Porsche 911 Carrera 4S:Allzeit breit

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Die mittlerweile achte Variante auf der Basis des Porsche 911 Carrera bildet derzeit die Spitze der Saugmotor-Fraktion aus Zuffenhausen.

Friedbert Weber

Sich einen Porsche zu kaufen, ist wieder ein Stück schwieriger geworden. Nein, nicht etwa wegen einer dramatischen Preiserhöhung. Vielmehr, weil es eine neue Variante gibt, die achte auf Basis des 911 Carrera. Und da gilt es sorgfältiger denn je abzuwägen: A) Bin ich ein Porsche-Typ? B) Wenn ja: welcher?

(Foto: Foto: Porsche)

Wie bei allen Porsche-Modellen ist auch hier eine gewisse grundsätzliche Liquidität eine wichtige Voraussetzung. 170.158 Mark sollten verfügbar sein, in Euro liest es sich etwas freundlicher: 87.000 muss auf dem Scheck stehen, dann ist man mit von der Partie und kann sich den wesentlichen Fragen des Daseins widmen.

Gesetzt den Fall, man ist sich auch schon sicher, dass es ein Auto aus Zuffenhausen sein muss (Porsche-Fans wissen: Z. ist der wichtigste Stadtteil der baden-württembergischen Landeshauptstadt): Dann ist die Auseinandersetzung mit dem Neuen angesagt.

Eine Runde um den Carrera 4S ergibt das erwartete Resümee

Wie der Vorgänger auf 993-Basis ist auch dieser 4S eine imponierende Erscheinung. Dank der breiten Kotflügel über den Hinterrädern mit der stattlichen Dimension 295/30 R 18 scheint der Carrera 4S bereits im Stand die Muskeln anzuspannen.

Damit der Neue nicht wie der Vorgänger unter dem Image leidet, ein lediglich optisch aufgeblasener Allrad-Carrera zu sein, durften die Porsche-Techniker tiefer in die Kiste mit den teuren Teilen greifen.

Dazu gehören die beeindruckenden Lufteinlässe der Frontpartie samt der Abtrieb erzeugenden Luftführung ebenso wie die Bremsanlage. Alles Turbo-Komponenten, die diesen Saugmotor-Carrera deutlich aufwerten.

Der Heckspoiler kommt dagegen etwas bescheidener daher, damit die Verwechslungsgefahr mit dem echten Turbo nicht gar zu groß wird. Und außerdem fehlen die großen Einlässe für die Turbo-Ladeluftkühler bei diesem 4S mit Saugmotor. Auf den Putz zu hauen mit ausladenden, aber nichtsnutzigen Löchern wäre ausgesprochen unschwäbisch.

Die "inneren" Werte

Nach dem äußeren Eindruck spricht schon mal nichts dagegen, sich selbst als "4S-Typ" einzuordnen, und ein Blick in den Prospekt macht noch mehr Appetit.

Damit die 320 PS / 235 kW des 3,6-Liter-Motors komplikationslos auf die Straße übertragen werden können, kommt die Allrad-Technik des Carrera 4 mit Visco-Kupplung zum Einsatz. Mindestens fünf, maximal 40 Prozent der Kraft gelangen, je nach Fahrbahnbedingungen, an die Vorderräder.

Und für alle Fälle wird hier auch nicht mit im Zweifelsfall rettender Elektronik gegeizt, denn das Porsche Stability Management (PSM), anderweitig ESP genannt, ist serienmäßig mit an Bord.

An die Instrumentensammlung, die im Vergleich zum klassischen 911 etwas zusammengequetscht wirkt, hat man sich mittlerweile gewöhnt, und die zusätzliche Tacho-Digitalanzeige im Analog-Instrument wird weniger als Stilburch, denn tatsächlich als hilfreich empfunden.

Die Fahreigenschaften

Der Motor weist auch im 4S bereits im Leerlauf akustisch seine Eignung für das dramatische Fach nach, wenngleich sein Daseinszweck nicht ausschließlich im genussvollen Zuhören bei geöffneter Tür besteht.

Anfahren und mitrollen im Alltagsverkehr geht trotz des aufwändigen Äußeren eher unauffällig-mühelos vor sich. 5,1 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sind im Bedarfsfall zu realisieren, und die Spitzengeschwindigkeit beträgt 280 km/h. Das sind zwar 5 km/h weniger als im schlankeren 911 Carrera, aber in der Praxis ist die Differenz zu vernachlässigen. Wenngleich ein Stammtisch über diesen kleinen Unterschied ohne weiteres abendfüllend diskutieren kann.

Womit der Carrera 4S vor allem imponiert, ist seine Straßenlage, deren Limit auf normalen Straßen kaum auszuloten ist. Ähnlich wie der Turbo, mit dem er auch den etwas schlechteren Komfort beim langsamen Überrollen von Unebenheiten teilt, ist der 4S jedoch ein Auto, das bereits weitab vom Grenzbereich viel Spaß macht, andererseits aber auch bei Ausflügen auf die Rennpiste eine sehr gute Figur abgibt.

Dazu profitiert er im Geradeauslauf und in der Zielgenauigkeit in lang gezogenen Kurven spürbar von den Front-Modifikationen aus dem Turbo.

Trotzdem ist der Carrera 4S keinesfalls ein Turbo für die ärmeren unter den Porsche-Fahrern. Man sollte ihn eher als die Topversion der Saugmotor-Fraktion ansehen, bei der mit sportlicher Technik nicht gegeizt wurde. Wobei überdies die Spitzenstellung auch in der Gesamtausstattung (Leder, elektrische Sitzverstellung, Metallic-Lackierung) zum Ausdruck kommt.

Die Selbstanalyse nach einer Fahrt mit dem Porsche 911 Carrera 4S fällt ziemlich kurz aus. Bereits flüchtiges In-sich-hinein-hören ergibt die präzise Diagnose: Das Schicksal, ein "4S-Typ" zu sein, könnte man problemlos mannhaft ertragen.

Quelle: autocert.de

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