Verkehrssicherheit:Der Große Bruder fährt mit

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Fahranfänger sind für 22 Prozent aller Unfälle verantwortlich. Ein neues Projekt einer Versicherung soll junge Autofahrer zu regelgerechtem Verhalten erziehen.

Marion Zellner

Mit erschreckender Regelmäßigkeit belegen Jahr für Jahr junge Fahrer einen Spitzenplatz in der Unfallstatistik. Zwar sinkt die Anzahl der mit dem Auto verunglückten 18- bis 24-Jährigen, parallel zum Gesamttrend, kontinuierlich, doch stechen diese sieben Jahrgänge immer wieder besonders negativ hervor. Dabei sind besonders die Jüngeren zwischen 18 und 21 Jahren Hauptverursacher bei Auto-Unfällen mit Personenschaden.

Fahranfänger sind für 22 Prozent aller Unfälle verantwortlich. Dieses Schild steht in Karlsruhe. (Foto: Foto: dpa)

Um das Risiko der Fahranfänger zu minimieren, wurden schon zahlreiche Aktivitäten unternommen: Zum Beispiel soll der Führerschein auf Probe seit nunmehr exakt 20 Jahren Fahrnovizen zu regelgerechtem Fahren zwingen. Wer sich schwerwiegendes Fehlverhalten zu Schulden kommen lässt, verlängert nicht nur die Probezeit, sondern muss an einem Aufbauseminar teilnehmen. Wiederholungstäter müssen nicht nur zur verkehrspsychologischen Beratung, in letzter Konsequenz kann der Führerschein entzogen werden.

"Belohnung durch Kontrolle"

Allerdings sind drohende Strafen nur eine Möglichkeit, zu sicherem Verkehrsverhalten zu erziehen. Das Institut für Verkehr und Umwelt (IVU) der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg begleitet von Januar 2007 an wissenschaftlich eine Idee der WGV-Versicherung, die dem Motto "Belohnung durch Kontrolle" folgt. 18- bis 21-jährige Fahranfänger können sich eine GPS-gestützte Box einbauen lassen, die bei Tempoüberschreitungen den Fahrer akustisch wie optisch warnt. Fährt er weiterhin zu schnell, gibt es Strafpunkte.

"Nimmt jemand aus der Zielgruppe an unserem Projekt teil, räumen wir bei Vertragsabschluss 30 Prozent als Vertrauensrabatt auf die sonst übliche Prämie ein", erklärt Achim Schweizer, Abteilungsleiter Kfz bei der WGV. Allerdings muss der Teilnehmer zunächst etwa 500 Euro für die Box und deren Einbau investieren.

Beträgt eine typische Jahresprämie für einen jungen Fahrer, dessen Wagen auf Vater oder Mutter zugelassen ist, laut Achim Schweizer rund 1000 Euro, könnte der Fahranfänger in den zwei Jahren, die das Projekt zunächst laufen soll, etwa 600 Euro sparen. Vorausgesetzt er hält sich an die Tempolimits.

Raserei sorgt für Unfälle

"Tempoüberschreitungen machen uns gerade bei jungen Fahrern große Sorgen", so Günter Sabow, Vorsitzender des IVU. Nicht angepasste Geschwindigkeit ist nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes mit 22 Prozent auch die Hauptunfallursache der jungen Autofahrer.

Anhand gespeicherter Navigationsdaten weiß das von Hewlett-Packard entwickelte System, wo der Fahrer mit seinem Wagen gerade unterwegs ist und wie schnell er dort fahren darf.

"So können etwa 80 Prozent der Temporegelungen begleitet werden", so Sabow. Die Aufgabe des IVU besteht darin, die gesammelten Daten auszuwerten, um am Ende der Projektphase sowohl die Erfahrungen mit der neuen Technik auszuwerten als auch eine Empfehlung abzugeben, ob Tempoüberwachung im Auto riskantes Fahrverhalten tatsächlich reduziert.

Anonymisierte Daten

Das Thema Datenschutz sieht Achim Schweizer gelöst, denn die Wissenschaftler bekommen ausschließlich "anonymisierte Daten, die mit keiner bestimmten Person in Verbindung gebracht werden können".

Zudem würden die Probanden vor Vertragsabschluss über Bestimmungen und Regeln informiert. Darin sei auch festgehalten, nach welchem System die Strafpunkte verteilt werden und ab welchem Stand der Versicherte den zuvor eingeräumten Bonus zurückerstatten müsste.

Allerdings arbeite man derzeit diese Einzelheiten noch exakt aus. Zudem sei laut Schweizer gewährleistet, dass der Fahrer jederzeit seinen Punktestand abfragen könne, um durch künftig regelkonformes Verhalten auch Punkte wettzumachen. Und selbstverständlich sei, dass die aufgezeichneten Daten weder zur Be- noch zur Entlastung des Fahrers von Polizei oder Anwalt genutzt werden dürfen.

© SZ vom 4. November 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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