EU-Beschlüsse zum CO2-Ausstoß:"Dem Klima ist wenig geholfen"

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Die Beschlüsse der EU-Kommission zum CO2-Ausstoß sorgen nicht nur für Begeisterungsstürme. Umweltminister Sigmar Gabriel befürchtet einen Krieg der Autohersteller.

Michael Kuntz

SZ: Herr Minister, dienen die aktuellen Beschlüsse der EU-Kommission zum Kohlendioxid dem Klimaschutz?

Plädiert für einen wettbewerbsneutralen Vorschlag für die CO2-Richtlinie der EU: Umweltminister Sigmar Gabriel. (Foto: Foto: dpa)

Gabriel: Sie bergen mindestens die Gefahr, dass für den Klimaschutz wenig dabei herauskommt. Es wird möglicherweise nur ein Wettbewerbskrieg zwischen Automobilherstellern ausgelöst, bei dem sich am Ende ein Hersteller großer Fahrzeuge einen Hersteller kleiner Fahrzeuge einverleibt, um dann im Durchschnitt auf die geforderte Kohlendioxid-Menge zu kommen - ohne dass dabei der Ausstoß um ein Gramm gesenkt wird.

SZ: Hilft Brüssel also weniger dem Klima, sondern mehr den Kleinwagen-Konzernen in Frankreich und Italien?

Gabriel: Das macht zur Zeit den Eindruck. Die Kommission verstößt damit auch gegen einen Beschluss des Umweltrates, bei dem sie aufgefordert wurde, einen wettbewerbsneutralen Vorschlag zu machen. Wir alle in Europa haben uns dem 120-Gramm-Ziel im Durchschnitt aller Neufahrzeuge verpflichtet. Daran darf nicht gerüttelt werden, auch nicht für die Interessen der deutschen Autoindustrie. Allerdings wollen wir dann auch einen wettbewerbsneutralen Vorschlag.

SZ: Wird die Bundesregierung weiter Widerstand leisten gegen die EU-Pläne?

Gabriel: Der EU-Plan ist nicht fair. Autohersteller dürfen für technologisch gute Entwicklungen wie den Passat Blue Motion nicht bestraft werden. Große Fahrzeuge müssen durchaus stärker zur Emission-Minderung beitragen als kleinere und mittlere. Es geht aber nicht, dass an fünfzig Prozent der französischen Fahrzeuge überhaupt nichts gemacht werden muss, während in Deutschland 98 Prozent der Autos betroffen wären. Das ist ein sehr starkes Ungleichgewicht, auf das wir weiter Einfluss nehmen müssen.

SZ: Geben Sie den Forderungen der deutschen Autoindustrie zu sehr nach?

Gabriel: Nein, überhaupt nicht. Das Ergebnis ist für die Umweltpolitik in Europa immer gleich. Wir streiten ja überhaupt nicht darüber, wie stark die Kohlendioxid-Emissionen in der europäischen Automobilindustrie abgesenkt werden müssen. Es gibt nur einen Streit darüber, wer wie viel beitragen muss.

SZ: Wer bezahlt den Klimaschutz?

Gabriel: Weniger Kohlendioxid bedeutet immer weniger Verbrauch. Selbst wenn ein kleines oder mittleres Auto 500 oder 1000 Euro teurer wird, rechnet sich das sehr schnell an der Tankstelle. Wenn sich jemand ein Luxusauto für 150.000 Euro oder mehr kauft, für den dürfte eine Verteuerung um 4000 bis 5000 Euro kaum ein Grund sein, der ihn vom Kauf abhalten wird.

© SZ vom 20.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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