Technik: Porsche Cayenne Hybrid:Grüngut aus Zuffenhausen

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Porsche hat verstanden: Ohne Öko geht es nicht. Die Sportwagenbauer versuchen nun, ihre üppig motorisierten Autos auf weniger Verbrauch zu trimmen - per Hybrid-Konzept.

Von Jürgen Wolff

Man muss nur lange genug im Familienalbum blättern, dann findet man für fast alles eine Tradition. Porsche hat bis zum Jahre 1901 zurück geblättert - und den Lohner-Porsche "Mixte" entdeckt. Das besondere an dem roten Zweisitzer, den Ferdinand Porsche für den Wiener Autobauer entwarf: Er fuhr mit einer Art einfachem Hybridantrieb. Der 16 PS starke Vierzylinder war nicht mit der Antriebsachse, sondern mit einem 80-Volt-Dynamo gekuppelt. Der lieferte dann den Strom für die beiden in den Vorderrädern eingebauten Radnaben-Elektromotoren.

Durchgesetzt hat sich dieses Konzept nie. Und nicht nur Porsche, auch der Rest der der deutschen Automobilindustrie hat 100 Jahre gebraucht, bis man sich nun ernsthaft wieder mit dem Thema Hybrid beschäftigt. Jetzt aber ist für Porsche klar: "Wir werden den Wunsch der Kunden nach einem Hybridantrieb bis zum Ende dieses Jahrzehnts beim Cayenne und dann beim viersitzigen Gran Turismo Panamera erfüllen können," bestätigt der zuständige Projektleiter Michael Leiters nun offiziell, was bislang nur fundierte Spekulationen waren.

Das gemeinsam mit Volkswagen und Audi entwickelte Konzept, dass auch dort nahezu Eins zu Eins umgesetzt werden soll, ist nach wie vor eher ein Kind der Notwendigkeit denn der tiefsten Überzeugung. Notwendigkeit deshalb, weil Porsche laut Leiters mit den bisherigen Optimierungen "speziell bei der Entwicklung von Motoren für großvolumige Oberklassefahrzeuge an physikalische Grenzen" gestoßen ist.

Porsche will nicht mehr der Buhmann sein

Und auch in Zuffenhausen kommt man nicht um die Erkenntnis herum, "dass die Sensibilität der Käufer hinsichtlich der Umweltverträglichkeit ihrer Fahrzeuge künftig erheblich zunehmen und sich ihr Kaufverhalten entsprechend verändern wird". Gerade Porsche müsse als Premiumhersteller entsprechende verbrauchs- und emissionsarme Antriebe anbieten, glaubt Leiters, "da sonst die soziale Akzeptanz auch einer starken Marke wie Porsche zu bröckeln beginnt." Anders gesagt: Porsche will nicht mehr der Buhmann sein für die Öko-Verbände.

Da habe auch nicht abgeschreckt, "dass bis heute kein Hersteller mit Hybridantrieben Geld verdient haben dürfte," sagt Leiters. Nicht einmal die Hybrid-Vorreiter bei Toyota. Leiters Rechnung: "2006 verkaufte Toyota weltweit insgesamt knapp neun Millionen Fahrzeuge - davon rund 300.000 mit Hybridantrieb." Langfristig schätzt man bei Porsche das Marktpotenzial für Hybridfahrzeuge hierzulande auf rund fünf Prozent.

Porsche/VW/Audi setzt - anders als Toyota - bei der Entwicklung auf den "Parallel-Full-Hybrid": Verbrennungsmotor, Hybridmodul und Getriebe sitzen bei den Zuffenhausenern an einem Antriebsstrang. Der Wechsel zwischen den Betriebsarten geschieht über eine Trennkupplung, die zusammen mit dem Elektromotor in dem Hybridmodul untergebracht ist. Die Kupplung sorgt für das automatische Zu- und Abschalten des Verbrennungsmotors und über eine komplizierte Steuerung für seinen schnellen und komfortablen Start.

