(SZ vom 30.10.1996) Seit vierzig Jahren hat Opel Kombi-Modelle im Programm, seit vielen Jahren führt man das Kombi-Segment an. Bei der Konzeption eines Opel Caravan, wie die Kombis des Rüsselsheimer Automobilherstellers heißen, stand immer der hohe Nutzwert im Vordergrund. Darunter versteht die Opel-Entwicklungsabteilung das große Ladevolumen, die flexible Raumausnutzung und die Rentabilität eines Caravan mit großer Heckklappe.
Neben einer Kundschaft, die solche Tugenden noch immer schätzt, hat sich eine Nachfrage nach Kombis etabliert, die vom Audi Avant, BMW touring und Mercedes T-Modell erfolgreich bedient wird. Nicht mehr Raumökonomie ist oberstes Entwicklungsziel, sondern Anmut und Innovation im Detail. Als Platzhirsch des Kombimarktes möchte Opel natürlich auch in dieser Klasse der Modekombis vertreten sein und am liebsten dort auch den Ton angeben. Deshalb schickt das Unternehmen zusätzlich zum Astra und Omega Caravan den Lifestyle-orientierten Vectra Caravan ins Rennen. Von Mitte November an steht er beim Händler.
Wer nun glaubt, der Vectra Caravan setze einen neuen Designtrend, der wird enttäuscht. Modernität à la Opel Vectra drückt sich in einer zum Heck ansteigenden Gürtellinie aus, die mit dem abfallenden Dach korrespondiert. Zusammen mit der leicht nach vorne geschwungenen D-Säule entsteht ein dynamisches Outfit, das nicht die Klasse des Audi Avant erreicht, dafür aber mehr nutzbaren Innenraum offenbart. Zusammen mit leichten Radhausverbreiterungen, wuchtigen Lampeneinheiten vorne und Stoßfängern in Wagenfarbe wirkt der neue Caravan sportlich und gut proportioniert.
Daß die Kreativen im Hause Opel auch beim Vectra Caravan letztlich mehr pragmatisch denken als schöngeistig, verdeutlichen einige Maße des neuen Kombi: Bis zu 1,71 Meter lange Bretter können geladen werden, sie können bis zu 1,11 Meter breit sein. Die Ladekante liegt nur 57 Zentimeter über der Straße und die Laderaumhöhe mißt 85 Zentimeter. Wie seine Lifstyle-Kollegen aus Ingolstadt, München und Stuttgart, bietet der Vectra Caravan unter seiner ebenen Ladefläche, die zwischen 460 und 1490 Liter faßt, noch ein flaches Fach für Kleinteile.
Zwischen fünf Motoren und vier Ausstattungsvarianten hat der deutsche Kunde die Wahl, wobei der neue Dieselmotor mit Direkteinspritzung, vier Ventilen und Turboaufladung das Highlight der Baureihe bedeutet. Aus 2,0 Liter Hubraum entwickelte der als Ecotec apostrophierte Motor 60 kW (82 PS), ein Wert, der auf dem Papier gering erscheint, in der Praxis aber für ordentliche Fahrleistungen sorgt: Sein maximales Drehmoment von 185 Nm fällt bereits bei 1800/min an, seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 170 km/h. Überraschend ist auch die Laufkultur des neuen Triebwerks, wenn man sich an bisherige Opel-Dieselmotoren erinnert. Einmal warm gelaufen, schnurrt der DI leise dahin. Der zwar nicht sportliche, aber durchaus agile Caravan 2. 0 DI 16V verbraucht im Drittelmix 5,3 Liter auf 100 Kilometer (nach ECE) und kostet 36 350 Mark. Von sofort an steht der Direkteinspritzer auch in der Limousine bereit, eine etwa 74 kW (100 PS) starke Version mit Ladeluftkühlung kündigt Opels oberster Motorenentwickler Fritz Indra für 1998 an.
Der Einstieg in die Modellreihe Opel Vectra Caravan kostet 34 720 Mark. Dafür bekommt man ein 74 kW (100 PS) starkes 1,6-Liter-16V-Triebwerk, eine umfangreiche Sicherheitsausstattung mit zwei Airbags und Gurtstraffern vorn sowie so angenehme Accessoires wie Servolenkung, Zentralverriegelung mit Fernbedienung, höhenverstellbaren Fahrersitz und Pollenfilter. Auch ein ABS gehört zum Serienumfang, ein zwölf Liter großer Seitenairbag in den Rückenlehnen der Vordersitze folgt im Frühjahr 1997.
Für 36 750 Mark bietet Opel den Vectra Caravan 1. 8 16V. Er leistet 85 kW (115 PS). Wer auf Fahrspaß mehr Wert legt als auf Wirtschaftlichkeit, kann zum 2. 0 16V mit 100 kW (136 PS) für 38 740 Mark greifen. Oder er gönnt sich den besonders laufruhigen Vectra Caravan 2. 5 V6 mit 125 kW (170 PS). Abgesehen von der Dieselversion, sind alle Modelle auch mit Viergangautomatik lieferbar.
Stolze 130 000 Exemplare möchte Opel im nächsten Jahr europaweit vom Vectra Caravan verkaufen. Ein Ziel, das angesichts der vernünftigen Preispositionierung erreichbar sein dürfte. Seine Mischung aus Funktionalität und Chic verhilft ihm zu einer guten Ausgangsposition gegenüber den Mitbewerbern aus Stuttgart, Ingolstadt und München - vorausgesetzt, die Verarbeitungsqualität der Serienautos hält, was die der Vorserie verspricht.
Von Jürgen Zöllter