Renault Dacia Logan:Es geht auch anders

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7500 Euro - und dafür überraschend vollwertig und solide. Renault bringt ein geräumiges Auto auf den deutschen Markt. Nur über das Design lässt sich streiten.

Von Joachim Becker

Der Pragmatismus, mit dem Kunden aus Schwellenländern das Auto betrachten, irritiert hierzulande noch, unsympathisch ist er nicht. Ein "richtiges Auto" muss vier Türen und ein Stufenheck haben, das ist es schon. "Bei Befragungen in rund 20 Ländern wurde der Dacia Logan übereinstimmend als modern und prestigeträchtig beurteilt", sagt Jean Tavares von der Renault Produktplanung.

Billig und gut: Der neue Renault Dacia Logan. (Foto: Foto: AP)

Erlaubt ist, was gefällt. Also verbieten wir uns Kritik am Design und sprechen lieber über den Preis und das Platzangebot. Fünf Erwachsene passen bequem in den Logan, der Kofferraum hat fast das Format der Mercedes E-Klasse. Dabei kostet der rumänische Renault mit der Länge eines VW Golf nicht einmal die Hälfte des Wolfsburger Bestsellers. Zwei Jahre Vollgarantie des Dacia Mutterkonzerns Renault inbegriffen. Unglaublich.

Von Mitte 2005 an steht das rumänische Weltauto auch bei deutschen Renault-Händlern. Wegen "der sehr positiven Resonanz auf das Fahrzeug" hat Renault-Chef Louis Schweitzer überraschend verkündet, dass der Logan zu Preisen ab 7500 Euro "über seine Hauptmärkte hinaus" angeboten wird.

Mit Antiblockiersystem von Bosch, Fahrerairbag und drei geplanten Sternen im Euro-NCAP-Test, ein Ergebnis mithin, das vor wenigen Jahren noch Stand hiesiger Technik war.

Sicherheit hat ihren Preis

Der Renault Modus - mit dem sich der Logan die neue B-Plattform teilt - erhielt zwar jüngst fünf von fünf möglichen Crashtest-Sternen. Doch Sicherheit hat ihren Preis: Den Basis-Logan gibt es ohne ABS, Airbags und hintere Kopfstützen schon ab 5000 Euro. Allerdings nur in Rumänien, hierzulande bietet Renault den Insassenschutz light gar nicht erst an.

Auch der PSA-Vorstandsvorsitzende Jean-Martin Folz hält nichts von solchen Billig-Schleudern. "Ein Auto wie früher die 'Ente' würde heute kein Mensch mehr kaufen." "Billig" trifft trotzdem den Zeitgeist.

Fortschritt ist nicht mehr alles in Zeiten schwindender Kaufkraft. Angesichts schwacher Absatzzahlen entdecken einige Hersteller die soziale Seite der Mobilität wieder: Auch Peugeot und Citroën werden mit einem Basismodell die Preisschraube zurückdrehen. In Kooperation mit Toyota bringen sie 2005 Kompaktautos für weniger als 10.000 Euro auf den Markt, VW will mit dem Lupo-Nachfolger Fox aus Brasilien kontern, der einen vierstelligen Euro-Betrag kosten soll.

Verhältnis von Preis und Platzangebot nicht übertreffbar

Doch das Verhältnis von Preis und Platzangebot des Dacia Logan wird wohl keine Neuentwicklung erreichen. Renault jubelt über das "wettbewerbsfähigste Angebot auf den westeuropäischen Märkten" und will bis 2010 jährlich 700.000 Logan weltweit verkaufen. Bis dahin wird es weitere Motor- und Karosserievarianten geben.

Neben den beiden 1,4- und 1,6-Liter-Benzinern mit 55 kW (75 PS) beziehungsweise 64 kW (90 PS) kommt im nächsten Herbst ein 1,5-Liter-Diesel mit 50 kW (68 PS). Auch er ist kein Wunder an Dynamik, aber sparsam und abgasarm nach EU4.

Wo ist also der Haken an dem Dacia-Schnäppchen? Um es gleich zu sagen: Es gibt keinen. Vorausgesetzt, man stößt sich nicht am Design, das unter dem Primat niedriger Produktionskosten stand. Gerade Linien und rechte Winkel erleben ihre Renaissance, nicht nur der Kofferraumdeckel sieht aus wie mit dem Lineal abgekantet. Auch die lotrecht angeschlagenen Türen mit ihren tief hinabgezogenen Kutschen-Fenstern erinnern an die achtziger Jahre.

Auto-Archetyp statt Billig-Kopie

Alles strahlt Ruhe und Solidität aus, nichts drängt schon im Stand nach vorne. Der Dacia setzt sich einfach über das Dynamik-Diktat der aktuellen Automode hinweg. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Fuhre endlich in Fahrt kommt. Bis 130 km/h verrichten die Motoren völlig unspektakulär ihr Tagwerk, die Fünfgang-Schaltung läuft exakt und das Fahrwerk filtert brav die meiste Unbill der Straße.

Dass der Logan ein Auto-Archetyp und keine Billig-Kopie ist, zeigt er spätestens beim Ritt über Schlaglochpisten. Weder Karosserie noch Armaturentafel klagen über die grobe Behandlung. Auch bei der Materialanmutung und der Cockpit-Gestaltung könnte der Rumäne als solider Koreaner durchgehen.

Auf Wunsch ein Hauch von Luxus

Auf Wunsch versprüht der Logan mit Klimaanlage, Fensterhebern, CD-Radio und Bordcomputer sogar einen Hauch von Luxus. Dabei verzichtet er auf weiteren Elektronik-Schnickschnack, was dem Preis und der Zuverlässigkeit entgegenkommt.

Durchaus möglich, dass der neue Dacia in der Pannenstatistik besser abschneidet als die Modelle des Mutterkonzerns. Schon bei der Entwicklung hat der Logan mit seinen erprobten Renault-Teilen viel Zeit und Geld gespart.

Hinzu kommt das Werk im rumänischen Pitesti mit konkurrenzlos günstigen Produktionskosten. Der Kauf des maroden Staatsbetriebs Dacia erweist sich nun als weiterer Coup des scheidenden Renault-Chefs Louis Schweitzer. Wenn nicht alles täuscht, dürfte sein Nachfolger, Nissan-Sanierer Carlos Goshn, noch viel Freude mit dem Logan haben.

© SZ vom 2.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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