BMW M5:Die Welt hat den Luxus immer geliebt

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Zu einem stolzen Preis von 140 000 Mark werden 400 PS und entsprechend herausragende Fahrleistungen geboten

(SZ vom 24.04.1999) Die Welt hat immer den Luxus geliebt - und sie hat ihn sich auch immer postwendend geleistet, sobald erst einmal die finanziellen und gesellschaftlichen Möglichkeiten gegeben waren. Dabei reicht die Spannbreite vom regelmäßigen Gläschen Schampus über den goldenen Chronometer bis hin zur neuen Lust am Brioni-Anzug - eine Entwicklung, die natürlich auch nicht vor dem Automobil halt gemacht hat. Auch hier galt es vom ersten Tag an, etwas Besonderes zu konstruieren und zu bauen - damit diejenigen, die sich dieses Objekt leisten konnten, das Gefühl vermittelt bekamen, zu den Auserwählten zu gehören, die an der Spitze des Fortschritts fahren.

Kein normales Fahrzeug

Der neue BMW M5 erfüllt all diese Kriterien auf das Vortrefflichste: Hier haben die Konstrukteure etwas besonderes gebaut, dessen Eckdaten derart weit über den Niederungen normaler Fahrzeuge liegen, daß man leicht geneigt ist, sie als überflüssig, übertrieben oder unzeitgemäß zu sehen. Und tatsächlich darf man sich fragen, ob es unter heutigen Verkehrsumständen noch nötig ist, eine Reiselimousine zu bauen, die nach 5,3 Sekunden die 100 km/h-Grenze durcheilt, nur 12,5 Sekunden später bereits mit Tempo 200 unterwegs ist - und deren Vortrieb im Bereich von etwa 290 km/h enden würde, wenn das Werk dem nicht bei 250 km/h einen Riegel in Form eines Geschwindigkeitsbegrenzers vorgeschoben hätte. Und da dies alles noch mit einem saftigen Kaufpreis von 140 000 Mark und Verbrauchswerten im Bereich zwischen zwölf und 16 Litern edelsten Super Plus-Treibstoffs bezahlt werden muß, besteht nur allzu leicht die Gefahr, dieses Gefährt in die Ecke von Macho und Gasfuß zu stellen.

Doch wie sagt der Physiker so schön: Alles ist relativ - und wenn man einmal das Vergnügen hatte, ein paar Tage lang einen BMW M5 fahren zu können, merkt man rasch, daß die 294 kW oder 400 PS, die der M5 bei 6600/min zur Verfügung stellt, zusammen mit einem sportlichen (aber nicht unkomfortablen) Fahrwerk und exzellenten Bremsen auch etwas völlig anderes bewirken können: Souveränität und Geduld. Geduld etwa mit Lastwagen, die vor einem fahren und in Windeseile überholt werden können, da der M5 in nur 5,1 Sekunden von 60 auf 100 km/h beschleunigt. Und Souveränität, weil man nie mehr das Gefühl hat, den Motor über irgendwelche Drehzahlorgien bei Leistung halten zu müssen - wo zwischen 2000 und 6000/min zwischen 450 und 500 Nm zur Verfügung stehen, ist es letztlich egal, mit welchen Drehzahlen und mit welchem der sechs Gänge man unterwegs ist. Und diese Erkenntnis führt dann auch zwangsläufig dazu, daß man eher untertourig dahingleitet - um erst bei Überholvorgängen zurückzuschalten, und dem beim Beschleunigen tief und kräftig grollenden Achtzylinder mehr Leistung abzuverlangen.

Diese eher entspannte Fahrweise trägt dann auch ihren Teil dazu bei, daß die Verbrauchswerte - für die zur Verfügung stehende Leistung - auf erstaunliche zehn bis zwölf Liter sinken können. Zu diesen Werten trägt natürlich die modernste Technik in Form einer eigenen Motronic ihren Teil dazu bei, diesem Achtzylinder bei jeder Kurbelwellenumdrehung jedem Zylinder zum richtigen Bruchteil einer Sekunde die richtige Menge an Treibstoff und den idealen Zündzeitpunkt zu bescheren. Dazu kommen noch andere Feinheiten wie beispielsweise eine individuelle Ansteuerung der acht Drosselklappen oder eine vollautomatische Verstellung der Einlaß- und der Auslaßnockenwellen.

Kein Wunder, daß die mit reichlich Handarbeit durchsetzte Fertigung dieses Aluminiummotors die Achillesferse der M5-Produktion ist. Adolf Prommesberger, der Chef der BMW M GmbH, sieht deshalb den Run der Kunden auf den M5 mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "Der Auftragseingang übertrifft unsere Erwartungen deutlich und daraus resultieren leider Lieferzeiten, die sich - je nach Händler - zwischen vier und zehn Monaten bewegen. Ursprünglich hatten wir eingeplant, täglich 15 Fahrzeuge zu bauen, mittlerweile sind wir bei 21 bis 22 Fahrzeugen täglich, aber mehr sind definitiv nicht möglich. Eine Situation, die sich möglicherweise noch verschärfen könnte, wenn der M5 von September an auch in die USA geliefert wird. "

Und da bereits der alte M5 jenseits des großen Teichs Kultstatus hatte - und ein großer Teil der insgesamt 12 800 gebauten Exemplare dorthin geliefert wurden, könnte die Nachfrage weiter steigen. Einen M5 touring wird es allerdings nicht wieder geben, nachdem vom alten Modell nur 800 dieser Kombiversionen verkauft wurden.

Natürlich ist der M5 ein Luxusobjekt - ein Gefährt, das sich schon durch seinen Preis und seine Fahrleistungen vom Rest des automobilen Angebots abhält. Aber andererseits demonstriert er auch, wozu deutsche Ingenieure fähig sind - nämlich zu einem faszinierenden Fahrzeug, das in seiner Gesamtheit State of the Art darstellt. Und letztlich liegt es in der Macht der Käufer, die Frage zu beantworten, ob es gerechtfertigt ist, derartige Modelle zu entwickeln - eine Frage, die in den kommenden Jahren voraussichtlich von mehr als 10 000 Käufern mit Ja beantwortet werden wird.

Von Jürgen Lewandowski

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