Lamborghini Gallardo LP 560-4:Keine Chance für Chop

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Lamborghini macht's fast wie Porsche: Neue Modelle sind rar, die vorhandenen werden öfter mal modifiziert. Die aktuelle Gallardo-Variante hört auf den Namen "LP 560-4". Die erste Ausfahrt

Stefan Grundhoff

Chop quetscht sich in das enge Volant und mustert das dunkle Lambo-Cockpit. "An dem gibt es nicht viel zu machen", überrascht einer der bekanntesten Autohändler in den USA, "ein paar breitere Reifen, schwarze Rückleuchten und Kotflügelverbreitungen. Dann wäre er perfekt." Ein großes Lob vom King of Cars, der erstmals den neuen Lamborghini Gallardo LP 560-4 unter die Lupe nimmt.

Flitzende Flunder in den Hügeln hinter La Vegas: der Lamborghini Gallardo LP 560-4 (Foto: Foto: Pressinform)

560 für die Kraft, 4 für den Antrieb

Nein, Lamborghini wird auf absehbare Zeit seine Modellpalette nicht ausdehnen, bekräftigt Lamborghini-Präsident Stephan Winkelmann ein weiteres Mal. Immerhin sind die Zahlen der italienischen Sportwagenmarke besser denn je. Im vergangenen Jahr wurden von Murciélago und insbesondere dem kleineren Gallardo mehr als 2400 Fahrzeuge verkauft - so viele wie nie zuvor. Man wolle zwar weiter wachsen, so Winkelmann, und weitere Derivate sollen das möglich machen. Das aktuellste Spielzeug heißt Lamborhini Gallardo LP 560-4. Die "560" steht für die mächtige Motorleistung, die "4" für den Allradantrieb.

Zurück in den Auto-Mall-Drive südlich von Las Vegas. Der King of Cars hat den neuen Gallardo LP 560-4 zur Audienz geladen. Chop ist Firmeneigentümer von Towbin und der einzige Autohändler Amerikas mit einer landesweit ausgestrahlten Fernsehshow - in dieser Show verkaufen Chop und seine rund 50 Mitarbeiter Autos jeglicher Art.

Vor zwölf Jahren gab es die ersten Verkaufsshows. Von Haus aus ist der 32-Jährige Dodge-Händler, und zwar der größte in den Vereinigten Staaten. Sein erstes Auto hat er mit 14 verkauft, ganz in den Fußstapfen von Vater und Großvater. Pro Monat verlassen mehr als 750 Fahrzeuge seine unspektakulären Verkaufsräume in Henderson, an der südöstlichen Stadtgrenze von Las Vegas.

"Ich habe schon unzählige Lamborghinis verkauft - Murciélagos und Gallardos", erzählt der freundlich lächelnde Autofreak und macht dabei Handbewegungen wie ein cooler Rapper, "aber den neuen LP 560-4 sehe ich heute zum ersten Mal".

Mit hohem Tempo eine Stichstraße hoch - Kraft ist im Überfluss vorhanden. (Foto: Foto: Pressinform)

Wird der Murciélago vom Thron gestoßen?

Vom Verkaufsgelände weg geht es mit ihm auf eine kurze Spritztour durchs Gewerbegebiet. "Wie immer noch kein Starterknopf", Chop grummelt, lächelt im nächsten Moment hocherfreut als er den 1,6 Tonnen schweren Boliden die Stichstraße hochjagt. "Die Schaltung ist viel besser als bisher. Mein letzter Lambo hat beim Schalten immer so gezuckt. Jetzt läuft das Ganze läuft viel smoother ab", schildert er seine ersten Eindrücke.

