwer wird Ihnen nach so langer Zeit der Rollenwechsel vom Knecht zum Herrn fallen?

Huber: Ein CSU-Generalsekretär agiert weitgehend selbständig, und ich bin jetzt seit 1994 Staatsminister in eigener Verantwortung. In der Partei habe ich schon seit langem Führungsverantwortung als Bezirksvorsitzender von Niederbayern. Ich habe, alles zusammengenommen, in der CSU seit 30 Jahren Erfahrung in Führungsaufgaben. Ich habe immer politische Gremien geleitet.

SZ: Sie sind jetzt seit 13 Jahren an der Seite von Edmund Stoiber. Sind Sie nicht damit der Kandidat des "Weiter so"?

Huber: Mit Sicherheit nicht. Aber wir brauchen auch keine Revolution, die CSU steht weder vor einem Godesberg, noch befindet sie sich in einer Sackgasse. Wir haben insgesamt eine starke Partei. Für mich werden Kontinuität und Erneuerung das Grundprinzip sein. Eine Partei, die in den Meinungsumfragen zwischen 52 und 58 Prozent liegt, die braucht keine grundlegende Erneuerung. Die muss sich kontinuierlich weiter entwickeln, um Brüche zu vermeiden, Stammwähler zu halten und neue Wähler zu gewinnen.

SZ: Es gibt in der CSU Stimmen, die Ihnen eine persönliche Mitschuld am schlechten Wahlergebnis von 2005 geben. Sie waren der Architekt eines klar neoliberalen Wahlprogramms. Wird es bei diesem Kurs bleiben?

Huber: Das war ein erfolgreiches Wahlprogramm...

SZ: ...nur das Ergebnis hat leider nicht gepasst...

Huber: ...nein, nein. Das Wahlprogramm hat zunächst einmal die Aufgabe, die Wahl zu gewinnen. Und wir sind jetzt in der Regierung. Zweitens geht es darum, für die Regierungszeit Akzente zu setzen. Die Erfolge der Großen Koalition in den vergangenen zwei Jahren beruhen im Wesentlichen auf den Impulsen, die aus der Union kommen. Ich kann für mich in Anspruch nehmen, an einem Programm mitgewirkt zu haben, das die Grundlage für den Erfolg dieser Regierung gelegt hat.

SZ: Also ist die interne Kritik an Ihnen unberechtigt?

Huber: Das Wahlprogramm ist von beiden Parteivorständen nahezu einmütig verabschiedet worden. Ich bekenne mich zu meiner Mitautorenschaft und bin auch stolz darauf.

SZ: Wo sind Ihre neuen Akzente? Wo muss sich die CSU unter Ihrer Führung modernisieren?

Huber: Unser Grundprinzip ist es, eine moderne, wertkonservative Volkspartei zu sein, die das Lebensgefühl der Bayern verkörpert. Selbstverständlich müssen wir noch mehr Frauen und junge Leute in die politische Verantwortung holen. Und wir müssen künftig die Fragen von Klima- und Umweltschutz noch klarer mit der wirtschaftlichen Entwicklung in eine Balance bringen.

Wir müssen sehen, dass es für die Menschen in besonderer Weise auf die Frage nach Sicherheit ankommt. Sicherheit für die Menschen heißt: innere und äußere Sicherheit, heißt aber auch Sicherheit vor den schwer abzuschätzenden Folgen der Globalisierung und den Stürmen des technologischen Fortschritts. Die Menschen fühlen sich hier häufig ohnmächtig.

SZ: Mit einem Tandem Beckstein/Huber werden beide Spitzenleute in München sitzen. Werden Sie der Parteivorsitzende werden, der die CSU zur Provinzpartei macht?

Huber: Erstens einmal ist Bayern nie Provinz. Mir ist natürlich schon klar, dass es Kräfte in Berlin gibt, die den Einfluss der CSU schmälern wollen...

SZ: ...auch in der Union...

Huber: ...ja, auch in der Union.

SZ: Ärgerlich.

Huber: So ist die Politik nun mal. Da geht's immer auch um Macht und Einfluss. Ich habe gesagt, die nächsten zwei Jahre werde ich hier bleiben, weil wir da insgesamt vier Wahlen zu bestehen haben. Da ist es gut, nah bei den Wählern zu sein und die Partei zu motivieren. Ich habe gleichzeitig ausdrücklich gesagt: 2009 bin ich bereit, in die Bundespolitik zu gehen. Damit ist die Balance wieder hergestellt. Eigentlich ist es nahezu eine Idealkonstellation.

SZ: Da sind Sie fast der Einzige, der das so sieht.

Huber: Ich sehe es aber so. Wir haben vier Wahlen zu bestehen, da ist es gut, wenn der Parteivorsitzende nahezu jeden Tag in Bayern ist. Unser bundespolitisches Gewicht hängt nicht an der Schlitzohrigkeit oder Schlauheit von Einzelnen, sondern hängt vom Wahlergebnis in Bayern ab. Das gibt uns unser Gewicht. Wir werden meiner Meinung nach bei der Landtagswahl 2008 ein Ergebnis haben, bei dem die CDU aufhorchen wird.

SZ: Was wollen Sie denn als CSU-Chef in Berlin als erstes einbringen, sozusagen vom Katzentisch der Macht aus?

