Bayerischer Hausärztechef:Dr. Spartakus tritt ab

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Hausärzte-Chef Hoppenthaller hat nicht nur das Tischtuch zwischen den Hausärzten und den Kassen zerschnitten, er hat die ganze Tafel zertrümmert. Die bayerischen Hausärzte werden bald erkennen, dass sie dieser Kampf viel Geld kosten wird.

Guido Bohsem

Auf den Rausch folgt der Kater. Das Aufwachen nach der gescheiterten Revolte von Nürnberg muss für die bayerischen Hausärzte sehr schmerzhaft sein. Durch ihr "Nein" zur kollektiven Rückgabe der Kassenlizenz ist ihnen jetzt auch der Vorsitzende abhanden gekommen. Wolfgang Hoppenthaller tritt zurück, nachdem es ihm zum dritten Mal nicht gelungen ist, seine Kollegen aus dem System der Kassenärztlichen Vereinigung zu treiben. Zu viel Schaden hat dieser Spartakus des Doktorenstandes bei diesem letzen Versuch angerichtet.

Der Chef der bayerischen Hausärzte Wolfang Hoppenthaller tritt zurück. (Foto: dpa)

Die bayerischen Hausärzte werden spätestens im nächsten Quartal erkennen, dass sie der Kampf ihres Vorsitzenden sehr viel Geld kosten wird. Ein neuer Hausarztvertrag wird deutlich schlechter honoriert sein als der alte. Die Kassen konnten diesen auch deshalb frist- und sorglos kündigen, weil Hoppenthallers Konfrontationskurs ihnen die rechtliche Handhabe dazu geliefert hatte. Hoppenthaller hat nicht nur das Tischtuch zwischen sich und den Kassen zerschnitten, er hat die ganze Tafel zertrümmert. Undenkbar war es deshalb, dass dieser Mensch sich Anfang 2011 hinsetzt und über ein neues Vertragswerk verhandelt.

Hoppenthaller hat mit seiner Aktion aber nicht nur den bayerischen Hausärzten geschadet, sondern denen in ganz Deutschland. Dass ausgerechnet die am besten verdienenden Hausärzte der Republik am lautesten über die Honorare klagen, dürften weder die Kollegen noch die Patienten verstehen - zumal die Hausärzte in vielen Bundesländern von den jüngsten Honorarsteigerungen deutlich profitiert haben. Der abgeblasene Aufstand von Nürnberg wird keine Nachahmer in anderen Teilen Deutschlands finden; aus organisatorischen Gründen nicht, und auch nicht aus inhaltlichen.

Wolfgang Hoppenthaller hatte seinen Verband zu einer geschlossenen und kampfstarken Einheit geformt. Keinem seiner Kollegen in den anderen Bundesländern ist dies auch nur annähernd gelungen. Auch weil sie moderater eingestellt sind, überwiegt in den anderen Verbänden die Einschätzung, dass es vernünftiger ist, Veränderungen innerhalb des Systems zu betreiben. Wer die Brocken einfach hinschmeißt, kann sich schnell ins Unrecht setzen, so lautet die allgemeine Erkenntnis.

Dass das Bundesgesundheitsministerium nun in Aussicht stellt, die Interessen der niedergelassenen Ärzte bei der anstehenden Honorarreform zu berücksichtigen, mag die Mediziner in ganz Deutschland für den Augenblick friedvoll stimmen. Ausgefochten ist der Strauß jedoch noch lange nicht. Im Gegenteil, der Streit wird härter. Denn das Geld, das die Mediziner permanent verlangen, ist einfach nicht da. In ihren Forderungen zurückstecken wird die Ärzteschaft deshalb natürlich nicht. Schon jetzt ist deshalb abzusehen, dass es 2011 zu enormen Konflikten in der Gesundheitspolitik kommen wird - massenhafte Streiks der Ärzteschaft und der Klinik-Belegschaften eingeschlossen.

© SZ vom 24.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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