Ethanol:Weizen tanken

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In Skandinavien sind Ethanol-Autos seit langem der große Renner. Und auch auf den Automessen ist dieser Ökoantrieb ein permanentes Thema. Hat Ethanol auf dem Markt eine Chance?

Von Stefan Grundhoff

Viele Antriebsexperten sind sich einig: Da die Umsetzung von alternativen Antrieben wie Hybrid, Wasserstoff oder BTL (biomass-to-liquid) noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird, hat der Ethanolantrieb in der Automobilindustrie durchaus eine Chance.

Die Technik, Weizen in Bio-Ethanol umzuwandeln und diesen dann als Kraftstoff in Ottomotoren zu verbrennen, ist - oft im Gegensatz zu den oben genannten Alternativen - schon in der Serienfertigung erprobt. Und im Gegensatz dazu hält sich der technische Aufwand im Rahmen und ist relativ preiswert umzusetzen.

Der Ökotrend scheint aus den USA über Skandinavien zunehmend auch nach Zentraleuropa zu schnwappen. In Deutschland sind mit dem Saab 9-5 Biopower und zwei Varianten des Ford Focus Flexfuel bereits mehrere Modelle auf dem Markt. Weitere sollen folgen.

Beliebiges Kraftstoffgemisch möglich

Die GM-Tochter Saab zieht beim 9-5 Biopower bewusst nicht allein die Ökokarte. Der Saab kann E85-Ethanol in einem beliebigen Verhältnis tanken. "Unsere Motorsteuerung passt sich automatisch dem gerade verwendeten Typ Kraftstoff an", sagt Kjell Bergstörm, Präsident der Saab Automobil Powertrain AB. Ähnlich wie beim Ford Focus misst die Lambda-Sonde die genaue Zusammensetzung des Kraftstoffs und stellt die Motorelektronik variabel ein.

Der Fahrer merkt davon nichts. Wer reinen Biokraftstoff mit einem organischen Anteil von 85 Prozent tankt, kann sich dank der erhöhten Oktanzahl 111 in der schwedischen Limousine über ein sattes Leistungsplus freuen. Der zwei Liter große Turbomotor steigert seine Standardleistung von 110 kW/150 PS dann auf 132 kW/180 PS. Das kann sich zusammen mit den verbesserten Fahrleistungen sehen und fahren lassen: Spitze 210 km/h, Null auf Tempo 100 in 8,6 Sekunden. Der Saab 9-5 Biopower beginnt preislich bei 32.500 Euro.

Mehr Verbrauch

Etwas anders sieht es beim kompakten Ford Focus Flexfuel aus. Auch er kann Ethanol in einem variablen Mischungsverhältnis schlucken. Die Motorleistung des 1,8 Liter großen Vierzylinders bleibt mit 92 kW/125 PS jedoch unverändert - unabhängig von der Betankung. Gleiches gilt für Höchstgeschwindigkeit und Spurtpotenzial: knapp 200 km/h, Null auf 100 km/h in 10,7 Sekunden. Der Focus kostet als Basisversion rund 18.000 Euro und ist zudem als Kombi und Minivan C-Max zu haben.

Signifikante Nachteile haben die Fahrzeuge jedoch beim Durchschnittsverbrauch. Bio-Ethanol hat einen deutlich geringeren Energiegehalt als Benzin. Das um rund 35 Prozent geringere Leistungsvermögen von E85 müssen die Fahrzeuge mit einem erhöhten Kraftstoffverbrauch ausgleichen.

Der Saab 9-5 verbraucht im Alltagsbetrieb auf 100 Kilometern rund zwei Liter mehr. Beim Ford Focus Flexfuel ist es sogar ein Plus von mehr als drei Litern. Der geringere Kraftstoffpreis macht daraus jedoch fast eine Nullrechnung.

Deutscher Mangel

Bleibt abzuwarten, ob sich bei den aktuellen Vorgaben viele Konsumenten für ein Fahrzeug mit Ethanolantrieb entscheiden werden. Das Gewissen wird durch die Nutzung regenerativer Energie zwar geschont. Doch die Geldbörse spürt die Öko-Entlastung kaum. Der günstige Literpreis bei Ethanol von rund 90 Cent wird eben von dem spürbar erhöhten Kraftstoffverbrauch nahezu ausgeglichen.

Noch problematischer: Im Gegensatz zu Skandinavien ist das nötige Tankstellennetz vor allem in Deutschland derzeit noch nicht existent. Bleibt also abzuwarten, wie viele Tankstellen in den nächsten Jahren E85-Ethanol ins Programm aufnehmen.

Damit steht und fällt der Erfolg.

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