Detroit Motor Show:Unter die Räder gekommen

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Amerikas größte Automesse zeigt den Niedergang der US-Autoindustrie.

Michael Kuntz

Trüb wie das Winterwetter im US-Bundesstaat Michigan ist die Stimmung bei der Detroit Motor Show - jedenfalls an den Messeständen der großen amerikanischen Autohersteller. Hier am Sitz der Konzernzentralen von General Motors, Ford und Chrysler erlebt die amerikanische Industrie bei der ersten Automesse im neuen Jahr ein Desaster.

Zwei Wochen Spektakel im Staat Michigan: Detroit Motor Show 2006 (Foto: Foto: Detroit Motor Show)

General Motors (GM), der größte Autobauer weltweit, hat sich nach Meinung von Branchenkennern nur deshalb nicht unter den Schutz des Konkursparagraphen begeben, weil von einem insolventen Betrieb erst recht niemand ein Auto kaufen würde.

Aber auch so kann GM seine Produkte nur noch mit Rabatten und verlustbringend losschlagen. Zu lange setzten die Marktführer - ebenso wie Konkurrent Ford - auf Pickup-Transporter und Geländewagen, eine Strategie, die sich mit den steigenden Spritpreisen überholt hat.

Noch schlimmer gemacht

GM-Chef Rick Wagoner steuert einen strikten Sparkurs, zuerst in Europa und nun in Amerika. Zu spät realisierte das Management im Detroiter Renaissance Center, dem GM-Hauptquartier, dass eine Autofirma nicht vom Rationalisieren lebt, sondern von Autos, die attraktiv genug sind, um gekauft zu werden. Solche Wagen - klein, pfiffig, zuverlässig - haben Toyota, Honda und Nissan im Angebot. Die Asiaten mischten den amerikanischen Markt auf.

GM und Ford machten mit brutalen Rabattaktionen ihre Situation nur noch schlimmer. Toyota hat Ford bereits verdrängt vom zweiten Platz der Autohersteller, und es gilt als ziemlich sicher, dass der japanische Konzern im neuen Jahr mit General Motors die Nummer eins vom Thron stoßen und der weltgrößte Autohersteller werden wird.

Die deutschen Konstrukteure spielen auf dem amerikanischen Automarkt nur eine Nebenrolle - freilich teilweise in einer lukrativen Nische, nämlich bei den Luxusmodellen, mit denen sich immer noch vergleichsweise gutes Geld verdienen lässt. Marktführer ist jedoch auch in diesem Segment Toyota mit insgesamt acht Varianten seines Modells Lexus.

Desaster Phaeton

Dennoch: Porsche meldet ein Rekordergebnis dank seiner klassischen Modelle, und obwohl die Nachfrage nach dem Geländewagen Cayenne eingebrochen ist. BMW konnte sein hochwertiges Markenimage auf den Mini übertragen. Audi legt stark zu, nicht zuletzt bei Cabrios und Sportwagen. Nur Volkswagen kommt trotz des neuen Jetta nicht in Gang, in diesem Jahr soll der Passat dazu beitragen, dass nicht wie in den vergangenen zwei Jahren in den USA Milliardenverluste geschrieben werden. Zu diesen beigetragen hatte das Lieblingsprojekt von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech, der VW Phaeton, den der neue Marken-Chef Wolfgang Bernhard wegen Erfolglosigkeit vom US-Markt nehmen musste.

Denn so ist das eben mit den Autos, auch jetzt wieder in Detroit: Bestaunt wird der neue Viersitzer vom James-Bond-Lieferanten Aston Martin. Ein automobiler Traum für 250.000 Dollar. Tatsächlich kaufen werden die meisten Kunden aber einen der sportlichen Kleinwagen, die jetzt auf fast allen Messeständen zu sehen sind.

Dennoch gibt man bei General Motors nicht auf. Irgendwann würden die Leute wieder Pickups und Geländewagen kaufen und nicht mehr nach dem Spritverbrauch fragen. Ein GM-Manager sagte am Rande der Motor Show: ¸¸Ich vertraue auf die Unvernunft der Amerikaner."

© SZ vom 09. 01. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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