Fahrbericht: Honda Legend:Leiser Luxusliner

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Eine Legende ist der Legend bei uns nie geworden. Hondas Flaggschiff wurde in Deutschland zuletzt in homöopathischen Dosen verkauft, räumt selbst Honda ein. Mit dem neuen Legend soll das anders werden.

Von Jürgen Wolff

Was haben Honda Legend und Ferrari F430 gemeinsam? Beide werden in Deutschland so selten verkauft, dass sie nicht einmal als eigene Modellreihe in der monatlichen Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes auftauchen.

Die Front des neuen Legend ist klar gezeichnet und endlich unverwechselbar: ein üppiger Kühlergrill, große BiXenon-Scheinwerfer, eine Motorhaube mit dynamischem Doppelfalz, ein integrierter Stoßfänger samt Nebelleuchten. (Foto: Foto: Honda)

In Asien und in den USA liegt der Legend ganz ordentlich im Rennen - hierzulande mochte sich zuletzt kaum noch ein Käufer mit dem zielsicher am europäischen Geschmack vorbei gezeichneten altbackenen Langweiler-Charme der asiatischen Mittelklasse-Limousine anfreunden.

Der Neue soll nun auch in Europa Terrain gut machen: Bescheiden rechnet Honda-Sprecher Alexander Heintzel mit rund 800 verkauften Fahrzeugen pro Jahr.

Objektiv betrachtet, sollte das mit dem rundum erneuerten Legend kein Problem sein. Äußerlich ist die 4,96 Meter lange Mittelklasse-Limousine kaum wieder zu erkennen. Das sportlich schwungvolle Outfit ist keine Beleidigung des guten Geschmacks mehr.

Im Gegenteil: Zwar kommt der Legend nicht so aufregend avantgardistisch daher wie der Civic - aber doch mit allen Designelementen einer zugleich klassischen und modernen Stufenhecklimousine. Die Front ist klar gezeichnet und endlich unverwechselbar: ein üppiger Kühlergrill mit drei Querrippen und großem Logo in der Mitte, große BiXenon-Scheinwerfer, eine Motorhaube mit dynamischem Doppelfalz, ein integrierter Stoßfänger samt Nebelleuchten.

Klar und hochwertig

Die Seitenansicht läuft glatt und schnörkellos und erinnert leicht an die Mercedes-E-Klasse; das rundlich bullige Heck auf den ersten Blick ebenfalls. Diesen Legend muss man nicht mehr verschämt zwei Ecken weiter parken, um ihn vor den belustigten Blicken der Nachbarn zu verstecken.

Innen setzt sich der positive Eindruck fort. Wohin das Auge blickt: hochwertige Materialien, angenehme Linien - Mittelklasse-Luxus. Edel, gediegen, gut verarbeitet, hochwertig - mit angenehmer Haptik und hohem Wohlfühlfaktor. Allenfalls die Mittelkonsole mit dem auf "Alu, matt" getrimmten Plastik fällt ein wenig ab - aber auch das nicht wirklich.

Der Legend ist vollgestopft mit elektronischen Helferleins - dennoch sind die Instrumente und Schalter selbsterklärend und logisch. Und gut erreichbar. Die meisten Funktionen lassen sich - wie in den größeren Modellen von Audi, BMW oder Mercedes - über einen großen Knopf einstellen. Nur, dass der hier etwas weniger gut erreichbar nicht vor dem Schalthebel, sondern auf der Mittelkonsole platziert ist.

Bitte umdenken!

Platz gibt es im neuen Legend reichlich. Vorne und im Fond, nach oben und zu den Seiten. Die Sitze sind, wie man sie von einer üppig ausgestatteten Limousine erwartet: lederne Clubsessel mit Seitenhalt, elektrisch verstellbar, straff, aber angenehm und bequem auch auf langen Strecken. Der Kofferraum liegt mit 452 Litern Fassungsvermögen eher im klassenüblichen Durchschnitt.

Wer sich als typischer Mittelklasse-Käufer für den Legend interessiert, muss, nein, darf umdenken: Schluss ist mit langen Aufpreislisten. Der Japaner hält schon serienmäßig alles an Komfort bereit, was das man sich als Vielfahrer wünschen kann - und bei anderen Herstellern teuer extra bezahlen muss.

Beispiel Sound-Anlage: Was an niederfrequenten Geräuschen überhaupt noch in den Fahrgastraum dringt, wird über zwei Mikrofone im Dachhimmel vorne registriert und vom "Active Noise Cancelation"-System analysiert. Unangenehme Frequenzen werden synchron mit einem umgekehrten Phasensignal aus den Lautsprechern akustisch neutralisiert. Was man hört, ist die Musik - ohne Hintergrundkulisse von Fahrwerk, Antriebsstrang und Motor.