Längst hat er via E-Gear in den vierten Gang geschaltet und zirkelt den neuesten Lambo-Renner lässig um zwei Pick-ups, die sich im Auto Mall Drive um einen engen Parkplatz streiten. Chop, wie immer schwarz gekleidet, hat sich sein Bild gemacht. Er fährt zurück und stellt den grauen Gallardo ab. "Der 560 ist viel besser als der alte. Aber die roten Rückleuchten gehen bei uns hier in Vegas einfach gar nicht", erzählt er, als er nochmals um den Wagen schleicht. Vorne will er nichts machen. Da gibt es neue Kühleinlässe und ein charakterstarkes LED-Tagfahrlicht. Als ob die Autos vor dem Gallardo nichts schon genug Angst hätten.

Der neue Lamborghini LP 560-4 kratzt immer deutlicher am Thron des übermächtigen Murciélago-Superrenners. Bereits die leichtere Superleggera-Version des Gallardo war dem Nachfahren des Diabolo gerade in Sachen Fahrdynamik seit letztem Jahr auf den Fersen. Beim neuen LP 560-4 wird das ganze noch enger. Grund ist der gründlich überarbeitete Zehnzylinder, der mit Benzindirekteinspritzung und einer Hubraumerweiterung auf 5,2 Liter gerade unten herum deutlich williger ans Werk geht. So gibt es mehr Drehmoment (540 Nm bei 6.500 U/min) und mehr Leistung (560 statt bisher 520 PS). Nicht, dass der Pilot eines Superleggera sich hätte über eine latente Leistungsschwäche beschweren können. Aber mit dem 560er geht das ganze eben doch noch kraftvoller vonstatten.

Lamborghini LP 560-4
:Soviel Bolide muss sein

Mit dem LP 560-4 will Lamborghini die Latte für Supersportwagen deutlich höher legen.

Auch in Sachen Topspeed dürfte es einem Murciélago ebenso wie der Konkurrenz von Porsche und Ferrari kaum gelingen, die Flunder aus Sant' Agata abzuschütteln. Wer die sechs Gänge ausdreht und den Allradler bis in den Begrenzer beschleunigt, schafft 325 km/h Höchstgeschwindigkeit. Auch bei 0 auf 100 km/h in 3,7 Sekunden und 0 auf 200 km/h in 11,8 Sekunden wird die Luft dünner denn je. "Der LP 560-4 übertrifft seinen Vorgänger in jeder Hinsicht, seine Dynamik ist schlicht atemberaubend und sei Design setzt neue Maßstäbe", so Stephan Winkelmann.

Der Renner aus Sant' Agata will an die Spitze

Doch mit Leistung allein und Verbesserungen am Fahrwerk ist es auch für eingefleischte Sportwagenfans nicht mehr getan. So gibt es nicht nur rund zehn Prozent mehr Leistung, sondern auch knapp 20 Prozent weniger Benzinverbrauch. Nicht, dass der Gallardo dadurch zum Ökorenner verkommen würde. Aber in dieser Leistungsklasse ist ein Durchschnittsverbrauch von 13,7 Litern pro 100 Kilometern eine stramme Verbesserung. Auch der deutsche Kaufreis von knapp 150.000 Euro zzgl. 19 Prozent Mehrwertsteuer wird keine Käufer abschrecken - an denen mangelt es Lamborghini ohnehin nicht.

"Wie teuer ist er? 220?", fragt Chop und blickt zu seinen gaffenden Kollegen herüber. "No chance für chopping" - diesen Preis kriegt auch der King of Cars nicht klein. Dabei knackt Chop eigentlich jeden Preis und hat so seinen Spitznamen bekommen.

Die Mitarbeiter von Chop haben zwar sechs Tage die Woche nichts anderes als Autos von A bis Z sowie150 bis 600 PS im Kopf, doch der Gallardo raubt ihnen offensichtlich nach wie vor alle Sinne. Sie sehen wohlwollend über das viel zu enge Cockpit, die geringe Sitzhöhe und die wenig schmuckvolle Schalterbatterie in der Mittelkonsole hinweg. Stattdessen werden iPhones gezückt und selbst der King of Cars himself knipst zum Abschied - das muss einfach sein. Vielleicht kommt es in einer seiner nächsten Verkaufsshows vor. In Las Vegas ist ja alles möglich.

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