Gebremst wird in weiten Teilen über den 54 PS starken Elektromotor, der dann zum Generator wird und die Verzögerungsenergie in eine 288-Volt-Batterie einspeist. Die ist im Heck in der Reserveradmulde untergebracht und besteht aus 240 Zellen. "Rekuperatives Bremsen" ist derzeit ein Lieblingswort der Porsche-Techniker. Die dabei gewonnene und in der Batterie gespeicherte Energie kann dann dazu genutzt werden, um ausschließlich mit Elektromotor zu fahren oder den Verbrennungsmotor mit ihm zu unterstützen.

Die Batterie mit den Maßen 347x633x291 mm ist ein ziemliches Schwergewicht und trägt fast zur Hälfte der rund 150 Kilogramm Mehrgewicht des Hybrid-Cayenne bei. Und ebenso hitzig wie empfindlich ist sie auch noch - beim Be- und Entladen entsteht durch ihren inneren Widerstand kräftig Wärme. Mehr als 50º Celsius dürfen es aber nicht werden, weil sonst die Lebensdauer, die auf einen kompletten Fahrzeug-Lebenszyklus von mindestens 200.000 Kilometer ausgelegt ist, rapide abnimmt. Also wird über ein Lüftungssystem kühle Luft aus dem Fond durch die Batterie gesaugt.

Mit Tempo 120 über die Autobahn segeln

Die Zuffenhausener sehen in dem Parallel-Konzept nur Vorteile. Die Hybridkomponenten sind in hohem Maße kompatibel zu der bestehenden Grundplattform des Cayenne. Einschränkungen etwa beim Ladevolumen oder Allradantrieb sind so nur minimal. Zudem schafft man mit dem Konzept bei Autobahn- und Überlandfahrten höhere Einsparungen als bei anderen Konzepten. Bis zu Tempo 120, verspricht Porsche, kann man gar völlig auf den Verbrennungsmotor verzichten - "segeln" nennen das die Motorenentwickler. Und nicht zuletzt: "Das Konzept passt einfach besser zu uns, weil wir damit im Vergleich zum konventionellen Cayenne-Modell die Beschleunigung und Elastizität noch einmal deutlich verbessern."

Bei weniger Verbrauch: Derzeit haben die Porsche-Ingenieure den Durst des 3,6-Liter-Motors auf 9,8 Liter pro 100 km heruntergeschraubt. Der aktuelle V6-Cayenne schluckt für diese Distanz dagegen noch satte 12,9 Liter Superplus. Das Ziel der Techniker, wenn der Hybrid-Cayenne auf den Markt kommt, sind 8,9 Liter. 62% der Betriebszeit, so haben die Verbrauchsfahrten auf den Straßen in und um Stuttgart ergeben, fährt der Hybrid-Cayenne ohne Verbrennungsmotor.

Dazu reicht es allerdings nicht aus, einfach Verbrennungsmotor, Elektromotor, Trennkupplung und Automatikgetriebe (den Hybrid wird es nur als Automatikversion geben) hintereinander zu schrauben - auch eine ganze Reihe weiterer technischer Komponenten mussten an das Hybridkonzept angepasst werden.

Lenkunterstützung mit Porsche-Feeling und Bremskraftverstärker gehören ebenso dazu wie die Klimaanlage oder die Ölpumpe des Automatikgetriebes. Bei einem normalen Cayenne werden sie auch im Leerlauf vom Verbrennungsmotor bei kleiner Drehzahl in Betrieb gehalten. Beim Hybrid gibt es keinen Leerlauf - aus ist aus.

Die Systeme brauchen entsprechend eine eigene Stromversorgung und zum Teil eigene kleine Elektromotoren mit Stand-By-Modus. Bei der Lenkung etwa sorgt das für 88% weniger Energieverbrauch - das sind immerhin 2,5% Anteil an der gesamten Reduzierung des Verbrauchs.

Der Manager leistet Fleißarbeit

Dafür, dass alles zusammenspielt, sorgt der "Hybrid-Manager", untergebracht in einem großen Kasten im Motorraum und versehen mit einem eigenen Wasserkreislauf zur Kühlung. Der Manager enthält alle Fahr- und Energieinformationen und steuert Elektromotor wie Verbrennungsmotor je nach Fahrsituation an. Eine ziemliche Fleißarbeit: Rund 20.000 Parameter mussten für den Hybrid-Manager definiert werden. Eine herkömmliche Motorsteuerung kommt mit 6000 aus. Sparen kann ganz schön kompliziert sein.

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