Hyundai Lantra Combi:Modekombi aus Korea

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Der Kunde kann vorerst nur zwischen einer 90- und 114-PS-Version wählen

(SZ vom 24.02.1996) Der am deutschen Markt erfolgreichste koreanische Automobilhersteller ist immer für eine Überraschung gut: Einmal preist er seine Neuwagen mit zinslosem Finanzierungsangebot an, einmal inklusive Haftpflichtgebühren, ein andermal einschließlich Inspektionen für die ersten drei Jahre. Auch wenn die spektakulären Marketing-Instrumente wiederholt durch einstweilige Verfügungen wegen angeblich unlauteren Wettbewerbs entschärft worden sind: Hyundai Deutschland hat es geschafft, das Interesse kostenbewußter Verbraucher für die Einführung neuer Modelle zu gewinnen.

Für den ersten Pkw-Kombi aus Korea, wo diese Fahrzeugart bisher unbekannt war und auf Anhieb zum Verkaufsschlager avancierte, verzichtet der deutsche Hyundai-Importeur auf attraktive Nebenleistungen und setzt in vollem Umfang auf ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Primär sind es 'konsensfähige Produkte', die Jürgen Voss, Hyundai-Geschäftsführer Deutschland, für den erfolgreichen Verdrängungswettbewerb seiner Marke verantwortlich macht. Von ihnen verkaufte er hierzulande mehr als 120 000 Hyundai in den vergangenen vier Jahren. Den Löwenanteil von 38 Prozent soll die Lantra Limousine für 1996 übernehmen.

Nach Toyota wählt auch Hyundai das große C als Schmuck-Buchstaben zur Abgrenzung seines neuen Combis gegenüber anderen Kombinationswagen und weist damit den Weg für die Positionierung im Markt: Der Lantra Combi basiert auf der seit Herbst 1995 eingeführten Limousine, woran sein rundliches, durchaus eigenständiges Styling keine Zweifel läßt, und möchte ein Modekombi sein. Deshalb reichen ihm 362 Liter Kofferraumvolumen, das sich bei umgeklappten Rücksitzen auf 1260 Liter erhöhen läßt. Auch seine bescheidene Ladekapazität von 477 bis 517 Kilogramm folgt dem zeitgeistigen Wertewandel einer Kombi- Kundschaft, die Gefälligkeit über Praktikabilität setzt. Ausgleichend bietet er 32 Millimeter mehr Kopf- und drei Millimeter mehr Beinfreiheit auf den Rücksitzen als die Limousine. Und schließlich baut Hyundai bereits in der Basisversion GL serienmäßig Servolenkung, Drehzahlmesser, von innen einstellbare Außenspiegel, Dachreling und eine (wenngleich unzureichende) Lenkrad-Höhenverstellung zusätzlich zur Sicherheitsausstattung ein, die zwei Airbags, Seitenaufprallschutz in den Türen und eine Kindersicherung hinten umfaßt.

Ab 25 990 Mark steht der Lantra Combi GL 1.6i mit 66 kW (90 PS) starkem Vierzylinder-16V-Motor bereit, im volumenstärksten Kombisegment Deutschlands, in dem rund 80 Prozent aller Motoren ihre Kraft aus 1,5 bis 2,0 Liter Hubraum schöpfen, gegen Volkswagen Golf Variant, Ford Escort Turnier, Citroën ZX Avantage Break, Toyota Corolla Combi und Nissan Primera Kombi anzutreten. Damit wendet sich Hyundai an Familien mit einem Einkommen bis 3000 Mark, die den praktischen Nutzwert eines Autos höher bewerten als dessen Image.

Für 27 990 Mark bietet die Ausführung GLS mit Mittelarmlehne vorne, vier elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung, Lendenwirbelstütze im höhenverstellbaren Fahrersitz, Cup-Holder sowie Teppichboden bis ins Gepäckabteil zwar nicht unbedingt notwendige, aber doch sehr angenehme Komfortmerkmale über die Basisausstattung hinaus. Wer außerdem 1750 Mark für ein Vierkanal-ABS ausgeben möchte, erhält ein zeitgemäß geschnürtes Pkw-Konzept im modernen Outfit zum günstigen Preis. Einmalig bei Hyundai ist auch das Angebot, für ein identisch ausgestattetes Fahrzeug zwischen zwei Motoren unterschiedlicher Leistungsstärke wählen zu können - ohne Aufpreis. So stellt der GLS 1.6i neben den erwähnten 66 kW (90 PS) wahlweise auch 84 kW (114 PS) bereit, und erntet statt 126 Nm Drehmoment deren 143 bei 3000/min. Die Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h liegt 14 km/h über jener der 114-PS-Version. Während der Normverbrauch beider Versionen mit 8,4 l/100 km Normalbenzin angegeben wird, dürfte der Praxisverbrauch des stärkeren Motors nur etwas höher liegen als der des Modells mit der - völlig ausreichenden - Standard-Motorisierung.

Für schaltfaule Menschen

Technische Highlights wird vom Hyundai Lantra Combi niemand erwarten. Sein zeitgemäßer 1,6-l-DOHC-Motor dreht akustisch präsent bis knapp über 6000 Touren. Lantra-Fahrer können leicht zu schaltfaulen Menschen degenerieren, wofür allerdings mehr die hakelige Fünfgangschaltung verantwortlich zeichnet als die Elastizität des Motors. Zwar hat Hyundai auch hier vorgesorgt und bietet in Verbindung mit dem leistungsstärkeren Motor eine Vierstufen-Automatik an. Doch kostet sie nicht nur 1950 Mark extra, sondern mit 9,7 l/100 km auch mehr Treibstoff . Daß die servounterstützten Bremsen trotz Trommeln an der Hinterachse willig zupacken, würdigen wir ebenso entschlossen wie wir kritisieren, daß die Antriebskräfte beim Anfahren ungeniert an der ansonsten ordentlichen Lenkung zerren.

Alles in allem darf der Hyundai Lantra Combi als ehrliches Angebot seiner Klasse gelten: gut motorisiert, komplett ausgestattet, attraktiv gestylt und sehr preiswert am deutschen Markt positioniert. Wer darüber hinaus berücksichtigt, daß auch mit dem Kauf eines Lantra Combi neben der Fahrzeuggarantie von drei Jahren innerhalb von 100 000 gefahrenen Kilometern eine Mobilitätsgarantie erworben wird, die europaweit gilt und Ersatzteillieferungen, Bereitstellung eines Mietwagens und dergleichen umfaßt, wird bereit sein, über kleine Schwächen hinwegzusehen: beispielsweise über die seltsame Handhabung der umklappbaren Fondsitze und die den Laderaum verengenden stattlichen Federbeindome.

Übrigens plant Hyundai, seinen 'Hoffnungsträger' Lantra Combi noch in diesem Jahr auch von einem 2,0-l-DOHC- Motor mit 106 kW (145 PS) antreiben zu lassen. Erst 1997 wird eine 66 kW-(90 PS-) Dieselversion erwartet.

Von Jürgen Zöllter

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