Mercedes-Benz C 43 AMG / E 55 AMG:Wenn nur die Leistung zählt

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Die AMG-Versionen setzen neue Höhepunkte in der C- und E-Klasse - auch was die Preise betrifft

(SZ vom 22.10.1997) Sie werden häufig bestaunt, manchmal auch kritisiert, aber in jedem Fall von nur wenigen gefahren. Äußerlich stellen sie ihre inneren Werte nur dezent zur Schau: durch ein M-Signet mit den drei schrägen Streifen am Heck, oder mit dem Schriftzug AMG. Die Spezialversionen allseits bekannter Großserienlimousinen erfreuen sich auch in Zeiten allgemeiner Katerstimmung in bestimmten Kreisen außerordentlicher Beliebtheit: bei Autofahrern, für die (wie im wirklichen Leben?) nur die Leistung zählt.

Diese kaufkräftige Klientel wird jetzt in sich gehen müssen, denn Mercedes-Benz krönt die C- und E-Klasse von nun an mit zwei neuen Topmodellen: dem C 43 AMG und dem E 55 AMG. Erstmals ist es den Werkstechnikern gelungen, in die kompakte Karosserie der C-Klasse einen Achtzylinder-Motor zu verpflanzen, während sich der direkte Konkurrent, der M3 von BMW, mit einem Sechszylinder bescheiden muß. Und in der E-Klasse sind nun 260 kW (354 PS) das Maß aller Dinge. Allerdings lassen sich auch die Preise für die neuen AMG-Modelle nicht so leicht übertreffen: 114 425 Mark kostet der leistungsgesteigerte C 43 als Limousine, für den Kombi sind 117127 Mark und 50 Pfennige fällig. Der E 55 AMG steht mit 148 350 Mark in der Preisliste - aber ein paar Extras werden sich schon noch finden, um die 150 000-Mark-Grenze zu überschreiten.

Was wird für diese wahrhaft königlichen Preise geboten? Zunächst einmal Leistung im Überfluß, aber auch jede Menge Luxus und eine Extraportion Fahrspaß. Bei einer ersten Begegnung erwiesen sich die beiden Boliden - bildlich gesprochen - Gott sei Dank nicht als Kraftpakete, die vor lauter Muskeln nicht mehr laufen können, sondern als Langstrecken-Athleten, denen an keiner Steigung die Puste ausgeht.

Wie sich das Konditionstraining bei AMG auf die Form der Großserienlimousinen auswirkt, machen folgende Zahlen deutlich: Der 4,3 Liter große V8-Motor leistet nach der Kraftkur 27 PS mehr als der im serienmäßigen E 430. Im C 43 AMG verhelfen 225 kW (306 PS) zu einer elektronisch abgeriegelten Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, 6,5 Sekunden dauert es, bis der Zeiger auf der - wie bei allen AMG-Modellen - weiß unterlegten Geschwindigkeitsanzeige über die Zahl 100 saust. Den Verbrauch beziffert MB auf durchschnittlich 11,7 Liter.

Noch eine Spur stärker geht der V8 mit 5,5 Liter Hubraum im E 55 AMG zur Sache. Es dauert nur 5,5 Sekunden, bis die auf deutschen Landstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit erreicht ist, und wenn er dürfte, würde der E 55 AMG rund 290 Sachen schnell sein - er wird aber ebenfalls bei Tempo 250 abgeriegelt. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch ist mit 12,1 Litern angegeben. Natürlich haben die Techniker auch Fahrwerk, Bremsen, Federung und Dämpfung der gesteigerten Leistung angepaßt. Die Kraft wird in allen Varianten über eine Fünfgang-Automatik, die nahezu ruckfrei schaltet, auf die Hinterachse gebracht.

Natürlich unterscheiden sich der C 43 AMG und der E 55 AMG am deutlichsten in den Platzverhältnissen im Innenraum. Aber auch bei der Gesamtauslegung wurden bei ersten Fahrten Unterschiede spürbar: Der C 43 ist kompromißloser auf Sportlichkeit getrimmt, während bei der E-Klasse Komfortaspekte deutlicher in den Vordergrund treten. So rollt der E 55 leiser und samtpfötiger ab, soweit dies bei den Reifendimensionen (hinten: 265/35 ZR 18) möglich ist. Bei einem leichten Druck auf das Gaspedal setzt ein mächtiger Vortrieb ein.

Vor allem das subjektiv entscheidende Drehmoment ist im Überfluß vorhanden. Es beträgt im C 43 maximal 410 Newtonmeter - und der Höchstwert liegt zwischen 3250 und 5000/min an. Im E 55 sind es sogar 530 Newtonmeter bei 3000/min, mehr als 500 Nm stehen im Bereich zwischen 2500 und 4800 Touren bereit. In der Praxis bedeuten diese Werte, daß ein Kickdown des Gaspedals eigentlich nie erforderlich ist.

Wer auf ein paar PS verzichten kann oder muß, weil der Bankdirektor nicht mitspielt, kann auch zu diversen Zubehör- und Anbauteilen aus dem AMG-Styling-Programm greifen. Nur gilt dann der Grundsatz nicht mehr: Mehr Sein als Schein . . .

Von Otto Fritscher

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