Mercedes Sprinter:Elektronisch in die Gänge kommen

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DaimlerChrysler startet einen neuen Versuch: Mit einer Start-/Stopp-Automatik Kraftstoff sparen

(SZ vom 15.03.2000) Lange Zeit führten die Nutzfahrzeuge in den Konzernen ein Schattendasein, obwohl sie es von der Ertragsseite her gar nicht verdienen. Erst in jüngster Zeit erkennen die Werke ihren Wert, gründen eigene Sparten und bauen ihre Produkte kundengerechter. Diese Haltung hat auch zum nachhaltigen Erfolg des Sprinter von Mercedes-Benz beigetragen. Seine Entwickler streben die technische Marktführerschaft an: Eine serienmäßige Antriebsschlupfregelung beispielsweise, die kein anderer Hersteller liefert, macht den Mercedes zum geländegängigsten aller Transporter. Auch ein serienmäßiges ABS muss man in dieser Klasse sonst lange suchen.

Solche Details, die auf den ersten Blick nicht auffallen, werten den Sprinter im direkten Preisvergleich auf. Seit der Markteinführung 1995 wurden bereits 500 000 Stück verkauft, 1999 waren es 114 000. Dreizehn Prozent davon sind verglaste Kombis mit Sitzeinrichtung, der Rest Kasten, Pritschen und Doppelkabinen. Nur zwei Prozent haben einen Benzinmotor, alle anderen wirtschaftliche Selbstzünder.

Gerade hier sah DaimlerChrysler Handlungsbedarf und nahm einen zusätzlichen 115 kW (156 PS) starken Common-Rail-Dieselmotor mit 2,7 Liter Hubraum ins Programm. Der Fünfzylinder liefert ein Drehmoment von 330 Nm bei 1400 bis 2400/min und hat, wie alle anderen Mercedes-Motoren in dieser Klasse, vier Ventile pro Zylinder. Modernste Technik mit Hochdruckeinspritzung und Turbolader erhielten auch die Versionen mit 80 kW (109 PS) und 95 kW (129 PS).

Deutlich überarbeitet wurde auch das Basisaggregat mit 60 kW (82 PS). Es gibt zwischen 1400 und 2600/min 200 Nm Drehmoment ab, genügend, um auch beladen am Berg nicht zu verhungern. Dieser kleinste Motor erlaubt Höchstgeschwindigkeiten von 120 bis 130 km/h (je nach Ausführung). Die anderen erreichen maximal 140 bis 150 km/h und die Spitzenmotorisierung wird bei 160 km/h abgeregelt. "Diese Beschneidung der Spitzengeschwindigkeit machen wir aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit", sagt Rolf Bartke, Leiter des Geschäftsbereiches Mercedes-Benz Transporter. In der Tat sind die Verbrauchswerte der Dieselmotoren mit 7,3 bis 9,8 Liter auf 100 Kilometer moderat.

In allen Dieselvarianten wird auf Wunsch ein neuartiges, automatisiertes Sprintshift-Getriebe angeboten. DaimlerChrysler hat sich ja schon bei den großen Lkw und dem kleinen Smart zur elektronischen Schaltung entschlossen und will nun auch im Transportersektor die Welt bekehren. Man rechnet mit einem Anteil von etwa 20 Prozent.

Die Vorteile der neuen Technik ohne Kupplungspedal liegen in einem um zwei Prozent gesenkten Kraftstoffverbrauch, problemlosem Anfahren am Berg, absoluter Sicherheit gegen Verschalten, hoher Langlebigkeit des Kupplungs- und Schaltequipments und der Halbierung der Kosten gegenüber einem herkömmlichen Vollautomatikgetriebe. Bei ersten Fahrten funktionierte das Shiftgetriebe gut, lediglich der Kickdown könnte spontaner kommen. Hier muss noch Feinarbeit geleistet werden.

Es bleibt dem Kunden überlassen, ob er am griffgünstig im Armaturenbrett gelegenen Joystick-Schalthebel seine sechs Gänge per Antippen wählt oder dies der Automatik überlässt. Schließlich ist aber auch das Fünfgang-Handschaltgetriebe eine lobenswerte Alternative, die keine Kritik aufkommen lässt. Die Joystick-Schaltung lässt vorn einer dritten Person ausreichend Platz, oder sie gewährt einen ungehinderten Durchgang nach hinten.

Motorenprogramm erweitert

Nachdem andere Hersteller an der Start-/Stopp-Automatik gescheitert sind - angeblich war die Zeit noch nicht reif - startet DaimlerChrysler einen neuen Versuch. In allen Dieselvarianten ohne Shiftgetriebe gibt es wahlweise diese Einheit, die den Motor abstellt, wenn die Standzeit länger als drei Sekunden und kein Gang eingelegt ist. Der Kunde entscheidet per Knopfdruck, ob er diesen Fahrmodus will oder nicht. Laut DaimlerChrysler können bei dichtem Verteilerverkehr bis zu acht Prozent Kraftstoff mit dieser Technik gespart werden.

Durch den markanteren Mercedes-Stern in der Kühlergrillmitte unterscheidet sich das neue Modell am deutlichsten vom Vorgänger. Die Front wurde um 5,7 Zentimeter länger, die Stoßstangen erhielten vernünftigerweise Tritte, um die Scheiben leichter reinigen und enteisen zu können. Luftschlitze im rechten Kotflügel weisen ebenfalls auf das neue Modell hin.

Mehr Komfort im Innenraum

Den Innenraum prägen angenehme Details wie vergrößerte Türablagen, Aufnahmen für Warndreieck und Verbandkasten in der Türverkleidung, Schreibgerätehalterung im Armaturenbrett, Klemmvorrichtung für Papiere in Fahrergriffnähe und Becherhalter. Auf Wunsch können eine Telefonhalterung samt Freisprechanlage, eine Klimaautomatik und ein Navigationsgerät eingebaut werden. Desweiteren wurden strapazierfähige, gefällige Stoffe gewählt und hochwertige Sitze, deren Verstellbereich ausreichend ist. Alle Sitze haben Dreipunkt-Sicherheitsgurte, der Fahrerairbag ist serienmäßig, der Beifahrerairbag hingegen muss zusätzlich geordert werden. Von Mitte 2000 an ist ein Kopfairbag im Programm.

Der neue Sprinter wird als Kastenwagen, Pritsche, Einzel- und Doppelkabine in drei Radständen (3000/3550/ 4025 mm) angeboten, als Personentransporter mit 3000 und 3550 mm. Selbstverständlich gibt es ein Hochdach. Die Nutzlasten reichen von 695 Kilogramm (Kombi) bis 2045 Kilogramm (Doppelkabine lang). Alle Ausführungen haben zwei Tonnen Anhängelast. Der neue Sprinter steht schon bei den Händlern. Er kostet als Kastenwagen mindestens 39 950 Mark (ohne MwSt) und höchstens 68 800 Mark als 416 CDI mit Hochdach und 4,6 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht.

Von Ernst Woisetschläger

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