Sicher durch den Winter:Langsam geht es schneller

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Sind Fahrer und Auto nicht auf Schnee und Eis auf den Straßen vorbereitet, steigt die Unfallgefahr rapide an. Was man dagegen tun kann.

Klaus Justen

Unabhängig von Technik und Ausrüstung müssen sich auch die Autofahrer selbst auf die geänderten Verhältnisse einstellen. Ex-Rallye-Weltmeister Walter Röhrl: "Wenn man die Haftung auf trockener Straße bei 100 Prozent ansetzt, dann finden die Reifen des Autos auf schneebedeckter Straße nur noch 30 Prozent Haftung." Mehr denn je sind jetzt also vorausschauende Fahrweise und vor allem gebührender Sicherheitsabstand gefragt, um sicher ans Ziel zu kommen.

Viele Situationen können trotz guter Ausrüstung gefährlich werden: Dann ist die richtige Reaktion gefragt. (Foto: Foto: AP)

Aber: Trotz aller Vorsicht kann das Auto binnen Sekundenbruchteilen instabil werden - Schieben über die Vorderräder, Ausbrechen oder Schwänzeln des Hecks beim Beschleunigen oder nach zu hartem Zurückschalten.

Kupplung kann stabilisieren

In einer solchen Situation ist es ratsam, sofort die Kupplung zu treten - dann können auch die Antriebsräder frei drehen, das Auto stabilisiert sich schneller. Entscheidend ist auch blitzschnelles Gegenlenken.

Aber Vorsicht, denn weniger ist mehr. Wer in Panik gerät und das Lenkrad zu weit herumreißt, überspannt den Bogen: Die Räder stehen dann quer zur Fahrtrichtung und können keine Lenkkräfte mehr übertragen oder finden nach kurzem Rutschen plötzlich so viel Halt, dass das Auto erst recht ausbricht.

Gegenlenken - aber mit Maß

Die Empfehlung der Profis: Eine Viertelumdrehung des Lenkrades reicht meist. Wegen der glatten Straße glauben viele zwar, dass das nicht langt, doch nach einem kurzen Moment fährt das Auto wieder dorthin, wohin es soll. Bremsen ist generell vor der Kurve sicherer als in der Kurve.

Wer also vor der ersten Lenkbewegung sein Tempo gedrosselt hat, kommt besser ums Eck, weil vom Motormoment befreite Räder höhere Lenk- und Seitenführungskräfte übertragen können.

ABS: vorhanden oder absent?

Die meisten Autos sind heute serienmäßig mit ABS ausgestattet. Im Notfall sollte schnell und hart aufs Bremspedal getreten werden, um möglichst viel Bewegungsenergie zu vernichten. Weil das Fahrzeug dank der elektronisch gesteuerten Bremse lenkbar bleibt, ist es also möglich, auch im letzten Moment noch auszuweichen, wenn der Bremsweg nicht mehr reicht.

Bei Fahrzeugen ohne ABS bleibt die gute alte Stotterbremse bei getretener Kupplung die richtige Methode, um möglichst gut zu bremsen und dabei auch noch etwas lenken zu können.

"Bei Schnee müssen alle Manöver sehr viel aufmerksamer vollzogen werden", mahnt Walter Röhrl, "das heißt also - gefühlvoller lenken, Gas geben und bremsen." Im zweiten Gang zum Beispiel ist das Anfahren auf glattem Untergrund wesentlich einfacher als im ersten, weil so die Antriebsräder nicht mehr so schnell durchdrehen. Die Sache mit dem ESP

Das ebenfalls in vielen Autos zu findende elektronische Stabilitätssystem ESP verhindert durch Senken der Motorleistung und Bremsen einzelner Räder in zu schnell gefahrenen Kurven viele Unfälle. Doch bei der Bergfahrt auf verschneiten Straßen führt die Elektronik dazu, dass das Auto irgendwann steht - denn wegen der durchdrehenden Räder regelt es die Motorleistung immer weiter herunter, das Auto wird langsamer. Hier hilft nur, das ESP auszuschalten, um keinen Schwung zu verlieren. Nicht vergessen: Hat man die Steigung hinter sich, ESP wieder einschalten.

Bei Fahrt mit Ketten: ESP ausschalten

Auch beim Einsatz von Schneeketten sollten Autofahrer das ESP ausschalten, um die Traktionswirkung zu steigern. "Die Räder müssen sogar durchdrehen, damit das Auto überhaupt im Schnee vorwärts kommt. Das ESP würde dem entgegenwirken und somit die Zugkraft schmälern", informiert Steffan Kerbl vom österreichischen Automobilclub ÖAMTC.

Fahrer von Wohnwagen-Gespannen, die auf dem Weg ins Wintercamping sind, sollten nicht nur ihr Zugfahrzeug mit ordentlichen Winterreifen ausstatten, sondern auch den Caravan selbst. Wegen der geringen Fahrleistung der Wohnwagen sollte übrigens nicht allein die Profiltiefe darüber entscheiden, ob neue Winterreifen aufgezogen werden, sondern das Alter der Pneus - nach sechs Jahren baut die Gummimischung massiv ab.

Darf eine Alpenstrecke nur noch mit Ketten befahren werden, müssen auch auf die Reifen des Anhängers Ketten gelegt werden; sonst zieht an einer spiegelglatten Steigung der Wohnanhänger das Auto von der Straße.

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