Praxistest: Fiat Croma 1.9 Multijet 16V:Einer für alle?

Lesezeit: 3 min

Fiat möchte zurück in die Mittelklasse: Nach elf Jahren gibt es wieder einen Croma. Aber die Mischung aus Kombi und Van wird es nicht leicht haben - trotz des günstigen Preises und einer ganzen Reihe von Pluspunkten.

Von Jürgen Wolff

Dass dieses Auto nicht nur aus Italien kommt, sondern mit Giorgetto Giugiaro auch einen nicht eben unbekannten italienischen Designer hat, sieht man ihm nicht unbedingt an. Glatte Flächen ohne Akzente, etwas rundlich, konturlos, ohne Schnörkel, keine auffälligen Besonderheiten - bieder im Auftritt ist ein fast wohlwollender Kommentar. Langweilig trifft es vielleicht besser.

Großer Gesell: der neue Fiat Croma (Foto: Foto: pressinform)

Dabei hat der Croma durchaus seine feinen kleinen Eigenheiten - nur sieht man sie beim Erstkontakt noch nicht. Und auch, dass die etwas unentschiedene Mischung aus Kombi und Van (von den Marketing-Leuten "Crossover" getauft) schon ihre Vorteile hat, merkt man erst im Alltagsbetrieb.

Großer Gesell'

Er ist lang. Satte 4,76 Meter sind auch in der Mittelklasse durchaus üppig. Er ist hoch: Mit seinen 1,60 Metern kommt er auf die Höhe gängiger Mini-Vans - und sieht doch eher aus wie ein normaler Kombi.

So viel Außenmaß bleibt nicht ohne Konsequenzen für den Innenraum - der ist geradezu ausladend. Das hohe Dach sorgt nicht nur für einen bequemen Einstieg auf die (hohen) Sitze sondern auch für viel Kopffreiheit auf allen Plätzen. Der mit 2,70 Metern üppige Radstand bringt viel Beinfreiheit für die Passagiere. Und hinten ist noch Platz für 500 Liter Laderaum. Vor allem die Passagiere im Fond haben reichlich Platz. Dazu verhilft auch ein kleiner Kunstgriff: Die Rückbank ist ein paar Zentimeter höher gesetzt - das bringt mehr Raumgefühl.

Wie bei Saab wird beim Croma der Zündschlüssel zwischen die Vordersitze gesteckt - wegen der Knie-Airbags, sagt Fiat. Am Interieur scheiden sich wieder mal die Geister. Auf der einen Seite durchaus angenehm in Haptik und Optik - das Ambiente stimmt. Das Lenkrad ist in Höhe und Tiefe großzügig verstellbar, alle Bedienelemente sind gut und funktional platziert, die Armaturen klar und übersichtlich gegliedert. Nur die Hebel von Blinker und Tempomat liegen so nahe beisammen, dass man anfangs gern den falschen erwischt. Und die Klimaanlage arbeitet zwar zugfrei, ist zumindest bei unseren Wintern fürs Entfeuchten aber etwas schwach.

Gut gemeint, aber...

Im Prinzip stimmt auch die Verarbeitungsqualität. Auf der anderen Seite finden sich auch ein paar Ausreißer. Einige Materialien wirken nicht gerade edel. Und bei unserem Testwagen war schon nach ein paar Tagen die Plastikabdeckung der Führungsschiene für den Fahrersitz ein standhaft lockeres Ärgernis. Wohlgemerkt: Die meisten Mitbewerber haben so eine Abdeckung gar nicht erst - Fiat wollte es anscheinend besonders gut machen. Da tut einem die Kritik daran fast schon Leid.

Der 1,9-Liter-Diesel-Motor mit seinen 110 kW/150 PS ist eine Eigenentwicklung von Fiat und treibt auch den Opel Vectra voran. Für den Croma ist er eine sehr gute Wahl. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 210 km/h, für die Beschleunigung von null auf 100 km/h reichen 9,6 Sekunden. Dazu kommt auf der Positivseite, dass der Motor denn Kombi-Van durchaus souverän, leise und gleichmäßig über die Vorderräder zieht. Die 320 Nm Drehmoment liegen ab 2000 U/min. an.

Und die serienmäßige Sechsgangschaltung ist nicht nur präzise und glänzt mit kurzen Wegen - sie ist auf den Motor auch bestens abgestimmt. Damit lässt sich flott oder schaltfaul fahren - je nachdem, wie man gerade drauf ist. Euro-4 und Partikelfilter kommen serienmäßig - da sammelt der Croma ebenso Pluspunkte wie beim Verbrauch: Wer ihn unsportlich, aber angemessen fährt, kommt durchaus mit etwas mehr als acht Litern Diesel hin.

Seinsbestimmung

Ein Sportler ist der Croma nicht - eher schon ein kräftiges Familienauto, mit dem sich trefflich cruisen lässt. Das sehr gut abgestimmte Fahrwerk sorgt mit für komfortables und ausgewogenes Gleiten - nur wenn die Straße sehr wellig wird, kommt der Croma etwas ins Schwabbeln: ein bequemer und leiser Reisetourer ebenso wie ein Schulbus und Einkaufswagen, ja.

Aber kein Kurvenjäger. Die Lenkung ist durchaus exakt - aber die Sitze bieten zu wenig Seitenhalt und Beinauflage. Ärgerlich an den Rücksitzen: Die Kopfstützen sind für größere Zeitgenossen etwas niedrig ausgefallen und umgeklappt bilden sie mit dem Laderaumboden keine durchgehende Ebene. Immerhin verschaffen sie dem Croma in der Versenkung ein vergrößertes Kofferraunvolumen von satten 1610 Litern. Für eben diesen Laderaum kann man bei Fiat gegen Aufpreis einen doppelten Boden ordern - sehr empfehlenswert, da sich darin viel Kleinkram verstauen lässt, der sonst haltlos durch die Gegend kollert.

Die Ausstattung, die Fiat dem Croma serienmäßig mitgibt, ist sehr beachtlich - erst recht angesichts des Preises von 24.250 Euro für den 1,9-Liter-Diesel. Sieben Airbags, Zentralverriegelung mit Fernbedienung, Klimaanlage, Trip-Computer, Kühlbox in der Mittelkonsole, elektrische Fensterheber rundum. Ein ordentliches Paket - und durchweg ein paar tausend Euro günstiger als die Konkurrenz.

© sueddeutsche.de/Pressinform - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: