Europäischer Gerichtshof:Jeder hat ein Recht auf saubere Luft

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Sensationelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Europas Bürger können die Behörden künftig dazu zwingen, die Feinstaub-Belastung an vielbefahrenen Straßen zu reduzieren. Damit ist ein "Recht auf saubere Luft" geschaffen worden. Die Behörden müssen handeln.

Deutsche können künftig die Behörden dazu zwingen, einen Aktionsplan zur Verringerung der Umweltbelastung durch Feinstaub zu erstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Freitag in Luxemburg entschieden. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten in einem solchen Aktionsplan keine Maßnahmen ergreifen, die dafür sorgen, dass die Feinstaub-Grenzwerte nicht überschritten werden. Nötig sei lediglich, die Überschreitung der Grenzwerte "auf ein Minimum" zu verringern. (Rechtssache C-237/07)

Das höchste EU-Gericht gab damit dem Münchner Dieter Janecek Recht, der den Freistaat Bayern dazu verpflichten wollte, einen solchen Aktionsplan gegen die Feinstaubbelastung am vielbefahrenen Mittleren Ring der Landeshauptstadt zu erstellen. Der Bürger hatte "kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen" verlangt, damit die zugelassene Grenze von 35 Überschreitungen der Grenzwerte pro Jahr (50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft) eingehalten werde.

In dem EuGH-Urteil heißt es nun, es sei mit dem "zwingenden Charakter" der EU-Richtlinie zur Luftreinheit unvereinbar, wenn die betroffenen Personen die Verpflichtungen der Behörden nicht einklagen könnten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den EuGH angerufen, weil aus dem deutschen Recht kein Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans hergeleitet werden könne. Man könne lediglich konkrete Maßnahmen - beispielsweise ein Verbot des Lastkraftwagen-Verkehrs in bestimmten Straßen - einklagen.

Der Europäische Gerichtshof stellte hingegen jetzt fest, dass eine Privatperson die Aufstellung eines Aktionsplans erwirken können müsse, auch wenn sie noch andere Möglichkeiten habe, von den Behörden Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung zu erzwingen.

Hinsichtlich des Inhalts der Aktionspläne heißt es, die EU-Staaten seien nicht verpflichtet, "Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung kommt". "Ihnen obliegt - unter der Aufsicht der nationalen Gerichte - nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren."

© dpa/AP/bica/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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