Volvo C70:Eleganz in Zeiten der Klappdach-Hintern

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Gute Sitze und viel Platz: Von allen so genannten Cabrio-Coupés ist Volvo mit dem neuen C70 ein ausnehmend elegantes gelungen.

Johannes Riegsinger

Eine gute Nachricht zuerst: Nicht mehr lange, dann sehen die Blechdach-Cabrios beinahe so gut aus, wie die guten, alten Stoffdach-Kollegen. Grund zur Hoffnung gibt hier vor allem das neue Volvo C70 Cabriolet, das mit einem dreiteiligen Metalldach die Gesetze der Raumausnutzung zumindest recht ansehnlich überlistet.

Unter dem volumenmäßigen Diktat des immer beliebteren Blechdachs verwandeln sich die ehemals zarten Cabrio-Popos seit geraumer Zeit ja in ausladende Hinterschinken, das eine oder andere Exemplar ist selbst noch mit dem Etikett "Geschwür" wohlwollend beschrieben.

Eisernes Diktat der Ratio

Es ist aber nicht nur die schlanke Taille, die unter dem Klapp-Blech stöhnt, sondern die komplette schöne Linie. Einmal ganz pauschal: Blechdach-Cabrios leiden unter einer schiefen Proportion und auch sonst allerhand Beulen.

Dass das die Cabrio-Kundschaft anscheinend nicht zu stören scheint, muss wohl irgendwo im Spannungsbereich zwischen dem romantisierenden Drang zum Frischluft-Mobil einerseits und dem eisernen Diktat der Ratio andererseits liegen. Tatsache ist jedenfalls, dass derzeit kaum ein Autohersteller gegen das Wehklagen und Drohen der eigenen Vertriebsabteilung ankommt: Die Blechdächer verkaufen sich, Stoffdächer gelten dagegen als rückständig.

Unter diesem Druck versucht man einfach aus der Not eine Tugend zu machen, schwärmt von "Coupé und Cabrio in einem" - dabei sind das ja atmosphärische Todfeinde: Ein überzeugter Coupé-Mensch findet Cabrios etwa so begehrenswert wie Vogelgrippe, und umgekehrt. Unterdessen wird sowohl an der Design- wie an der Technik-Front mit Feuereifer am nächsterträglicheren Hartdach-Cabrio gefeilt.

Dieser Preis geht nun mit großem Abstand an das Volvo C70 Cabrio: Zwar dräut in der reinen Seitenansicht immer noch eine ungebührliche Menge Metall im Heckbereich, diese Irritation ist in allen anderen Perspektiven aber nicht vorhanden und sowieso mit einmal Augenreiben wegmassiert. Wohlgemerkt, wir reden hier vom "Coupé-Betriebszustand".

Das Ladevolumen des C70 kann sich sehen lassen

Mit offenem Dach ist der C70 einfach nur ein richtig elegantes Auto. Auch die anderen gerne mitgenommenen Fettnäpfchen der bis dato bekannten Blechdach-Wettbewerber umgeht der C70 mit großem Geschick: Statt in der zweiten Sitzreihe mehr oder weniger getarnte Schwiegermütter-Folterstühle zu präsentieren, bietet der neue Volvo gute Platzverhältnisse und - tatsächlich - vier vollwertige Sitzplätze.

Die Beinfreiheit im Fond ist sogar größer als bei den klassischen Stoffdach-Cabrios in direkter Augenhöhe (Audi A4, BMW Dreier und Saab 9-3).

Das empört-ungläubige Raunzen der Stoffdach-Patrioten und Blech-Skeptiker nimmt bei einem Blick in den Kofferraum sogar noch zu: Das Ladevolumen des C70 von 400 Liter bei geschlossenem und 200 Liter bei geöffnetem Dach, kann sich sehen lassen. Hinzu kommt, dass sich das im Kofferraum verstaute Dach für Beladungsfälle etwas anhebt, um den Briefkastenschlitz darunter auf Aktentaschengröße zu erweitern.

Das funktioniert immer noch ziemlich mühselig und ungefähr so unsperrig wie ein Elchgeweih, aber der ingeniöse Sturm auf die packtechnischen Nachteile des Blechdachs feiert sichtbar Erfolge. Der Trick: Das Dach ist nicht wie bei den bisher bekannten Varianten zweiteilig ausgeführt, sondern dreiteilig.

Kaum Defizite nachzuweisen

Drei kurze Segmente falten sich - in spektakulär eingegrätschtem Doppel-Rittberger - einfach schlanker als zwei lange, und ermöglichen so im Umkehrschluss wiederum einen längeren Dachbogen, der einer eleganten Linie zugute kommt.

Dem attraktiven C70 sind also kaum Defizite nachzuweisen. Das Volvo-typische Sicherheitssystem mit bei drohendem Überschlag ausfahrbaren Kopfstützen hinten sowie die ausgetüftelte Crash-Struktur der Karosse machen den C70 zu einem typischen Schweden, die Funktionalität ist - bis auf die etwas klein geratenen Knöpfe im Cockpit - ausgezeichnet.

Zum Auftakt im Frühjahr stehen drei Antriebsquellen auf dem Programm: ein Fünfzylinder-Benzinmotor mit 2,4 Liter Hubraum und 140 PS, ein 2,5-Liter mit 170 PS und ferner eine Turboversion des 2,5-Liter-Triebwerks mit 220 PS. Kurze Zeit später folgt ein 2,5-Liter-Turbodiesel mit 180 PS.

Mit Preisen zwischen 33 300 und 41 200 Euro ist der Volvo definitiv fair gepreist.

Auch wenn der neue C70 seinen Weg machen wird - eine kleine Gedenkminute haben seine Vorgänger, das wunderschöne, alte C70 Coupé und das kritiklos elegante Cabrio der letzten Generation trotzdem verdient.

© SZ vom 11.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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