Huber: Der CSU-Vorsitzende und der CSU-Landesgruppenchef sind gleichberechtigte Partner in der Koalitionsrunde. Da werden die Gespräche im Oktober weitergehen, und ich werde diese Aufgabe nahtlos übernehmen. Ich brauche keine Lehrzeit in Berlin, ich bin ja nicht ein reiner Landesminister, ich bin seit zwei Jahrzehnten auch immer ein Bundespolitiker gewesen. Ich habe schon bei den Koalitionsverhandlungen 1990 und 1994 mitgewirkt. Es ist mir kein Thema der Bundespolitik fremd. Ich kann in allen wichtigen Fragen mitreden.

SZ: Der Koalitionsausschuss tagt alle paar Wochen mal. Die wichtigen Entscheidungen werden aber im Kabinett ausgeknobelt. Die CSU ist der kleinste Partner in diesem Kabinett. Wäre es da nicht doch besser, sofort nach Berlin zu gehen, um mit dabei zu sein?

Huber: Nein. Der Koalitionsausschuss ist das wichtigste Gremium. Natürlich fallen viele Detailentscheidungen im Kabinett. Deswegen werde ich auch häufig bei der Landesgruppe zu Gast sein.

SZ: Sicher immer hochwillkommen, so wie Stoiber.

Huber: Genau. Wieso haben Sie da Zweifel? Viele Bundestagsabgeordnete unterstützen mich jetzt schon, und die anderen werden das künftig loyal tun. Ich werde jedenfalls häufig bei der Landesgruppe sein. Ich kenne den Peter Ramsauer lange und die anderen Mitglieder auch. Ich fliege ja nicht von einem anderen Stern ein. Ich komme aus der Mitte dieser Partei.

SZ: Die Gastfreundschaft der Landesgruppe ist eine ganz besondere. Da ist man freundlich, wenn der Gast da ist. Und wenn er weg ist, heißt es: Eigentlich können die es in München nicht, wir sind da schon die Schlaueren.

Huber: Dass gelegentlich Scherze gemacht werden, weiß man natürlich. Aber ich habe keinen Zweifel, dass ich als Parteichef auch in der Landesgruppe positiv aufgenommen werde.

SZ: Ein Landesminister als Parteichef, ist das nicht arg wenig? Müssten Sie nicht zumindest Fraktionschef im Landtag werden? Dann wären Sie unabhängiger von Beckstein.

Huber: Was ich in der Landespolitik in den nächsten zwei Jahren mache, wird sich bei der Regierungsbildung entscheiden. Ich bin da offen für verschiedene Funktionen. Wir werden das so gestalten, dass es wenig Friktionen gibt.

SZ: Das heißt, es muss nicht unbedingt ein Ministeramt sein?

Huber: Ich bin nicht fixiert auf ein bestimmtes Amt. Das kann in der Staatsregierung oder sonst eine Funktion sein.

SZ: Also werden Sie CSU-Fraktionschef?

Huber: Ich bin da offen. Wir werden das miteinander entscheiden. Ich bin mir mit Günther Beckstein einig, dass wir als Doppelspitze das Miteinander pflegen. Da braucht keiner Angst zu haben vor einem Nase-vorn-Spiel.

SZ: Werden Sie als neuer CSU-Chef einen Generalsekretär aus der Berliner Landesgruppe berufen oder wollen Sie weiter mit Markus Söder arbeiten?

Huber: Markus Söder hat gute Arbeit gemacht als Generalsekretär. Es ist kein Geheimnis, dass Markus Söder bereit ist, in das bayerische Kabinett einzutreten. Ich werde erst nach der Regierungsbildung dem Parteivorstand einen Vorschlag unterbreiten. Es gibt wenige in der CSU, die die Stellenbeschreibung für den Generalsekretär so gut kennen wie ich.

Es kommt auf die Persönlichkeit an, auf Kommunikationsfähigkeit, auf Organisationstalent, auf Kreativität. Ich habe fünf Namen im Kopf, da sehen Sie, wie groß die Auswahl ist.

SZ: Warum wäre denn Ihr Konkurrent Horst Seehofer der bessere Parteichef?

Huber: Diese Gedanken mache ich mir nicht. Der Parteitag entscheidet darüber, wie der Weg des Erfolgs am besten fortgesetzt werden kann. Mein Vorteil ist sicher, dass ich aus der Mitte der Partei komme und sie gut kenne.

SZ: Das spricht für Sie. Aber was spricht für Seehofer?

Huber: Natürlich hat er herausgehobene Fähigkeiten, um unsere Politik zu vertreten. Er ist ein exzellenter Kenner der Sozial- und Agrarpolitik. Die CSU kann und darf auf einen solchen Leistungsträger nicht verzichten. Ich habe deshalb schon in Wildbad Kreuth den Kontakt zu ihm gesucht und gesagt, dass ich kandieren und einen sauberen Wahlkampf führen will und im Falle meiner Wahl die Position der Bundesminister nicht antasten werde.

SZ: Das heißt, Sie werden ihn bei diesem Parteitag zum ersten Mal selbst mitwählen - als Ihren Stellvertreter?

Huber: Ich habe Horst Seehofer schon so oft gewählt. Aber im ersten Wahlgang werde ich ihn diesmal nicht wählen. Aber im zweiten dafür mit Überzeugung.

© SZ vom 25.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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