Opel Astra Cabrio / Speedster:Anständig und abgefahren

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Die beiden Rüsselsheimer haben als einzige Gemeinsamkeit nur das gleiche Triebwerk

(SZ vom 24.02.2001) Ein einmal festgefahrenes Image wieder los zu werden, ist nicht so einfach. Und Opel ist bei weitem nicht der einzige Autohersteller, der immer wieder gegen das Vorurteil kämpfen muss, Biedermann-Autos zu produzieren, die zwar technisch solide, aber eben auch altväterlich sind. In Zeiten, in denen jeder Hersteller Profil zeigen muss, um sich gegen die Konkurrenz zu behaupten, braucht man Vorzeigeprodukte. Ein erster Schritt in diese Richtung war bei Opel der Zafira, der sehr variable und äußerst durchdachte Minivan. Sein Innenraumkonzept gilt mit Recht als das derzeit intelligenteste im Minivan-Segment.

Mehr denn je gehört nun aber auch zu einem Markenimage, dass man die emotionale Seite des Autofahrens besetzt. Und was bietet sich dafür besser an als Cabrios. Die offenen Zwei- und Viersitzer vermitteln seit jeher Freude am Fahren, oft werden ihre Fahrer als Genussmenschen und lifestyleorientiertes Klientel beschrieben. Und rechtzeitig zur Frischluft-Saison stellt Opel die Fans der Stoffdächer vor die Qual der Wahl. Denn Anfang März wird sowohl das neue viersitzige Astra Cabrio als auch der zweisitzige Speedster bei den Händlern in Deutschland stehen.

Frische Luft per Knopfdruck

Das 4,27 Meter lange Cabriolet, das gemeinsam mit Bertone entwickelt wurde, zeichnet sich durch eine leicht ansteigende Keilform aus. Die Linienführung ist einfach und klar und wird durch keinerlei überflüssige Schnörkel verwässert. Da das Verdeck komplett unter einer Abdeckung verschwindet, bleibt die klare Karosseriestruktur im geöffneten Zustand erhalten. Das Verdeck ist serienmäßig elektrisch zu bedienen, wobei vorher nur ein zentraler Griff geöffnet werden muss. Es gibt sogar gegen Aufpreis (900 Mark) die vollautomatische Variante, wie sie bisher nur beim Porsche 911 Cabrio zu haben ist. Man sitzt zum Beispiel in der Eisdiele, drückt auf die Fernbedienung und schon öffnet sich innerhalb von 30 Sekunden das Verdeck. Bei einem drohenden Regenschauer funktioniert das natürlich auch umgekehrt.

Das Astra Cabrio wird es beim Verkaufsstart mit drei verschiedenen Motoren geben. Als Basisaggregat dient ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit 74 kW (100 PS), der die D4-Norm erfüllt. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h und einer Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 13,0 Sekunden bewegt er den 1,35 Tonnen schweren Wagen spielend von der Stelle. Der durchschnittliche Verbrauch liegt bei 7,3 Liter Super. Der Preis des 1. 6 beträgt 40 800 Mark. Nach der Papierform ist man mit dem 1,8-Liter-Motor (92 kW/125 PS) etwas schneller unterwegs (Vmax: 207 km/h, Null auf 100 km/h in 10,5 Sekunden). Seinen Kraftstoffverbrauch gibt Opel mit 8,0 Liter Super an (D4), den Preis mit 44 800 Mark.

Der stärkste Motor (2,2 Liter Hubraum, 108 kW/147 PS, Vmax 216 km/h, 9,5 Sekunden von Null auf 100 km/h, 8,7 Liter Super auf 100 Kilometer, Euro 4, Preis: 49 800 Mark) zeichnet sich durch eine sehr leise Geräuschentwicklung aus. Zudem liegen schon bei 1900/min 90 Prozent des maximalen Drehmoments von 203 Nm an. Damit lässt sich das Cabrio auch schaltfaul fahren, doch vermittelt es bei höheren Drehzahlen mehr Fahrspaß.

Wie unterschiedlich sich der gleiche Motor in zwei verschiedenen Autos verhält, zeigt diese Top-Motorisierung, denn der 2,2-Liter-Vierzylinder treibt auch den neuen zweisitzigen Speedster an. Im Gegensatz zum Astra Cabrio ist beim Speedster der Motor in der Mitte eingebaut und durch das geringe Gewicht des Speedster (945 Kilogramm) weist er auch deutlich höhere Fahrleistungen auf. Nach 5,9 Sekunden ist die 100-km/h-Marke erreicht, der Vortrieb endet bei 217 km/h. Als durchschnittlicher Verbrauch werden 8,5 Liter Super auf 100 Kilometer angeben. Beim Speedster wird die Euro-4-Norm erfüllt.

Der neue Opel-Blitz ist aber allein nach den Papierdaten noch nicht ausreichend beschrieben. Seine kantig, aggressive Karosserie und die puristische Ausstattung tragen zum Gesamteindruck einen ganz großen Teil bei. Wer auffallen will, wird die Leichtbau-Karosse des Speedster mögen, wer im Auto anbandeln will, wird ihn lieben, denn im Innenraum herrscht zwangsweise eine gewisse Intimität. Für Menschen mit Berührungsängsten ist der Speedster nichts. Die harten Schalensitze und das straffe Fahrwerk erfreuen die Orthopäden, denn jede Bodenunebenheit wird vom Rückgrat deutlich zur Kenntnis genommen.

Fahrspaß pur nennen es die einen, Foltergerät die anderen. Wie auch immer die Betrachtungsweise sein mag, wer einen Speedster für 59 900 Mark kauft, sollte als erstes das Ein- und Aussteigen üben. Denn dank der breiten Einstiege, einer extrem niedrigen Karosserie und der tiefen Schalensitze könnte man schnell für unfreiwillige Komik sorgen. Einmal drin im Auto, ist alles vergessen und der Speedster wird zum reinen Kraftpaket. Von einer Jahresproduktion von 3000 Stück sollen 1000 Exemplare ihren Weg nach Deutschland finden. Mit Sicherheit werden sich genug gesunde Rücken finden.

Von Marion Zellner

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