BMW M5:Wenn die Kundschaft es so wünscht

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Glatte 400 PS für glatte 140 000 Mark - und trotz des Preises gibt es bereits Lieferzeiten

(SZ vom 17.10.1998) Wenn man sich die schwere Geburt des neuen BMW M5 betrachtet, könnte man nahezu den Eindruck gewinnen, daß der werte Kunde tatsächlich einen Einfluß auf die Modellpalette besitzt. Wie wäre es sonst erklärbar, daß das neue Vorzeigestück der M GmbH ursprünglich gar nicht geplant war? Hatte man nicht mit dem M3 ein sportliches Sahnestückchen par excellence im Programm - und bietet der 540i mit seinen 210 kW (286 PS) und 250 km/h nicht mehr als ausreichend Temperament?

Aber so, wie der eine auf Roederer Cristal oder einer Lange Nummer 1-Uhr besteht - obwohl Rotkäppchen-Sekt oder eine Swatch ebenfalls ihre Funktion erfüllen -, so gibt es auch eine festverschworene Gemeinde von eiligen Familienvätern, die sich niemals in einen 540i setzen würden, weil dieser zu bieder, zu komfortabel und zu alltäglich ist.

Für den eiligen Familienvater

Also machte sich die M GmbH daran, dem nunmehr auf 5 Liter Hubraum vergrößerten Achtzylinder zu der Leistung zu verhelfen, die M-würdig ist - und 400 Pferdestärken oder 294 kW mußten es schon sein, um die mehr als 14 000 Besitzer der früheren M5-Modelle mit 315 oder 340 PS zum Neukauf zu motivieren. Um diese Leistungssteigerung zu erreichen, hatten die Ingenieure aber den Reihen-Sechszylinder, der seit dem legendären M1 im M5 arbeitete, in Pension zu schicken - und durch den Achtzylinder des 540i zu ersetzen.

Wobei es übrigens nie angedacht war, den mittlerweile 240 kW (326 PS) starken 5,4-Liter-Zwölfzylinder des 750i auf M-Format zu heben, denn ein weiter vergrößerter und noch stärkerer V12 wäre dann doch nicht M-like gewesen - hier setzt man lieber auf den neuen V8, der die Aufgabe, 400 Pferdestärken abzuliefern, mit Bravour erfüllt. Eine Aufgabe, die der legendäre DOHC-Sechszylinder kaum noch geschafft hätte, da der Hubraum nicht mehr über die 3,6-Liter-Marke gehoben werden konnte.

Aus den fünf Litern Hubraum des V8 sind die 400 PS hingegen relativ einfach zu erreichen - daß sich das Triebwerk auf der Straße hingegen unglaublich souverän gibt, liegt jedoch daran, daß sich die Bayerischen Motoren Werke auf ihren Namen besonnen haben, und dem Alu-Motor alle technischen Finessen von vier obenliegenden Nockenwellen über 32 Ventile bis hin zu elektronisch angesteuerten Einzeldrosselklappen angedeihen ließen. Das Ergebnis klingt nicht nur gut, sondern setzt den 1720 Kilogramm schweren Viertürer - das ist das Gewicht der neuen S-Klasse! - auch derart vehement in Bewegung, daß es schon großkalibriger Sportwagen bedarf, um mithalten zu können: nach 5,3 Sekunden ist die 100 km/h-Marke erreicht, während nach zehn Sekunden etwa 150 km/h anliegen. Und die Höchstgeschwindigkeit wird - wie immer bei BMW - bei 250 km/h abgeriegelt. Viel wichtiger ist jedoch der Wert von 4,8 Sekunden, in dem der M5 im vierten seiner insgesamt sechs Vorwärtsgänge von 80 auf 120 km/h beschleunigt - und Überholvorgänge auf kürzeste Wege reduziert.

Die M GmbH wäre ihrem Ruf, außergewöhnlich fahraktive Fahrzeuge zu bauen, nicht gerecht geworden, wenn man dem M5 nicht auch ein der Leistung adäquates Fahrwerk spendiert hätte. Hier wirken die Vorder- und die Hinterachse des 540i, die allerdings der deutlich höheren Leistung angepaßt sind - zudem kommen an allen vier Rädern Compound-Bremsscheiben zum Einsatz, die leichter und belastungsfähiger sind.

Bei ersten Fahrten entpuppte sich der M5 als viersitziger Porsche, dessen Komfort - trotz aller sportlichen Auslegung - beachtlich hoch angesetzt ist. Und es bedarf keiner prophetischen Gaben, um dem M5 auch bei der Damenwelt eine hohe Akzeptanz zu prognostzieren, denn hier sorgen der große Kofferraum, die ausgezeichneten Sitze und die gelungene Geräuschdämmung für jenes Maß an Beifahrfreude, das für die Fahrweise des Gatten zur Linken entschädigt - und natürlich haben auch die Kinder hinten ausreichend Raum.

Wir wollen an dieser Stelle nicht weiter die Existenzberechtigung derartiger Kraft-Fahrzeuge diskutieren - immerhin wurden von den Vorgängern etwa 14 000 Exemplare verkauft. Bei diesen Stückzahlen wäre ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen schlecht beraten, wenn es die potentielle Käuferschicht durch Nichtbelieferung vor den Kopf stoßen würde. Der Basis-Kaufpreis des - allerdings gut ausgestatteten - M5 beträgt glatte 140 000 Mark, und da der Großteil tief in die Aufpreisliste langen wird, darf man davon ausgehen, daß die etwa 3000 bis 5000 Exemplare, die die M GmbH jährlich bauen kann, reichlich Geld in die Kassen der Aktionäre spülen wird.

Und die Verbrauchswerte, die sich - je nach Fahrweise - zwischen zwölf und 18 Litern einpendeln - werden sich ebenfalls kaum auf die Kaufentscheidung auswirken. Der M5 stellt eben in mancherlei Beziehung beeindruckende Eckdaten in die automobile Welt - aber das war bei den Fahrzeugen mit dem M auch schon bei dem legendären M1 der Fall.

Von Jürgen Lewandowski

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