Feinstaub:Warten auf die Förderung

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Die Besitzer älterer Dieselfahrzeuge sind in Sachen Nachrüstung mit Rußpartikelfiltern viel zögerlicher als erwartet.

Joachim Becker

Sollte das nur die Ruhe vor dem Sturm sein, dieses Warten auf die Nachrüstwelle? Für Opel-Sprecher Karl Mauer jedenfalls scheint es so: ¸¸Der Bestelleingang ist nicht so toll", beschreibt er das Zögern der Kunden, ¸¸Engpässe bei Partikelfiltern für gebrauchte Diesel erwarten wir nicht. Wir haben uns viel größere Kontingente gesichert, als jetzt abgerufen werden."

Vorbei die Klage über tödliche Rußschleudern, verklungen das Lied von überschrittenen Feinstaubgrenzwerten. ¸¸Die Hektik im Markt ist erst einmal vorbei", bestätigt man auch bei Audi.

Während die Autohersteller mit Hochdruck an Nachrüstlösungen arbeiten, üben sich rund neun Millionen Dieselfahrer in Zurückhaltung: Umweltschutz schön und gut - aber der Run auf die Filter geht wohl erst los, wenn die Filterförderung kommt.

Politischer Wirrwarr

Die Regierung hat ihren Filterfahrplan im Koalitionsvertrag festgelegt: ¸¸Wir werden die Nachrüstung von Kraftfahrzeugen mit Partikelfiltern aufkommensneutral steuerlich fördern und von 2008 an neue Kraftfahrzeuge ohne diesen Standard mit einem steuerlichen Malus belegen."

Dem langjährigen Hickhack um die Filterförderung sollen nun Gesetze folgen, allerdings fällt der jüngste Vorstoß hinter frühere Pläne zurück: ¸¸Die neue Bundesregierung hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie den Partikelfilter bei Neufahrzeugen entgegen der Zusage von Rot-Grün nicht steuerlich fördern wird, was bedauerlich ist", sagt Gerd Lottsiepen, der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland e. V. (VCD).

Trotzdem ist die Zahl der neuen Modelle mit Partikelfilter seit November 2005 um 25 auf inzwischen 86 Fahrzeugtypen gestiegen - nachzulesen in einer aktuellen VCD-Erhebung unter www.verkehrsclub.de.

Auch wenn Kleinwagen aus Kostengründen noch immer auf das Rußsieb verzichten: Kein Auto wird die strengen EU5-Grenzwerte von 2010 an ohne den Partikelfilter schaffen. Bereits im vergangenen Sommer hatte der Verband der Automobilindustrie (VDA) angekündigt, bis 2008/2009 alle im Inland neu zugelassenen Diesel-Pkw mit Filtern auszustatten. Der geplante Steuermalus für rauchende Neufahrzeuge nach Jahresbeginn 2008 rennt also offene Türen ein.

Strafsteuer für Stinker

Wenn mit dieser Strafsteuer aber kein Geld zu verdienen ist, wie soll dann die Filternachrüstung aufkommensneutral gefördert werden? Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber hat seine Idee der Lösung kürzlich skizziert: ¸¸Wir stellen uns einen Förderbetrag für die Nachrüstung von 300 Euro vor, der von denjenigen Fahrern gegenfinanziert werden muss, die ohne Filter unterwegs sind."

Eine Strafsteuer für Dieselstinker also, die - so Bundesumweltminister Sigmar Gabriel - ¸¸deutlich vor 2008" in Kraft treten soll. Bis die neue Filterverordnung kommt, vergeht voraussichtlich noch ein halbes Jahr.

Anfang 2007 könnte es für alte Diesel also eng werden; auch wegen der neuen Plakettenverordnung, die innerstädtische Fahrverbote für Rußschleudern zur Folge haben wird. Steuermalus und Einfahrsperre dürften Dieselstinker zu Langstehern auf dem Gebrauchtwagenmarkt machen. ¸¸Einen Diesel, der älter als fünf Jahre ist, wird trotz Förderung kaum jemand nachrüsten. Viele Besitzer werden sich eher ein neues Auto zulegen", prognostiziert Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Und die Zurückhaltung wäre verständlich: Der Austausch des alten Oxidations-Katalysators gegen einen neuen mit Partikelfilter kostet zwischen 600 und 800 Euro inklusive Einbau. Abzüglich Steuermalus bleibt eine Nettobelastung von rund 400 Euro, die sich bestenfalls beim Wiederverkauf rechnet.

Technische Limitierungen

Eine höhere Emissionsstufe (zum Beispiel EU4 statt EU3) und entsprechende Steuergeschenke bringt der Filtereinbau nicht, denn: Die ungeregelten Nachrüstsysteme müssen per Gesetz lediglich 30 Prozent der Partikel filtern. Besonders im Kurzstreckenverkehr wird der restliche Feinstaub durch eine offene Kanalstruktur weiterhin in die Umwelt geblasen. Erst wenn der so genannte Filterkuchen freigeglüht ist, kann er bis zu 70 Prozent des Kohlenstoffs aus den Abgasen saugen.

Geschlossene Serienlösungen, die von Sensoren kontrolliert und per Nacheinspritzung gesäubert werden, schaffen dagegen einen Reinigungsgrad von weit mehr als 90 Prozent. Sie sind aber nur bei jungen Gebrauchten nachrüstbar, die auch ab Werk mit Filter zu haben sind.

Den Umweltnutzen durch die Nachrüstung schätzen Experten ohnehin nicht allzu hoch ein. ¸¸Selbst bei einer 100-prozentigen Einbaurate sinkt die Staubbelastung um maximal fünf Prozent", sagt Peter Hupfer, Chef des TÜV Süddeutschland; der ADAC erwartet unter optimalen Bedingungen eine Feinstaubentlastung von höchstens zehn Prozent.

Ärger mit Filtern möglich

Obendrein können Partikelfilter bei falscher Anwendung Probleme machen. So heißt es in der internen Mitteilung einer deutschen Automarke: ¸¸Tests mit Fremdangeboten ergaben mehr Verbrauch, weniger Motorleistung, Beschädigungen des Abgasturboladers bis hin zu Motorschäden." Viele Automobilhersteller drängen darauf, dass nur ihre Originalfilter eingebaut werden; andernfalls könne die Gewährleistung erlöschen.

¸¸Solche Garantierücknahmen sind nach EU-Recht gar nicht zulässig", hält ein Experte aus der Filterindustrie dagegen. Diese Drohkulisse sei schon bei der Kat-Nachrüstung in den achtziger Jahren aufgebaut worden. ¸¸Jeder Filter mit Allgemeiner Betriebserlaubnis (ABE) darf auch eingebaut werden."

© SZ vom 8. 4. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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