Neue Technik zur Verkehrssicherheit:Was man weiß, wird nicht heiß

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"Höchste Gefahr durch Stauende hinter Kurve in 2000 Meter" - die charmant säuselnde Navi-Stimme wird bald auch wachrütteln. Mit dem Projekt "Diwa" sollen aktuelle lokale Gefahrenwarnungen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen.

Marion Zellner

Etwa 95 Prozent der Verkehrsunfälle sind auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission zur Verkehrssicherheitsinitiative eSafety. Fahren unter Alkoholeinfluss, überhöhtes Tempo, zu geringer Abstand, dazu Unaufmerksamkeit, Übermüdung und Stress. Die Folgen können in jedem einzelnen Fall verheerend sein.

So sollen künftig aktuelle lokale Warnhinweise im Display erscheinen. (Foto: Foto: oh)

Einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit könnte das sogenannte intelligente Auto leisten, das mit modernen Informations- und Kommunikationssystemen den Fahrer unterstützen soll - zum Beispiel, um rechtzeitig vor einer drohenden Gefahr zu warnen. Genau diese Phase im Verkehrsgeschehen stellt das noch bis zum Jahr 2008 laufende Forschungsprojekt Diwa (Direkte Information und Warnung für den Autofahrer) in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Beteiligt sind daran unter anderem BMW, das bayerische Innenministerium und das Allianz Zentrum für Technik (AZT).

Technische Voraussetzung für Diwa ist der digitale Hörfunkstandard DAB (Digital Audio Broadcasting), der in Deutschland bereits "90 Prozent Flächendeckung" hat, so Georg Obert, der bei BMW für Verkehrsinformationsdienste zuständig ist. Gegenüber dem bisherigen System, bei dem aus UKW-Radios über den digitalen Verkehrsfunkkanal TMC (Traffic Message Channel) Verkehrsmeldungen gesendet werden, verfüge DAB über eine "deutlich größere Übertragungsbandbreite und eine exzellente Empfangsqualität". BMW wird vom Herbst kommenden Jahres an die ersten Fahrzeuge serienmäßig mit DAB-datenfähigen Radios ausrüsten, zudem gibt es auch schon im Handel entsprechende Geräte zum Nachrüsten.

Richtig und rasch

In der Praxis soll durch Diwa vor allem die lokale Gefahrenwarnung für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen. Der Fahrer wird per Navigationssystem oder DAB-Radio "gezielt auf Gefahren hingewiesen, die sich auf seiner Strecke befinden", so Obert. Im Display erscheint dann eine leicht zu verstehende Meldung wie "Aquaplaning 1000 Meter", "Gefahr durch Unfall, rechte Fahrspur gesperrt" oder "höchste Gefahr durch Stauende hinter Kurve in 2000 Meter".

Die Information erfolgt - je nach System - optisch oder auch durch Sprachausgabe. "Der essentielle Gewinn ist die individuelle Information für die unmittelbare Fahrt. Der Fahrer weiß, dass sie genau ihn betrifft und er nimmt sie ernst", erläutert Diplom-Psychologe Jörg Kubitzki, der beim AZT verantwortlich für das Diwa-Projekt ist.

Um Autofahrern aktuelle Hinweise richtig und rasch zu liefern, muss die Qualität der Daten und der Übertragungsweg gut sein. Die Daten, die in der Landesmeldestelle Bayern zusammenlaufen, kommen aus mehreren Quellen.

Des Warnanhängers Position

So sind seit wenigen Wochen Beamte der Polizeidirektion Erding mit kleinen Organizern ausgerüstet, in die sie - bei Unfällen oder Hindernissen auf der Fahrbahn - die Meldung eingeben und dann weiterleiten. Zudem sind Warnanhänger, die auf Baustellen oder Spurverengung aufmerksam machen, mit satellitengestützter Ortungstechnik und Mobilfunk ausgerüstet. Sie senden ihre Position ebenfalls an die zentrale Meldestelle. "Der Einsatz der Warnanhänger funktioniert schon sehr gut", berichtet Steffen Küpper, beim bayerischen Innenministerium für Diwa zuständig.

2008 sollen alle Erkenntnisse und Erfahrungen ausgewertet werden; dass Diwa Unfälle verhindern kann, gilt aber schon jetzt als sicher. Bei der EU geht man davon aus, "dass Assistenzsysteme, die unaufmerksame Fahrer warnen, ein Drittel der Unfälle auf Autobahnen oder knapp zehn Prozent aller Unfälle vermeiden helfen".

© SZ vom 7.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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