Seat Córdoba:Für den kühlen Rechner

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Ein solides Familienauto zu Preisen von 20590 Mark an

(SZ vom 18.12.1993) An Selbstbewußtsein mangelt es den Seat-Strategen nicht: 'Mit diesem Auto wollen wir die Nr. 1 werden!' Auf Nachfrage räumt Firmensprecher Enrique Zorzano ein: '. . . innerhalb der Konzernpalette.' Und er meint das nunmehr dritte Modell der spanischen Volkswagen-Tochter, den Seat Córdoba, einen Viertürer - der muß Stückzahlen bringen. Mit 4,10 Meter mißt er exakt 29,6 Zentimeter mehr als der kompakte Ibiza und 21,2 Zentimeter weniger als der Toledo mit der großer Klappe im Stufenheck.

Der Córdoba sei ein unabhängig von anderen entwickeltes Seat-Modell, werden seine spanischen Väter nicht müde zu betonen - mit eigenständigem Design für das umsatzstärkste Marktsegment Europas. 3,5 Millionen Fahrzeuge werden in ihm pro Jahr verkauft, damit hält es einen Anteil von 31 Prozent am Gesamtmarkt. Doch von der Positionierung im Markt einmal abgesehen, vermag man den hauseigenen Argumenten zum Untermauern der Eigenständigkeiten nur schwer zu folgen. Erstens basiert der Córdoba auf der gleichen Bodengruppe wie sein vor knapp sechs Monaten eingeführtes Schwestermodell Ibiza und er bewegt sich mit dem Motorenangebot auch auf gleichem Leistungsniveau. Zweitens gleicht die Vorderpartie des Córdoba der des Ibiza bis hinter die B-Säule wie ein Ei dem anderen, und drittens entstehen Córdoba und Ibiza auf dem gleichen Montageband der hochmodernen Fabrikationsstätte Seats im spanischen Martorell. Der Augenschein trügt nicht: Der neue Córdoba ist die Stufenheck- oder genauer die Stummelheck-Version des Seat Ibiza und zielt auf Kunden, die früher mit dem VW Derby und Jetta liebäugelten, und denen ein VW Vento heute zu teuer ist. Die Spitzenversionen wollen gegen Renault 19 und Opel Astra bestehen. Seat plant insgesamt 94 000 Fahrzeuge in 1994 zu verkaufen.

Giorgetto Giugiaro, italienischer Stardesigner und Eigentümer der Firma Italdesign, zeichnete auch diesen Seat mit dem bulligen Heck. Zwar versuchen ein hochgezogenes Heckleuchtenband, mächtige Stoßfänger, die angesetzte Heckschürze und ein aufgeschraubter Flügel das Heck zu gliedern und dessen Wucht ein wenig zu entschärfen. Doch der erste Eindruck bleibt: Der ansonsten eher filigrane Córdoba trägt hinten tüchtig auf. Zweifellos zugunsten des Kofferraumvolumens, das mit 455 Liter zwei Erwachsenen und mindestens zwei Kindern genügen sollte. Diese Standard-Familie dürfte auch im Passagierabteil des Córdoba ausreichend Sitzkomfort und Beinfreiheit vorfinden, um selbst lange Strecken unter die optisch etwas zu mickrig erscheinenden 13- bzw. 14-Zoll-Räder zu nehmen. Wer vernünftige Lösungen sucht und die preiswerte der eleganten Alternative vorzieht, kann beim Córdoba fündig werden.

