Chrysler Jeep Grand Cherokee:Wenn man dürfte, was man könnte

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Der neue Quadra-Drive-Allradantrieb verteilt die Kraft variabel zwischen Vorder- und Hinterachse

(SZ vom 06.05.2000) Gerade einmal ein Jahr ist es her, dass Chrysler die neueste Variante des Nobel-Offroaders Jeep Grand Cherokee in die Ausstellungsräume der 250 deutschen Händler gestellt hat. Jetzt wartet der Grand Cherokee mit einer weiteren Neuheit auf. Von sofort an werden alle Varianten, sowohl der Laredo, als auch die exklusivere Limited, serienmäßig mit einem neuartigen Vierradantrieb ausgestattet.

Den so genannten Quadra-drive gibt es nur in Verbindung mit einer ViergangAutomatik. Basis des neuen Antriebsystems ist eine Rotorpumpe, vergleichbar einer herkömmlichen Motorölpumpe. Völlig ohne Elektronik arbeitet der neue Vierradantrieb rein mechanisch. Bei Normalbetrieb überträgt das Verteilergetriebe den überwiegenden Anteil der Antriebskraft auf die Hinterachse. Verliert jedoch beim Befahren von losem Untergrund oder bei Nässe ein Rad der Hinterachse die Traktion, so entsteht ein Drehzahlunterschied zwischen Vorder- und Hinterachse. Die Ölpumpe übt dann Druck auf eine Mehrscheibenkupplung aus und drückt die Kupplungslamellen im Zentraldifferenzial zusammen - mehr Kraft gelangt an die Vorderachse.

Für alle Härtefälle

Für die absoluten Härtefälle im Gelände gibt es im Grand Cherokee eine Geländeuntersetzung. Sie sperrt das Zentraldifferenzial und schaltet eine zusätzliche Untersetzung zu. Darüber hinaus verfügt der Offroader über Drehzahl abhängige, progressive so genannte Vari-LokSperrdifferenziale in der Vorder- und Hinterachse. Dieses von den Amerikanern patentierte System soll dem Topmodell eine noch bessere Traktion, als dies bei herkömmlichen Lösungen mit Schlupfregelung machbar ist, ermöglichen. Die jeweiligen Rotorpumpen in den beiden Sperrdifferenzialen arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie die Pumpe des Verteilergetriebes - ohne Eingriff durch den Fahrer voll automatisch.

So können, laut Chrysler, die jeweiligen Achsen theoretisch bis zu 100 Prozent gesperrt werden, beziehungsweise die Antriebskraft sogar auf ein einzelnes Rad konzentriert werden. Besonders die Verschleißfreiheit und die Langlebigkeit des Systems heben die Techniker hervor. Ferner ist das Ansprechverhalten auf Drehzahlunterschiede deutlich schneller und gleichmäßiger, als dies bei Differenzialen mit Viskokupplungen der Fall ist.

Beim Fahren auf nasser Straße, aber auch im schwierigen Gelände weiß der Jeep Grand Cherokee dann zu überzeugen. Fängt die rund zwei Tonnen schwere Offroad-Limousine an, bei forcierter Fahrweise über nasse Straßen in Kurven eine deutliche Tendenz zum Untersteuern zu zeigen, reagiert die Rotorpumpe sehr zügig und verteilt die Kraft auf alle vier Räder. Der Quadra-Drive zieht die 4,60 Meter lange Geländesänfte dabei wie auf Schienen aus den Kurven.

Mit verbesserten Bremsen

Sicherheit wird beim Grand Cherokee generell groß geschrieben. In allen Versionen sind Airbags für Fahrer und Beifahrer serienmäßig, ebenso die höhenverstellbaren Kopfstützen für alle Passagiere. Für das Modelljahr 2000 wurde die Bremsanlage nochmals deutlich verbessert. Mit Antiblockiersystem und elektronischer Bremskraftverteilung sind die vier Scheibenbremsen um 25 Prozent im Durchmesser gewachsen. Die daraus resultierenden geringeren Scheibentemperaturen verhindern auch bei extrem hoher Beanspruchung ein Fading.

Neben der Sicherheitsausstattung zählen aber beim Geländeeinsatz noch andere Werte. Und hier ist der neue Quadra-Drive in seinem Element, hier kann er wirklich zeigen, was er kann. Und das zeigt er eindrucksvoll. Selbst Steigungen, die dem unbedarften Betrachter nach erstmaliger Begutachtung als schier unüberwindbar erscheinen, meistert der Grand Cherokee mühelos. Unterstützt wird der tadellose Vierradantrieb von der günstigen Konstruktion. Vorne weist der Jeep einen Böschungswinkel von knapp 37 Grad auf, hinten sind es knapp 29 Grad. Getreu dem Chrysler-Motto Go anywhere, do anything macht der Cherokee sogar vor sehr hohen Treppen ähnlichen Felsformationen keinen Halt. Als vorteilhaft erweist sich im Gelände die serienmäßige Vierstufen-Automatik. Eine qualmende Kupplung beim Anfahren am Berg auf losem Untergrund ist im Grand Cherokee kein Thema.

Speziell im Geländeeinsatz ist der neu eingeführte 3,1-Liter-Dieselmotor die bessere Alternative. Schon bei 1800/min steht das maximale Drehmoment von 384 Newtonmeter zur Verfügung. Damit lässt sich der Diesel wesentlich feinfühliger über Stock und Stein dirigieren als der Achtzylinder-Benziner. Er verfügt mit 390 Newtonmeter nur über unwesentlich mehr Drehmoment. Im Straßenbetrieb lässt der Diesel allerdings seine Insassen nie im Unklaren über seine Verbrennungsart.

Doch auch die beste Vierradtechnik und ein optimaler Drehmomentverlauf wie beim Dieselaggregat nützen nichts, wenn sich die Kraft nicht auf den Boden bringen lässt. Eigens für extremen Geländeeinsatz bietet Goodyear den neuen Reifen Wrangler MT/R an. MT/R steht hierbei für Maximum Traction/Reinforced (Maximale Traktion, verstärkt). Durch die neuartige Durawall-Seitenwand-Konstruktion soll die Gefahr vor Verletzungen der Reifenseitenwände um mehr als ein Drittel gesenkt werden.

Neue Reifen von Goodyear

Bei ersten Fahrten konnte auch sehr scharfkantiges Gestein den Reifen nichts anhaben. Neben dem neuen Geländereifen bietet der amerikanische Reifenhersteller mit dem Wrangler F 1 auch einen speziellen Hochgeschwindigkeitsreifen für die Straße an. Beide Reifen haben eine Freigabe für die Erstausrüstung des Jeep Grand Cherokee.

Etwa 4600 Stück will Chrysler dieses Jahr noch vom Jeep Grand Cherokee auf dem deutschen Markt verkaufen. Mit Preisen von gut 73 000 Mark für die einfache Laredo-Version mit Dieselmotor bis etwa 100 000 Mark für die 4,7-Liter-Achtzylinder-Limited-Version ist die neue Generation um 1700 Mark teurer als der Vorgänger. In Deutschland, dem Land der grenzenlosen Gesetzgebung, werden wohl die wenigsten Cherokee dem harten Geländeeinsatz ausgesetzt werden. So ist der Jeep Grand Cherokee sicherlich einer der besten auch für Offroad-Fahren geeigneten Straßengeländewagen auf dem Markt.

Von Stefan Weigl

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