Fiat Palio:Die Welt ist gerade genug

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Drei Karosserie-Varianten für 40 Länder auf vier Kontinenten / Nach Deutschland kommt im Herbst 2001 nur der Kombi

(SZ vom 30.09.2000) Wer an die automobile Versorgung der ganzen Welt denkt, hat sich nicht nur eine sehr große, sondern vor allem auch eine schwierige Aufgabe gestellt. Denn so facettenreich wie die Kulturen und Menschen sind, gestalten sich auch die Bedingungen und Anforderungen auf den verschiedenen Märkten. Was in den USA funktioniert, muss in Europa noch langen nicht klappen. Zahlreiche Fehlschläge amerikanischer Automobilhersteller auf dem Europamarkt sind der beste Beweis dafür. Aber auch in Asien kommt es - bei einem Massenprodukt wie dem Auto - mehr darauf an, dass die Fahrzeuge für die chronisch verstopften Innenstädte mit mangelndem Parkplatzangebot geeignet sind.

Was es nun bedeutet, ein so genanntes Weltauto zu bauen und vor allem erfolgreich zu vertreiben, versucht Fiat seit vier Jahren. Allerdings muss der Wahrheitsliebe halber dazu gesagt werden, dass dieses Weltauto weder in Australien noch auf dem US-Markt präsent ist. Dennoch können sich die Italiener rühmen, mit ihrer Palio-Familie auf vier Kontinenten vertreten zu sein. Produziert wird der Palio in acht Ländern und in weitere 32 Staaten exportiert.

In drei Varianten

Eine ganz tragende Rolle der produzierenden Staaten spielt dabei Brasilien. Denn 80 Prozent der mehr als 1,5 Millionen Palio-Autos wurden in dem südamerikanischen Staat hergestellt. Die Palio-Familie besteht aus drei verschiedenen Karosserie-Varianten: dem viertürigen Palio, dem fünftürigen Palio Weekend und dem Stufenheck Siena. Nach Deutschland hat es der Palio schon im Januar 1998 ausschließlich in der Kombiform Weekend gebracht. Das wird auch weiterhin so bleiben, wenn der neue Fünftürer im Herbst 2001 auf dem deutschen Markt eingeführt wird. Den kompakten Viertürer bei uns einzuführen, wäre derzeit auch nicht sinnvoll, da er mit dem Punto Konkurrenz im eigenen Hause hätte. Allerdings war bei Fiat zu hören, dass man mittelfristig auf einer gemeinsamen Basis ein Fahrzeug bauen wird, das dann Punto und Palio vereinen wird und auch auf dem deutschen Markt verkauft werden soll.

Ein Punkt für den Erfolg auf dem Weltmarkt ist die Optik eines Wagens. Dabei haben die Italiener einen bewährten Mann für den neuen Palio verpflichtet. Giorgetto Giugiaro, erst kürzlich zum Car-Designer des Jahrhunderts gewählt, hat den Stift zur Hand genommen und dem Palio das Aussehen gegeben, das er nun hat. Auf Giugiaros Konto, der seit 1975 mit dem Fiat-Konzern zusammenarbeitet, gehen Autos wie der Lancia Delta, der Fiat Panda, Uno, Punto und Punto Cabrio. Beim Palio möchte man fast vermuten, dass ihn die Muse zu wenig geküsst hat, denn der neue Wagen hat eine überaus verblüffende Ähnlichkeit mit dem Vorgängermodell. Das muss zunächst einmal kein Nachteil sein, denn Fiat beharrt darauf, dass der neue Palio zu 80 Prozent neue Bauteile hat. Darunter sind die Schlussleuchten aber offensichtlich nicht gewesen.

An der Front dagegen blicken moderner gestaltete Scheinwerfer hinter einer Klarglasabdeckung aus einer neuen Front. Und auch der Innenraum wirkt schlüssiger und aufgeräumter. Was die Qualität der Sitze betrifft, bleibt nur zu hoffen, dass sie für den deutschen Markt etwas straffer ausfallen. Gleiches gilt für das Fahrwerk, das zwar für schlechte südamerikanische Verhältnisse angenehm weich sein mag, den deutschen Kunden aber sicher so abstoßen wird wie seinerzeit US-Fahrwerke.

Jetzt weiß man zwar wie der Palio aussehen wird, wenn er 2001 nach Deutschland kommt, dafür ist es aber umso schwieriger, Genaueres über Motoren und Ausstattung zu sagen. Bisher gibt es zwei Benzin-Motoren mit 1,2 und 1,6 Liter Hubraum und einen 1,7-Liter-Diesel. Das wird auch noch bis Herbst kommenden Jahres so bleiben, denn alle Neuerungen des Palio kommen erst mit dem Modellwechsel zum Einsatz. Gerade für den deutschen Markt wird ein neuer Dieselmotor eine besondere Bedeutung haben. Einerseits sprechen die Italiener von einem kleinen Diesel, den sie Piccolo nennen und der zwischen 1,2 und 1,3 Liter Hubraum sowie eine Leistung zwischen 60 und 75 PS haben wird. Andererseits scheint ein Diesel mit 1,9 Liter Hubraum wegen der zu erfüllenden Abgasnormen näherer zu liegen.

Für welche Motoren sich die Italiener auch immer in Deutschland entscheiden werden, wichtig wird sein, dass der Palio Weekend preislich konkurrenzfähig sein wird. Derzeit liegt der Preis für den günstigsten Palio Kombi bei knapp 24 000 Mark. In Anbetracht der Konkurrenz aus dem VW-Konzern (VW Polo Variant, Seat Toledo Kombi und bald Škoda Fabia Kombi) muss Fiat schon einiges aufbieten. Dabei haben die Italiener keine schlechten Karten, denn es kann auch von Vorteil sein, wenn der Kunde zwar ein neues, aber doch für ihn sehr vertrautes Auto kauft. Schließlich will sich Fiat mit nicht weniger als der Welt zufrieden geben.

Von Marion Zellner

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