Suzuki Vitara long de luxe:Reif fürs Rodeo

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(SZ vom 02.06.1993) Um es vorwegzunehmen: Eigentlich braucht niemand dieses Auto. Und dennoch ist der Suzuki Vitara ein erfolgreiches Automobil, das seit nunmehr zehn Jahren ganz oben auf der Welle der Freizeit-Fahrzeuge reitet. Nach rein rationalen Gesichtspunkten läßt sich das nicht erklären: Der Innenraum bietet nicht mehr, eher weniger Raum als eine Mittelklassen-Limousine. Das Gepäckabteil kann bestenfalls in der Long-Version die Ansprüche erfüllen, die der Name verheißt. Der Fahrkomfort hält sich in engen Grenzen, was schon beim eindeutig unterdimensionierten Motor beginnt: Das 1,6-Liter-16V-Aggregat bekriegte sich in dem Vitara, der uns zur Verfügung stand, auf das Heftigste mit der Automatik. 71 kW (97 PS) sind einfach nicht genug, um den kantigen Vitara zügig zu beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h wird erst nach langem Anlauf erreicht - und der Motor heult und jault dabei, als ob er von einem Sklavenschinder getreten würde.

Also gemach, nähern wir uns dem Vitara de Luxe so, wie es seine Konstrukteure wohl wollen: Erfreuen wir uns an den superbreiten Reifen, die jeder Spurrille unbeirrbar nachlaufen und das Fahren einer geraden Linie zu einer schwierigen Übung machen, ergötzen wir uns an dem Bullenfänger, der den 44 870 Mark teueren Edel-Japaner vor kleinen Parkremplern schützt, lassen wir unsere Hände liebevoll über den Lenkradkranz aus Edelholz gleiten, und freuen wir uns darüber, wie die Aluminium-Trittbretter in der Sonne glänzen.

Training für Surfer

Das alles wirkt ein bißchen macho, wird aber abgemildert durch die modisch ein wenig geglätteten Ecken und Kanten. Vor allem Frauen küren den Vitara zu ihrem Liebling. Warum, darüber wollen wir nicht spekulieren, auf jeden Fall ist der Vitara nicht länger als ein Golf, hat aber den Wendekreis eines Kleinlasters. Auf Bodenwellen hoppelt und springt der Japaner, als ob der Fahrer schon das Surfen trainieren sollte, bevor er an der Küste angekommen ist.

Zu den Stärken des Japaners gehören die übersichtlichen Instrumente und Bedienungshebel, die ergonomisch zur Hand liegen, der ausreichend dimensionierte Tank, der bei vernünftiger Fahrweise akzeptable Verbrauch (in der Praxis etwa zehn bis elf Liter auf 100 Kilometer), die umklappbaren Rücksitzlehnen (sogar ein Fahrrad paßt dann in diesen Suzuki). Alles in allem ist er wohl mehr für den Auftritt auf dem Boulevard als für den Ritt ins Gelände konzipiert - und das macht ja auch manchmal Spaß.

Von Otto Fritscher

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