Mit sieben Motoren im Angebot

Sieben Motoren - allesamt mit Katalysatoren ausgestattet - werden angeboten. Sie stammen aus dem Wolfsburger Baukasten, auch wenn sie teilweise durch spanische Nebenaggregate ergänzt werden. Aus Ibiza bzw. Toledo bekannt sind die Vierzylinder-Benzinmotoren mit 1,6 Liter Hubraum und 55 kW (75 PS), 1,8 Liter und 66 kW (90 PS) sowie 2,0 Liter und 85 kW (115 PS). Neu bei Seat - durch Volkswagen allerdings bekannt - sind ein 1,4-l-Benziner mit 44 kW (60 PS), sowie ein 1,8-l-Motor mit Vierventil-Zylinderkopf und 95 kW (130 PS). Darüber hinaus ist der Seat Córdoba mit zwei sparsamen 1,9-l-Dieselmotoren zu haben: mit einem Sauger von 50 kW (68 PS) und einem turbogeladenen von 55 kW (75 PS). Alle Motoren dürfen als verbrauchsgünstig eingestuft werden. Systembedingt liegen die beiden Dieselversionen im Drittelmix bei nur 5,8 l/100 km, der 1,4i braucht 6,9 l/100 km Normal Bleifrei, der Sechzehnventiler 8,3 l/100 km Super Bleifrei (Werksangaben).

Drei Ausstattungsvarianten bietet Seat für den Córdoba an. Die preiswerteste, die CLX-Ausführung, ist im 1,4i, 1,6i oder 1,9 D (Saugdiesel) erhältlich und kostet zwischen 20 590 und 24 685 Mark. Die GLX-Ausführung kann man im 1,6i, 1,8i, 1,9 D und 1,9 TD (Turbodiesel) bekommen. Sie liegt zwischen 23 980 und 28 045 Mark. Die GT-Versionen sind dem 2,0i und 16 V (1,8 l) vorbehalten. Für sie müssen mindestens 29 835 und höchstens 37 315 Mark bezahlt werden. In den Preisen enthalten sind vom 1,6i an Servolenkung, teilweise ABS und Schiebedach, für die GT-Versionen Klimaanlage und Multifunktions-Anzeige. Ein Córdoba mit Vierstufen-Automatik wird als GLX 1,8i angeboten. Grundsätzlich macht der Córdoba einen soliden Eindruck. Das gilt für seine Verarbeitung - selbst wenn im Testfahrzeug der Vorserie mysteriöse Zündaussetzer beim Ausschalten der Scheibenwischer auftraten - und den Fahreindruck gleichermaßen.

Der Fronttriebler liegt gut auf der Straße, das Fünfganggetriebe aller Versionen läßt sich vorbildlich schalten, Schalter und Meßinstrumente besitzen Funktionalität und Charme von Wolfsburgs Gnaden - was durchaus als Qualitätskriterium gelten darf. Ebenfalls niedersächsisch genormt ist die Recyclefähigkeit des Seat Córdoba. Nach Aussagen des spanischen Herstellers liegt der Anteil bereits verwendeter Recyclate in diesem Auto deutlich über dem anderer aktueller Neuwagen. Auch die passive Sicherheit des Seat Córdoba muß den Ansprüchen des Mutterkonzerns genügen. Deshalb wird es neben bereits verfügbarem Seitenaufprallschutz ab Januar 1994 auch Fahrer- und Beifahrer-Airbags geben - allerdings gegen Aufpreis. Damit wächst die Optionsliste des Córdoba auf drei Positionen: Metalliclack kostet 540 Mark und das Tornadorot genau 180 Mark extra.

Der neue Seat Córdoba ist das ideale Fahrzeug für kalkulationsfreudige Zeitgenossen. Mehr als sein günstiger Preis erwarten läßt, bietet das geräumige Fahrzeug komfortable und sichere Fortbewegung und eine wesentlich verbesserte Verarbeitungsqualität als frühere Modelle. Und wer darüber hinwegsehen kann, daß dem Tóledo die Pfiffigkeit des Ibiza fehlt und sich mit nüchternen Daten zufriedengibt, darf ermutigt werden, einen Besuch beim Seat-Händler einzuplanen. Der Córdoba steht seit dem 20. November bei den Händlern.

Von Jürgen Zöllter

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