Neuwagenkauf:Schlacht um Rabatte

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Die Kunden jubeln, andere sprechen von "volkswirtschaftlichem Irrsinn": Ohne Rabatte läuft heute auf dem Neuwagenmarkt absolut nichts mehr.

Klaus Justen

"Wir haben amerikanische Verhältnisse", beschreibt der Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Ulrich Fromme, die Verhältnisse.

Um Kundschaft anzulocken, wird mehr und mehr mit Sonderaktionen geworben. (Foto: Foto: ddp)

Und für Ferdinand Dudenhöffer vom Marktforschungsinstitut B&D Forecast sind "Listenpreise im Prinzip zur Makulatur geworden". Der durchschnittliche Preisnachlass beim Neuwagenkauf belief sich im August laut Dudenhöffer auf 17 Prozent. Tendenz steigend.

Der für Ulrich Fromme "volkswirtschaftliche Irrsinn" hat seinen Grund darin, dass vor allem Privatkunden sich zunehmend von den Autohäusern fernhalten.

Ihr Anteil ist auf weniger als 50 Prozent gesunken und wird, so die Prognose Dudenhöffers, Anfang kommenden Jahres weniger als 40 Prozent betragen - eine Folge der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung.

"Mehrwertsteuer? Geschenkt!"

Der Begriff Mehrwertsteuer spielt bei den Rabattaktionen eine immer größere Rolle. So wirbt Ford mit "Mehrwertsteuer? Geschenkt!", bei Opel kann die erlassene Mehrwertsteuer als Anzahlung in die Finanzierung oder in ein sogenanntes Rundum-Sorglospaket - Versicherung, Anschlussgarantie, Winterreifen, zwei Inspektionen - gesteckt werden.

Knapp 14 Prozent Rabatt ist diese Erstattung wert, die inzwischen auch Peugeot anbietet; bis Ende der Sommerferien hatten die Franzosen noch mit einer Urlaubsgeld-Aktion geworben. Auch Citroën setzt auf den Mehrwertsteuer-Bonus - hier gibt es schon 19 Prozent geschenkt.

Die Steuertrommel schlägt auch Fiat: Den Nachlass gibt es für Panda und Doblò; bei den Modellreihen Idea, Stilo, Croma und Ulysse bieten die Italiener hingegen eine Eintauschprämie von maximal 6000 Euro über dem DAT- oder Schwacke-Wert des Gebrauchtwagens.

Bizarre Schlaukauf-Aktion

Dass allein der Mehrwertsteuer-Rabatt mitunter nicht mehr ausreicht, um Privatkundschaft anzulocken, dafür ist eine Ford-Aktion Indiz, die Anfang September lief: Beim Neuwagenkauf gab es ein Navigationsgerät obendrauf - kostenlos selbstverständlich.

Bizarr hingegen fast schon die Schlaukauf-Aktion von Chevrolet: Zusätzlich zu Leasingsonderangeboten gab es zu einer Reihe von Aktionsmodellen ein Toshiba-Laptop inklusive Tasche im Gegenwert von immerhin knapp 1600 Euro.

Naturalien verpacken die Autohersteller ansonsten in Sondermodellen. Deren Zahl hat sich auf weit mehr als 100 eingependelt.

Allein in der vergangenen Woche kamen wieder zwei Modelle hinzu: Jeep feiert den Geburtstag der Marke mit einem Sondermodell des Grand Cherokee - Preisvorteil: 3100 Euro - und Suzuki stimmt mit dem Jimny Snow auf den kommenden Winter ein, der nach Herstellerangaben einen Kostenvorteil von 1200 Euro bieten soll.

Die Liste der Sondermodelle reicht von A wie Alfa (4000 Euro Preisvorteil für den 166 Collezione) bis V wie Volvo (Editionsmodelle V70 und XC70, bis 3770 Euro).

Die deutschen Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes halten sich dagegen relativ zurück, was auf den hohen Anteil an Firmenkunden zurückzuführen ist.

So bringt das für die B-Klasse angebotene Aktiv-Paket einen vergleichsweise bescheidenen Preisvorteil von nur 300 Euro, während Audi bereits angekündigt hat, verstärkt Pakete mit einem Vorteil von bis zu 1000 Euro in den Markt zu bringen.

Geld wert sind auch die Sonderzins-Finanzierungsangebote, die zum Beispiel bei Mercedes-Benz mit 1,9 Prozent und bei Audi mit 3,9 Prozent Effektivzins beginnen. Marktführer VW setzt neben einem Sondermodell des Vans Sharan (Advantage, 3700 Euro Preisvorteil) vor allem auf die Kombination von Finanzierungs- und Versicherungsdienstleistungen im Rahmen seines Sorglospakets.

Sorge um die Existenz

Dieses enthält neben einer Finanzierung mit 0,9 Prozent über vier Jahre auch die Vollkasko, Garantieverlängerung sowie die Inspektionen und Wartungsarbeiten für den Finanzierungszeitraum. Unter Strich, so rechnet Ferdinand Dudenhöffer, bietet dieses Paket dem Kunden einen Preisvorteil von bis zu 20 Prozent.

Eine Ende der Rabattschlacht erwartet Dudenhöffer indes nicht - im Gegenteil. Durch die Mehrwertsteuererhöhung werde das Geschäft mit Privatkunden im ersten Quartal 2007 vollends zusammenbrechen, dann werde der Durchschnittsrabatt auf einen neuen Rekordwert nahe 20 Prozent steigen.

Was sich für Neuwagenkäufer schön anhört, geht für die Handelsbetriebe an die Existenz. Und auch für Gebrauchtwagenverkäufer drückt dies stark auf den Preis. Von der Rabattschleuderei profitieren also in erster Linie Neuwagenkäufer, die ihr Auto lange behalten wollen.

© SZ vom 27. 9. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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