Opel Vectra DTI / Mitsubishi Carisma GDI:Eine Frage des Standpunktes

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Ob Diesel- oder Benzin-Direkteinspritzer - beide Aggregate haben unübersehbare Stärken

(SZ vom 07.02.1998) Schon seit Jahren ist die Direkteinspritzung bei der Motorenentwicklung ein Thema, wobei sich die Ingenieure bisher vor allem auf die Dieselaggregate konzentriert haben. Japanische Hersteller kündigen nun seit geraumer Zeit an, den Benzin-Direkteinspritzer auf den deutschen Markt zu bringen - die Entwicklungsarbeit auf diesem Gebiet geht allerdings schon wesentlich länger. Am 11. Oktober vergangenen Jahres war es dann soweit: Mitsubishi stellte mit dem Carisma GDI den ersten Serienwagen mit Benzin-Direkteinspritzung in Europa vor. Der GDI soll die Qualitäten des Benziners mit denen des Diesels verbinden. Ob ein Benzin-Aggregat dieser Bauart eine adäquate Alternative zu einem Diesel-Direkteinspritzer sein kann, sollten zwei Autos zeigen, die uns über einen etwas längeren Zeitraum begleitet haben: der Mitsubishi Carisma GDI und der Opel Vectra DTI.

Von den Papierwerten her unterscheiden sich beide Fahrzeuge, die in der Limousinen-Version zur Verfügung standen, durch folgende Angaben: Der Mitsubishi wird von einem 1,8-Liter-Vierzylinder mit 92 kW (125 PS) angetrieben. Beim Opel sorgen 2,0 Liter Hubraum und eine Leistung von 74 kW (100 PS) mit Turboaufladung für den Vortrieb.

Mit viel Durchzugsfreude

Vorweg sei schon einmal bemerkt, daß der Carisma bei der Motorcharakteristik insgesamt den überzeugenderen Eindruck hinterließ. Ein wesentlicher Punkt war dabei die Durchzugsfreude der japanischen Limousine, die auch im unteren Drehzahlbereich bereits ausreichend Leistung zeigte. Das maximale Drehmoment des Benziners von 174 Nm liegt bei 3750/min an. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und einer Beschleunigung von Null auf 100 Stundenkilometer in zehn Sekunden kann der GDI eindeutig die Vorzüge des Benziners auf sich vereinen.

Aber ein anderer, wesentlicher Punkt für den Direkteinspritzer ist der Kraftstoffverbrauch. Und auch dabei hinterläßt das Mitsubishi-Triebwerk einen sehr positiven Eindruck. Der japanische Hersteller gibt einen Wert von 6,5 Liter Super bleifrei (nach ECE-Norm) an; in der Fahrpraxis ergab sich bei uns ein Verbrauch von rund sieben Litern, was für einen Benziner einen durchaus überzeugenden Wert darstellt.

Daß die deutschen Käufer dieser Technik interessiert gegenüber stehen, zeigen die Verkäufe, die seit der Einführung im vergangenen Oktober getätigt worden sind. Seitdem wurden rund 3000 Exemplare des Carisma mit GDI-Aggregat verkauft.

Welchen Punkt der Opel Vectra mit turboaufgeladenem Diesel-Direkteinspritzer auf jeden Fall auf einen Platz vor den Mitsubishi bringt, ist der Kraftstoffverbrauch. Der DTI, wie die Rüsselsheimer ihr Aggregat abkürzen, bringt es auf einen Papierwert von 5,9 Liter Diesel, während sich bei Fahrten in der Stadt, über Land und auf der Autobahn einen sehr guten Durchschnittswert von 6,5 Liter ergab. Damit können Reichweiten von bis zu 1000 Kilometer gefahren werden - ein Vorteil, der gerade für Vielfahrer immer wieder als überzeugendes Argument zählt.

Was etwas erstaunte, war das doch sehr ausgeprägte Turboloch, das uns der Vectra bot - war diese Hürde allerdings einmal überwunden, ließ die Limousine ihre 100 PS erkennen. Oberhalb von 3000/min zeigte sich die Mittelklasselimousine auch sehr agil. Die Fahrwerte des Vectra lauten: Höchstgeschwindigkeit 195 km/h, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 13 Sekunden. Das maximale Drehmoment von 205 Nm wird bei 1600/min erreicht und bleibt bis 2750/min erhalten. Was dem Vectra allerdings auch nach Erreichen der Betriebstemperatur nicht abgewöhnt werden konnte, war das stets hörbare Nageln des Diesels. Dabei zeichnen sich Turbodiesel-Direkteinspritzer aus den Ingenieursstuben anderer Unternehmen durchaus durch Laufruhe und -kultur aus. Hierbei wäre sicher eine Verbesserung nicht nur wünschenswert, sondern auch nötig, um mit der sehr starken Konkurrenz mithalten zu können.

Ein Punkt, der zwar nichts mit dem Motor zu tun hat, uns aber dennoch auffiel: Dieser Vectra verfügte über das Navigationssystem Carin. Allerdings informiert einen im Vectra ein sehr kleines Display - etwa in der Größe einer Streichholzschachtel - über den Routenverlauf. Nicht nur, daß das Display zu klein ist, es ist auch noch im unteren Teil der Mittelkonsole angebracht. Das heißt, wenn sich der Fahrer über die Strecke mit Hilfe der Skizze informieren will, muß er unweigerlich den Blick von der Straße abwenden. Leider waren auch die Anweisungen des Systems so unpräzise, daß man als ortsunkundiger Fahrer auch mal an einer Kreuzung vorbeifuhr, an der man eigentlich hätte abbiegen sollen. Der neuerliche Hinweis kam einfach viel zu spät.

Es bleiben keine Wünsche offen

Zur Ausstattung beider Limousinen ist noch zu sagen, daß sowohl sicherheitstechnisch als auch in bezug auf die kleinen elektrischen Helfer und Bequemlichkeiten praktisch kein Wunsch offen bleibt. Fahrer- und Beifahrerairbags sowie zwei Seitenairbags gehören selbstverständlich ebenso zur Serie wie eine Wegfahrsperre und ein Anti-Blockier-System.

Unbestritten ist, daß beide Limousinen mit Direkteinspritz-Aggregaten ihre Stärken haben. Der Carisma verschafft sich durch die typische Laufruhe eines Benziners einen Vorsprung; der Vectra konnte durch den noch einmal niedrigeren Kraftstoffverbrauch Boden gut machen. Preislich schlägt das japanische Modell in der gut ausgestatteten LX-Version mit 36 590 Mark zu Buche, für den Vectra müssen 36 585 Mark bezahlt werden. Auf jeden Fall zeigen beide Modelle den Weg auf, wie der Kraftstoffverbrauch ganz deutlich reduziert werden kann.

Von Marion Zellner

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