Detroit Motor Show:Träume von gestern und morgen

Man konnte grandiose Studien erwarten und wird nicht enttäuscht. Die Detroit Motor Show findet jahreszeitlich bedingt in meist frostiger Atmosphäre statt. Doch während draußen eisige Stürme um die schnöden Hallen wehen, wird innen jedes Jahr ein Feuerwerk gezündet. Man kommt keineswegs nur wegen der neuen Modelle nach Detroit - was viel zählt, sind die Studien.

Stefan Grundhoff

Und die sind in diesem Jahr beeindruckender denn je. Während sich die heimischen Autohersteller einem unverändert schwierigen Markt stellen müssen, geben die amerikanischen Concept Cars auf der North American International Motor Show (NAIAS) einen heißen Pulsschlag vor. Auch wenn Hybrid in aller Munde zu sein scheint: In den USA zählt vor allem Power - nach wie vor. Das drücken die meisten Studien auch optisch aus.

mazda kabura

Fahrtaugliche Studie: Mazda Kabura

(Foto: Foto: Mazda)

Groß, größer, am größten - von der viel beschworenen Zurückhaltung sieht man nur beim dritten Durchgang durch die Hallen etwas. Was zuerst ins Auge fällt, sind Modelle wie der Dodge Challenger: auf die Knie fallen und beten, dass dieser Kraftprotz einmal vom Band läuft! Die 70er Jahre stehen vor einem - man ist verliebt. Bullig, heftig und keine Spur betagt. Mit netten Ideen und einem mächtigen Schuss Historie.

Eleganz und Wucht

Mit ihm mithalten kann eigentlich nur der Aston Martin Rapide. Viertürige Coupés à la Mercedes CLS sind in den USA allerdings nicht nur beliebt. Aber wer bleibt nicht vor diesem Traum eines jeden Familienvaters stehen? Klar, die Frau fordert einen Van, aber wenn der Publikumszuspruch stimmt, könnte der Aston Martin in gut drei Jahren vom Band der britischen Manufaktur laufen. Und wer denkt beim Träumen schon an den imaginären Preis von gerade einmal 250.000 Euro?

Dass Größe nicht immer Schönheit heißen muss, zeigt der Chrysler Imperial. Die Chrysler-Group hat auf der diesjährigen Messe sehenswerte Modelle zu bieten. Aber dieses 5,44 Meter lange Schlachtschiff ist alles andere als ein Augenschmaus und der Designer hatte sich wohl frühzeitlich in den Phantom von Rolls-Royce verliebt. Die Türen öffnen gegenläufig und auch sonst protzt der Imperial mit allerhand Details. Noblesse dieser Art muss nicht unbedingt sein.

Auch Audi lüftet in den USA sein Tuch von einem neuen Concept Car. Bereits der in Tokio vorgestellte Shooting Brake hatte für viel Aufsehen gesorgt und uns wohl mehr gezeigt als die Front des neuen Audi TT. Doch auch der in Detroit präsentierte Roadjet zeigt, dass die Ingolstädter weiter auf die sportliche Karte setzen. Der Roadjet überrascht durchaus mit seiner Form als viertürige Fließheck-Limousine. Schließlich verbindet man Fließheck-Versionen zumeist mit Mazda 6, Opel Vectra und Ford Mondeo. Audi zeigt, dass das auch bullig und mit Leistungen von bis zu 300 PS geht. Vielleicht doch etwas zu viel cross-over?

Träume von gestern und morgen

Nahe statt ferner Zukunft

Die Asiaten haben sich dem US-Markt mittlerweile auch bei den Studien angepasst. Klar, es gibt sie immer noch, die Concept Cars, bei denen sich Sitze und Reifen im sonoren Gleichklang drehen und die eine Automobilwelt voraussagen, welche von Touch-Screens regiert wird. In Serie gekommen ist von diesen Modellen in den vergangenen Jahren aber fast nichts.

Daher haben sich auf der Detroit Motor Show Hersteller wie Nissan und Mazda darauf besonnen, eine realistischere Zukunft zu zeichnen. Der Mazda Kabura ist einer, den man gerne in der eigenen Einfahrt stehen haben möchte. Ein Sportwagen. Nein! verbessert Mazda: ein Pfeil! Der Kabura sieht klasse aus und hätte durchaus das Potenzial, dem Exotenkönig RX-8 hausintern den Rang abzulaufen. Trotz aller Sportlichkeit und Eleganz wird der Mazda Kabura jedoch aller Voraussicht nach nicht kommen.

Das Schicksal teilt er mit vielen Studien. Die meisten sind längst nur Stimmungsmesser und Komponententräger. Die Studien, die wirklich kommen, sind bereits so weit entwickelt, dass selbst die Messemodelle kaum noch als Konzepte bezeichnet werden können. Beste Beispiele sind der schicke Volvo C 30 oder der Toyota FJ Cruiser. Beide überaus sehenswert, aber es bleibt wenig Raum für Träumereien.

Dabei lassen wir uns doch gerne von der schillernden Automobilwelt verzaubern. Wie extravangant würde sich ein Nissan Urge in das Straßenbild von Castrop-Rauxel einfügen oder wie unnahbar sähe ein Inifinity-Coupé selbst auf der Maximilianstraße in München aus? Studien sind nun einmal Stoff, aus dem Träume sind - gerade in Detroit.

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