Auch ohne Griff in die physikalische Trickkiste läuft der 3,5-Liter-V-6-Motor kultiviert, leise und sehr vibrationsarm. 217 kW/295 PS sind nicht wenig. Aber sie machen den Legend auch nicht zum Sprinter. Rund zwei Tonnen Fahrzeuggewicht sind nun mal nicht so lässig zu bewegen. Vor allem bei niedriger Drehzahl geht es ein wenig behäbig voran - gibt man dem Motor aber etwas "Stoff", legt er durchaus flott und kraftvoll los.

Von Null auf 100 km/h beschleunigt der Legend in 7,3 Sekunden. Die vergleichbare Konkurrenz kommt da auch nicht viel schneller voran. Der Verbrauch von 11,9 Litern Super auf 100 Kilometer liegt ebenfalls im klassenüblichen Rahmen. Bei lässig erreichten 250 km/h ist Schluss mit dem Vortrieb - schneller will man mit einem ausgeprägten Cruiser ohnehin nicht fahren.

Leise Reise

Zu all dem passt auch das Automatikgetriebe mit seinen fünf Fahrstufen. Es schaltet sanft, ausgewogen und komfortbetont. Die einzelnen Stufen sind gut auf den Motor abgestimmt - und aufs Gleiten. Wer lieber manuell schaltet, der kann das mit den zwei Schaltwippen am Lenkrad griffsicher tun.

Der Legend ist eine Reiselimousine. Entsprechend ist das Fahrwerk straff, aber komfortabel abgestimmt. Kaum eine Fahrbahnunebenheit schafft es bis zu den Insassen. Für Traktion und Spurstabilität vor allem in Kurven sorgt ein spezieller Allradantrieb namens "Super Handling All Wheel Drive": Je nach Fahrsituation variiert er die Antriebskräfte nicht nur zwischen den Achsen, sondern auch zwischen den Hinterrädern selbst. Ist man etwas zu flott in der Kurve unterwegs, gibt das System eine höhere Drehzahl auf das kurvenäußere Hinterrad. Kontrolliertes Übersteuern ist die Folge - und damit ein besseres Handling in schnellen Kurven.

Auch sonst hat Honda im neuen Legend so ziemlich alles an Elektronik verbaut, was die Sicherheit erhöht und das Fahren angenehm macht. "Für uns ist der Legend vor allem auch ein Technologieträger", sagt Walter Tief, Technikchef von Honda Deutschland: "Wir wollen mit ihm schon zeigen, was wir können."

Automatisches Bremsen

Neben den in dieser Klasse üblichen Assistenzsystemen wie Abbiegelicht, ABS, ESP, Bremsassistent & Co. muss man vor allem das Anti-Kollisionssystem CMBS erwähnen. Ähnlich wie Pre-Safe bei Mercedes überwacht CMBS ständig per Radar den Raum vor dem Fahrzeugen nach Hindernissen. Wird es eng und enger, warnt das System in drei Stufen zunächst akustisch, bremst dann leicht ab und strafft die Gurte. Reagiert der Fahrer immer noch nicht angemessen, geht das System noch eine Stufe strammer in die Eisen und verzögert mit 70 Prozent.

Eine hundertprozentige Vollbremsung bis zum Stillstand ist aber nach wie vor Sache des Fahrers. Technisch, sagt Tief, wäre zwar auch das möglich. Juristisch aber mag man sich mit den noch ungeklärten Folgen aus der Produkthaftung nicht herumplagen.

Objektiv ist der neue Honda Legend für das, was er bietet, ein preisgünstiges Auto. Nur auf den ersten Blick liegt er mit einem Preis von 54.600 Euro über dem Niveau beispielsweise von BMW 530xi (45.700 Euro Basispreis) oder Audi A6 3.2 Quattro (43.900 Euro). Denn während die dann noch reichlich nackt da stehen, gibt es den Legend ab Werk nur komplett - also etwa mit BiXenon-Licht, Lederausstattung, Glashubdach, Tempomat, Automatik, Rückfahrkamera, Zwei-Zonen-Klimaautomatik und allen anderen Annehmlichkeiten.

Die Sache mit dem Image

Eine Aufpreisliste gibt es nicht - wählen braucht man nur noch zwischen den Farben. Rüstet man BMW und Audi mit dem auf, was beim Legend zur Serie gehört, landet man mit dem 530xi bei knapp 62.400 Euro und beim A6 bei fast 64.000 Euro.

Trotzdem wird auch der neue Legend wohl nicht zum Renner werden. Im E-Segment, zu dem er zählt, dominieren die Image-Marken - Mercedes E-Klasse, Audi A6, 5er-BMW. Der neue Honda Legend kann - objektiv betrachtet - mit denen problemlos mithalten. Design, Komfort, Ausstattung, Leistung - alles mindestens konkurrenzfähig. Nur preiswerter.

Doch den meisten potenziellen Käufern wird schlicht das Image fehlen, das sie miterwerben möchten. Und die Aussicht auf einen in dieser Klasse ungewöhnlich hohen Wertverlust dürfte sie zusätzlich wenig begeistern - denn der könnte den Preisvorteil schnell wieder zunichte machen. Schade. Dieser Legend hätte zumindest einen Achtungserfolg verdient.

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