Ford Transit:Hier spielt der Kontrabass jetzt leiser

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Das Transporter-Traditionsmodell ist auf den Stand der Technik gebracht worden / Die Preise beginnen bei 36.000 Mark

(SZ vom 11.03.2000) Transporter haben Resonanzkörper gleich einem Kontrabass. Auch der mächtige Hohlkörper - besonders der von Kastenaufbauten - verstärkt gerne die Geräusche. Doch als Musik wird Motoren- und Antriebslärm gewöhnlich nicht empfunden. Thomas Müller kennt das Problem. Er ist verantwortlich für die Karosserieentwicklung und damit auch zuständig für die Lärmdämmung des rundum erneuerten Ford Transit. Der steht von März an bei den deutschen Händlern, der Basispreis beträgt zirka 36 000 Mark.

Tatsächlich ist die neue Transporter-Generation deutlich leiser. Im Kampf gegen Schallkanäle ließ Müller Löcher zu Hohlräumen verstopfen. Gegen den üblichen Vibrationslärm dämmen Glasfaser-Kunststoffmatten die größeren Blechflächen. Ansonsten ist der Laderaum von einschränkenden Bauelementen frei. Das bringt den Kastenaufbauten pro Seite rund neun Zentimeter mehr nutzbare Innenfläche. Gleichzeitig sind die Fahrzeug-Außenmaße konstant geblieben. Außerdem ist die neue Karosserie erheblich steifer als bisher. In drei neuen Radständen ist der Ford jetzt zu haben. Bei allen Varianten hat die Ladekapazität zugenommen. Jede kann eine Europalette mehr laden kann, als das vergleichbare Vorgängermodell.

Der Urvater stammt aus Köln

Kleinlaster haben bei Ford Tradition. Der Urvater des Transit entstand Anfang der fünfziger Jahre in Köln. Sein Name: Kleintransporter FK 1000. Wenig später wurde er in Taunus Transit umgetauft. Der hatte eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem damals ebenfalls neuen Eil-Lkw von Volkswagen, bekannt geworden, unter dem Namen VW Bulli. Die Ähnlichkeit ist kein Zufall. Der einstige VW-Chefkonstrukteur Alfred Haesner war kurz zuvor zu Ford übergelaufen.

Das Nachfolgemodell kam 1965 aus England. Neu war die Stummel-Fronthaube, gekrönt von Riesenlettern mit dem Markennamen Ford in US-Schreibweise. Das ganze auf einem aus heutiger Sicht viel zu groß geratenem Frontgrill. Zwar mochten deutsche Chronisten Verarbeitungsqualität und Lebensdauer nicht mit der des VW-Transporters gleichsetzen, doch dem Erfolg des Kölner Eilfrachters tat dies keinen Abbruch. In den Jahren 1978 und 1995 je ein weiteres Mal modernisiert, hat sich der Transit bis heute vier Millionen Mal verkauft. Seit 33 Jahren ist er der meistverkaufte Transporter in England - in Resteuropa war er das neun Mal.

Von der einst so rustikal zerklüfteten Karosserie ist beim neuesten Transit kaum etwas übrig geblieben. Neu ist eine schräg gebügelte Auffaltung für das untere Drittel der Karosserie. In die Linienführung dieser Karosserie integriert, sind die wie heute üblich verklebten und deutlich größer gewordenen Windschutzscheiben. Fünfzehn Prozent weniger Kraftstoff soll das völlig neu entwickelte Dieseltriebwerk verbrauchen. Verglichen mit den Vorgängermodellen sind die 55 kW (75 PS), 66 kW (90 PS) und 81 kW (110 PS) starken Motoren um 20 Kilogramm leichter geworden. Weitere technische Daten: Diesel-Direkteinspritzung, Turboaufladung, Ladeluftkühlung, ein Leichmetall-Zylinderkopf mit zwei obenliegenden Nockenwellen und - neu in der Eintonnen-Nutzlastklasse - die Vierventiltechnik. Gleiche Merkmale gelten auch für die ab Herbst orderbaren Varianten mit Frontantrieb. Die müssen mit 2,0 Liter Hubraum auskommen, im Gegensatz zu den heckgetriebenen mit 2,4 Liter Hubraum. Mit diesem dualen Antriebskonzept, deckt der neue Transit zwei Transporterklassen ab. In der Nutzlastkategorie bis zwei Tonnen verfügt er über Heckantrieb. Das Triebwerk ist längs eingebaut. In der Eintonner-Klasse, die von Herbst dieses Jahres an zur Verfügung steht, tritt der Transit als Fronttriebler mit quer angeordnetem Antriebsstrang an. Beide Fahrzeugvarianten können auf der selben Fertigungsstraße produziert werden. Das teilweise aus Aluminiumkomponenten gefertigte Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorne und einer starren Hinterachse an Parabol-Blattfedern sorgt für die Fahrstabilität. Tatsächlich ist das Fahrverhalten dank der verlängerten Federwege vorn sowie Gasdruck-Stoßdämpfern rundum auch bei Leerfahrt deutlich verbessert.

Die nutzbaren Ladelängen reichen je nach Aufbau von 2,5 Meter beim Kastenwagen mit kurzem Radstand bis zu 4,15 Meter beim Pritschenwagen mit langem Radstand bei verlängertem Rahmen. Der Transit bietet Interieur auf Pkw-Niveau, wie die meisten Wettbewerber. Für weitere Sicherheit sorgt eine reibungsoptimierte Servo-Zahnstangenlenkung. Das Bremssystem ist mit ABS-Regelung und elektronischer Bremskraftverteilung aufgerüstet. Diese Kombination verkürzt den Anhalteweg durch optimierte Nutzung von Traktionsreserven. Eine Anfahrhilfe steht als Option zur Verfügung.

Die Modernisierung war überfällig

Die seit vier Jahren geplante Neueinführung war überfällig. Das Marktsegment der Nutzfahrzeuge von 2,8 bis 3,5 Tonnen macht in Europa mehr als 500 000 Einheiten aus. Um diesen Kuchen streiten sich inzwischen mehr als ein Dutzend Fahrzeughersteller in Europa. Es gilt zu bestehen gegen Hersteller wie Mercedes-Benz, Volkswagen, Fiat, Mazda, Mitsubishi, Toyota und Renault. Sie alle wollen die wachsende Nachfrage bedienen. Die ist in Deutschland zusätzlich gestiegen, seit der neue EU-Führerschein für die einstige Klasse 3 - heute Klasse B - nur noch Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht zulässt.

Fords neuester Kleinlaster wurde nicht in Deutschland und nicht in England entwickelt wie seine Vorgänger. Die Federführung für den neuen Europäer hatte das Truck-Vehicle Center in Dearborn/USA. Zusammengeschweißt und geschraubt aber wird er im belgischen Genk und im englischen Southampton. Und zusätzlich läuft der Transit von Ende des Jahres an auch im türkischen Izmir vom Band.

Von Johannes J. v. Saurma

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