BMW 318i:Ein Auto zum Wohlfühlen

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Von rutschenden Gummibärchen und fehlenden Kopfstützen

(SZ vom 22.04.1992) Unsere Welt ist ständig im Wandel begriffen. Kaum haben wir uns an etwas gewöhnt, müssen wir wieder umdenken, weil das, was wir als ultimativ angesehen haben, schon wieder veraltet ist. So ist das mit der Architektur, der Mode und dem Design: Vor zwanzig Jahren wurden schauerliche Betonsilos gebaut und als der Weisheit letzter Schluß gesehen, heute wendet man sich mit Grausen von ihnen ab. Waren eine Zeit lang schwingende Röcke in Mode, so konnte man sich nur einige Monate später mit dem Anblick hautenger Hosen auseinandersetzen.

Auch beim Autodesign muß man sich schnell umstellen können: Mal schütteln wir nur den Kopf über einen merkwürdigen Spoiler, der im Rahmen von Modellpflegemaßnahmen angeklebt wurde, mal müssen wir uns an eine völlig neue Karosserie gewöhnen.

Und da brauchten wir bei der neuen 3er-Reihe von BMW ein bißchen länger. Gleich nach der Markteinführung standen wir dem hochgezogenen Heck und der nahezu keilförmigen Gesamtansicht recht skeptisch gegenüber. Doch im Laufe der Monate etablierte sich der neue 3er im Straßenbild und auch wir gewöhnten uns an ihn. Noch dazu, nachdem wir feststellten, daß die Serie - die anfangs mit einigen Qualitätsproblemen zu kämpfen hatte - durch gutes Handling überzeugt.

Nun hat uns der Wandel schon wieder überrollt: BMW hat dem viertürigen 3er ein zweitüriges Coupé zur Seite gestellt. Es ist erst auf den zweiten Blick von der Limousine zu unterscheiden - wirkt dann aber noch geduckter und gestreckter, was den sportlichen Anspruch verdeutlichen soll. Doch wir wollen uns heute mit der Limousine beschäftigen.

Einsteigen und sich auf Anhieb wohl fühlen - das war unser Eindruck vom 318i. Das Cockpit besticht durch übersichtliche und ergonomisch korrekt angeordnete Anzeigen und Schalter. Im Vergleich zum Vorgängermodell ist es massiver geraten, dafür aber auch weicher gerundet. Verschwunden ist die herkömmliche Anzeige für Kilometerstand und Tageskilometerzähler: Erst wenn die Zündung eingeschaltet ist, erscheint eine Digitalanzeige mit orangeroten Ziffern.

Um zu nächtlicher Stunde oder im Tunnel das Licht einzuschalten, wird nun nicht mehr ein Knopf herausgezogen, sondern es wird ein Drehschalter betätigt. Diese Art von Schalter hat den Vorteil, daß man erkennen kann, welche Schalterstellung man gewählt hat. Wer will, der kann sich für 560 Mark Aufpreis eine Scheinwerfer-Waschanlage einbauen lassen, zu der auch eine Intensivreinigungs- Anlage für die Frontscheibe gehört. Welchen Zweck allerdings letztere erfüllen soll, konnten wir nicht klären: Das Reinigungsmittel stank bei unserem Fahrzeug jedenfalls so penetrant wie Spiritus - und die nach einer Autobahnfahrt stark verschmutzte Frontscheibe wurde auch nicht klarer als nach einer Reinigung mit normalem Wasser.

Die Ablagefläche vor dem Beifahrersitz ist ausgesprochen fahrerfreundlich: Was auch immer der Beifahrer dort deponiert (zum Beispiel eine Tüte mit Gummibärchen), bei der ersten scharfen Rechtskurve rutscht der übliche Krimskrams brav auf die andere Seite. Das Handschuhfach macht seinem Namen alle Ehre, viel mehr als ein Paar Handschuhe paßt dort nämlich nicht hinein, und seine eckige schwarze Verblendung hält dem Vergleich mit dem Standard der übrigen Innenausstattung nicht stand. Auch will uns nicht ganz einleuchten, warum etwas so Essentielles wie Kopfstützen für die Rücksitze Aufpreis kostet. Das Platzangebot im Fond, hinter den harten Plastikschalen der Vordersitze, könnte im übrigen auch noch etwas üppiger sein: Wenn ein großer Fahrer am Steuer sitzt, wird es für die Hinterbänkler nämlich recht eng. Doch insgesamt sitzt man im 318 gut und auch lange Strecken lassen sich bequem und ohne Anspannung zurücklegen.

Leichtes Beladen

Eine angenehme Überraschung bietet Kofferraum: Die Ladekante rutschte im Vergleich zum Vorgängermodell ein ganzes Stück nach unten - auch das Nummernschild klappt nämlich beim Öffnen des Deckels mit nach oben. Innen ist der Kofferraum bemerkenswert aufgeräumt, beim Beladen stören einem weder Ecken noch Kanten.

Das Fahren mit dem 318i macht Freude, sei es im Stadtverkehr, sei es auf der Autobahn. Die 83 kW (113 PS) bringen die Insassen flott voran - der Wagen benötigt im Durchschnitt rund neun Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer. Das sauber abgestimmte Fahrwerk verzeiht auch kleine Fahrfehler, die Lenkung ist präzise, und das Getriebe schaltet sich sehr weich. Mit seiner Länge von 4,43 Metern ist der 318i auch im Stadtverkehr noch handlich. Das Einparken allerdings wird zu einem Spiel mit Außenspiegeln und Gefühl - doch wir parken lieber die ersten Male ein wenig vorsichtiger, als daß wir uns durch Peilstäbe helfen ließen.

Von Petra Rothe

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