Eklat um CSU-Bürgermeister:"Stalin hätte auch angegriffen"

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Wegen relativierender Äußerungen über Deutschlands Kriegsschuld und die Mitgliedschaft in einem umstrittenen Orden ist der Leipheimer Bürgermeister Christian Konrad in die Kritik geraten.

Mike Szymanski

Der Leipheimer Bürgermeister Christian Konrad (CSU) hat die Schuld Deutschlands am Beginn des Zweiten Weltkrieg in der jüngsten Stadtratssitzung relativiert und damit einen Eklat ausgelöst.

Der Leipheimer Bürgermeister Christian Konrad macht durch rechte Äußerungen von sich reden. (Foto: Screenshot: Stadt Leipheim)

Die Günzburger Zeitung zitiert Konrad mit den Worten: "Stalin hätte auch angegriffen." Konrad habe sich zudem auf einen Autor berufen, dessen Thesen in rechten Kreisen sehr verbreitet sind.

Die Diskussion, in deren Verlauf es zu Konrads Entgleisung kam, hatte sich an dessen Mitgliedschaft in der "Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger" entzündet. Wie kürzlich bekannt wurde, ist Konrad als Landesgruppenleiter in Baden-Württemberg für den Verein tätig, dessen Mitglieder in Erinnerungen an die Wehrmacht und die Waffen-SS schwelgen.

Die SPD in Leipheim hält Konrad als Bürgermeister für nicht mehr tragbar. In der CSU schwindet der Rückhalt. Konrad sagte: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen."

Rechtsextreme Verehrung

Im Mai hatte die Leipheimer SPD die Dienstaufsicht am Landratsamt wegen Konrads Mitgliedschaft im Orden der Ritterkreuzträger eingeschaltet. Zwar ist der Verein weder verboten, noch wird er vom Verfassungsschutz beobachtet.

Aber in rechtsextremen Kreisen werden die hochdekorierten Veteranen verehrt. "Die Mitgliedschaft in dem Verein lässt sich mit dem Bürgermeisteramt nicht vereinbaren", sagte Dieter Ammicht, Chef der SPD-Fraktion.

Konrad sei in der Vergangenheit nicht wegen rechtsextremer Positionen aufgefallen, erklärte Ammicht. "Er macht eigentlich einen guten Job." Auch seine CSU-Parteifreunde wussten angeblich nichts von Konrads Mitgliedschaft bei den Ritterkreuzträgern.

"Wir haben erst jetzt davon erfahren", sagte der Vorsitzende der Leipheimer CSU, Volkhard Schreiner. Bislang hatten die Parteifreunde Konrad in Schutz genommen. Ihm könne keine "rechtsextreme Haltung" unterstellt werden, hieß es. Auch CSU-Kreischef Alfred Sauter sah keinen Anlass, sich von Konrad zu distanzieren.

Seit dessen Ausfall im Stadtrat schwindet aber der Rückhalt spürbar. Schreiner sagte: "Konrad muss klar Position beziehen, wo er steht." Der CSU-Chef hält zudem eine Entschuldigung für angebracht, schließlich habe Konrad Vorbildfunktion.

Konrad erwägt Austritt

Er erwartet, dass der Bürgermeister sein Engagement für die Ritterkreuzträger beendet. "Es wäre für alle eine Erleichterung, wenn er seine Funktionen dort niederlegt."

Offenbar erwägt Konrad dem Druck nachzugeben und aus dem Verein auszutreten. Er sagte am Montag im Gespräch mit der SZ: "Ich mache mir Gedanken, inwieweit eine weitere Mitgliedschaft in der Ordensgemeinschaft noch sinnvoll ist."

Bislang hatte er immer erklärt: "Ich sehe die Gemeinschaft als rein soldatische Vereinigung an." Privat sei er an militärhistorischen Themen interessiert und deshalb Mitglied.

Zu seiner umstrittenen Äußerung im Stadtrat sagte er, er habe die Verantwortung Deutschlands am Kriegsbeginn nicht in Frage gestellt. In einem Nebensatz habe er angemerkt, dass auch Stalin Kriegsvorbereitungen getroffen habe. Konrad sagte: "Ich bin Demokrat." Für eine Entschuldigung sehe er keinen Anlass.

© SZ vom 10.6.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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